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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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ich.
    »Geschieden, einsam …«, fährt sie fort.
    In dem Moment erscheint eine E-Mail in Sir Richards Posteingang, auf den auch ich Zugriff habe. Sie kommt von einer »verborgenen Webseite« und verkündet: »Die Gebühr für das Abonnement ist von Ihrer Kreditkarte abgebucht worden, und Sie haben nun vollen Zugriff auf die Webseite, inklusive aller Videos und Live-Kameras.«
    Starr vor Schreck stiere ich auf die Mail. O Gott, Fiona hat doch recht!
    »Glaub mir, wir haben mal einen Artikel darüber gebracht, so eine Geschichte aus dem wahren Leben …«
    Aber ich höre ihr schon gar nicht mehr zu. Ich versuche, mir Sir Richard vorzustellen …
    Entsetzt ziehe ich die gedankliche Handbremse. Würg, nein! Hör auf, Tess. Weg mit diesem Bild. Energisch schüttele ich mich und reiße mich wieder zusammen. Das ist so was von unreif. Schließlich ist doch nichts dabei, wenn ein erwachsener Mann so einen … Online-Dienst nutzt. Ich meine, das ist doch vollkommen normal. Jeder Mensch hat Bedürfnisse. Selbst Sir Richard.
    O Gott, ich tue es ja schon wieder. Schluss damit.
    »Fiona, ich muss weitermachen«, sage ich unvermittelt.
    Sie erzählt gerade ausführlich von einem Mann mit Internetpornosucht, der sich heillos verschuldet und tausende von Pfund an Kreditkartenschulden angehäuft hat. »Oh, okay«, erwidert sie fröhlich. »Kein Problem, bis später.«
    »Ja, bye.«
    »Bye.«
    Nachdenklich lege ich den Hörer auf und starre noch einen Moment auf die E-Mail. Ich kaue nachdenklich an meinem Daumennagel herum, und schließlich klicke ich mit der Maus auf die Mail und lösche sie.
    Den restlichen Vormittag mache ich brav meine Arbeit und versuche, sämtliche Gedanken an Sir Richard aus meinem Hirn zu verbannen. Wie gesagt, er ist ein erwachsener Mann – was er macht, ist seine Sache. Trotzdem gehe ich ihm aus dem Weg, und als er dann eigentlich einen Brief für mich unterschreiben müsste, muss ich an die E-Mail denken, in der von »Live-Webkameras« die Rede war, und da zeichne ich den Brief lieber selbst gegen, statt in sein Büro zu gehen. Na ja, schließlich will ich ihn nicht stören.
    Ich bin also ziemlich erleichtert, als es Zeit für meine Mittagspause ist und ich nach gegenüber ins Café flüchten kann, wo ich mit Fergus verabredet bin. Er hat vorhin bei Kym eine Nachricht hinterlassen, er müsse mich dringend sprechen.
    »Was gibt’s?«, frage ich, quetsche mich zwischen zwei Tischen durch und lasse mich ihm gegenüber auf den Stuhl fallen. Er sieht aus, als hätte er sich das ganze Wochenende nicht rasiert, und trägt jetzt quasi Bart. Die dichten schwarzen Haare stehen ihm in wirren Locken vom Kopf ab.
    »Zwei Tage, dreiundzwanzig Stunden und acht Minuten«, sagt er tonlos.
    »Wie bitte?« Verständnislos gucke ich ihn an. Ich weiß, dass ich spät dran bin, weil ich noch ein dringendes Fax verschicken musste, aber so spät nun auch wieder nicht.
    »Und ich warte immer noch.«
    »Entschuldige, Fergus, ich komme nicht mehr mit.«
    »Meine Verpasste Chance !«, japst er indigniert, als könne ich mir das doch denken.
    Und da kapiere ich endlich. » Das war also so dringend?«
    Er schaut mich an, als könne er nicht fassen, dass ich so eine dumme Frage stelle. »Sie hat sich nicht gemeldet!«, bemerkt er spitz.
    »Noch nicht« , erwidere ich ebenso spitz.
    Eine Kellnerin kommt an unseren Tisch und stellt ihm eine große Ofenkartoffel vor die Nase, auf der sich saure Sahne, Käse und schwarze Bohnen türmen. »Darf ich Ihnen auch was bringen?«, fragt sie an mich gewandt.
    »Ja, einfach nur eine Kartoffel, danke«, entgegne ich und beäuge misstrauisch Fergus’ Teller. Eine Schande, dass ich die Kartoffel ohne alles nehmen muss. Aber ich will kein Risiko eingehen. Nicht nach dem Mala-Debakel.
    »Und das wird sie auch nicht, das weiß ich«, fährt Fergus fort, als die Kellnerin wieder weg ist. Starr glotzt er auf sein Smartphone, das mucksmäuschenstill zwischen uns auf dem Tisch liegt. »Das war eine bescheuerte Idee, ich bin so ein Idiot.«
    »Bestimmt hat sie die Anzeige gar nicht gesehen«, versuche ich ihn zu beruhigen. »Woher willst du wissen, dass sie überhaupt die Verpassten Chancen liest?«
    »Hmmm.« Er scheint nicht sonderlich überzeugt und macht den Mund auf, um etwas zu sagen, überlegt es sich dann aber anders. »Und, was steht diese Woche bei dir an? Hast du was Schönes vor?«, erkundigt er sich und macht sich über seine Kartoffel her.
    Im Kopf gehe ich meinen Terminkalender durch. Letzte

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