Der Wunschtraummann
ich leider zugunsten des rosaroten Safts auf meinen geliebten Cafè Latte verzichten). Vielleicht sollte ich Fiona das mal als Alternative zu ihren durchgeknallten Mode-Diäten vorschlagen.
Und dann habe ich plötzlich das Bild vor Augen, wie Fiona rohe Chilis futtert – sie macht halt keine halben Sachen –, gefolgt von dem Bild unseres gemeinsamen Badezimmers, das ich dann sicher eine Woche lang nicht mehr betreten könnte.
So gesehen, vielleicht doch lieber nicht …
Ich konzentriere mich wieder auf den Papierkram auf meinem Schreibtisch und stapele ordentlich die Rechnungen. Und dann muss ich mich auch noch um die Vorbereitungen für Sir Richards Abschiedsparty kümmern, die nächsten Monat in einem noblen Privatclub in Mayfair stattfindet. Nächsten Monat! Bei dem Gedanken wird mir angst und bange. Ich habe versucht, den Gedanken an Sir Richards Pensionierung zu verdrängen. Aber man kann die Wirklichkeit nicht ewig verleugnen. Es wird passieren, und ich muss mich damit auseinandersetzen.
Okay, bisher weiß ich Folgendes:
Es haben sich bereits etliche Bewerber für den frei werdenden Posten vorgestellt.
Zum allgemeinen Missfallen haben sich die Gerüchte bewahrheitet, wonach Wendy eine der Bewerberinnen ist (ein kollektives Stöhnen ging durch das Büro, als sie zu ihrem Gespräch mit dem Vorstand ging).
Bisher wurde noch nicht offiziell bekannt gegeben, wer seine Stelle bekommt.
Wer auch immer es sein wird, ich werde mich wieder neu bewerben müssen, da ich ohnehin nur einen Zeitvertrag habe.
Bei dem Gedanken krampft sich mein Magen zusammen. Sir Richard hat mir versprochen, mir ein ausgezeichnetes Zeugnis auszustellen, aber wem will ich was vormachen? Ich werde nie Assistentin des Jahres. Vermutlich brauche ich mich gar nicht erst zu bewerben. Selbst wenn ich durch irgendeinen glücklichen Zufall die Stelle bekäme, mein neuer Chef wäre nie wie Sir Richard. Und vielleicht wäre es sogar Wendy, denke ich mit Schaudern. Und dann stünde ich da … ja, wie eigentlich? Arbeitslos? Von der Stütze lebend? Assistentin einer Chefin, die mich nicht ausstehen kann?
Mit einem tiefen Seufzen nehme ich mir vor, heute Nachmittag bei einigen Personalvermittlungen anzurufen. Vielleicht finde ich ja etwas anderes. Eine Stelle, bei der man mit zwei Fingern tippen können muss, Excel-Tabellen mit zu vielen Spalten erstellen darf und bei Bedarf als Anrufbeantworter fungieren kann.
Klar. Ganz bestimmt gibt es da draußen jede Menge Stellen mit diesem Anforderungsprofil und passende Firmen, die nur auf mich warten.
Ich sammele die Unterlagen ein, die Sir Richard noch unterschreiben muss, und gehe zu seinem Büro. Die Tür ist angelehnt, und ich stecke den Kopf hinein, aber er ist nicht zu sehen. Sicher macht er gerade einen seiner sogenannten »Rundgänge«. Sir Richard hat es sich zum Prinzip gemacht, ein persönliches Verhältnis zu all seinen Mitarbeitern zu pflegen, und nach dem Wochenende spaziert er gerne durch die Büros, plaudert mit allen und erkundigt sich, wie es ihnen geht. Als Firmenchef ist er wirklich einmalig.
Ach, halb so schlimm, ich lege ihm einen Zettel hin, denke ich, und gehe deshalb hinein. Zielstrebig durchquere ich sein Büro, und gerade als ich die Unterlagen neben seinen Laptop lege, kommt er zurück.
»Guten Morgen, Sir Rich…«
Ich werde rüde unterbrochen, denn mitten im Satz kommt er wie ein wilder Stier auf mich zugedonnert und wirft sich auf den Laptop, der unter seinem Gewicht zusammenklappt und sich mit einem Klicken schließt. »Ach, Tess, ja, guten Morgen«, ächzt er und versucht, ganz nonchalant zu tun, während er quer über seinem Schreibtisch liegt. Was irgendwie eigenartig ist.
Verdattert schaue ich ihn an, und es dauert einen Moment, ehe ich mich wieder berappele. »Ist … ähm … alles okay?«
»Ja, bestens, bestens«, meint er, streicht sich die Haare auf der überkämmten Glatze glatt und schiebt die Brille auf der Nase zurück.
Ich erwarte eigentlich, dass er wieder aufsteht. Tut er aber nicht. Er bleibt einfach liegen, den Kopf auf den Ellbogen gestützt, was ein bisschen an eine bizarre Bikini-Pose erinnert.
»Und bei Ihnen?«, fragt er fröhlich, als sei alles in bester Ordnung.
»Ähm … ja«, entgegne ich unsicher. Dieses Verhalten ist wirklich absonderlich, selbst für Sir Richard. Aus den Augenwinkeln sehe ich eine dieser kleinen Webcams auf seinem Schreibtisch stehen. Was um alles auf der Welt geht hier vor sich?
»Na ja, wenn gerade nichts ansteht
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