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Der Wunschtraummann

Der Wunschtraummann

Titel: Der Wunschtraummann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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rosa Schal.
    Ach du Schande.
    »Ja, du! Hast du was an den Ohren?«
    Beklommen drehe ich mich wieder um und sehe, wie dieser Kerl, ein furchteinflößender Schrank von einem Mann mit einem Bizeps wie ein Hinterschinken, mich finster anstiert.
    »Ähm … es ist erst fünf nach«, stammele ich mit einem Blick auf meine Uhr. Und springe prompt fast aus der Hose vor Schreck.
    »Fünf nach! Fünf nach!«, tobt er und kommt mit seinem Klemmbrett auf mich zugestapft. »Du solltest um Punkt achtzehn Uhr hier sein! Auf! Die! Minute!«
    Ach du verflixte Schande.
    Das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ich habe mir in letzter Zeit so viel Mühe gegeben, immer pünktlich zu sein. Seit ich Seb gesagt habe, dass ich nie zu spät komme, stelle ich mir den Wecker, trage eine Armbanduhr und gehe immer früher los. Ich habe alles in meiner Macht Stehende getan, und trotzdem ist es, als wäre das mein natürlicher Seinszustand. Als wäre ich dazu geboren, immer zu spät zu kommen. Sogar meine Mum meint, ich sei drei Wochen zu spät auf die Welt gekommen, und selbst da musste die Geburt noch künstlich eingeleitet werden.
    Aber irgendwie beschleicht mich das dumpfe Gefühl, damit bei Feldwebel Stinkstiefel nicht landen zu können.
    »Wo ist dein Formular?«, donnert er und baut sich drohend vor mir auf wie der unglaubliche Hulk. Fehlt nur noch, dass er grün wird. Doch sein Gesicht spielt mehr ins Bläuliche, und die Adern an seiner Stirn stehen hervor wie sich windende Würmer.
    »Oh … hier«, stottere ich und zerre es aus meinem Rucksack, wobei es prompt einreißt.
    Unsanft reißt er es mir aus der Hand und überfliegt es. Ich glaube, ich war noch nie im Leben so nervös. »Okay, also dann, Tess Connelly«, fährt er fort, als er einen Moment später wieder aufschaut, »ich heiße Woody, und ich bin dein neuer Kursleiter.«
    »Hi, Woody«, sage ich und lächele erleichtert. Gott sei Dank, anscheinend hat er sich wieder abgeregt. Vielleicht gehört er zu den »Hunde-die-bellen-beißen-nicht«-Typen.
    »Und du glaubst also, du bist fit?«, fragt er mich und zieht eine Augenbraue hoch.
    »Na ja, ich würde nicht unbedingt sagen fit , aber ich gehe jeden Tag zu Fuß zur Arbeit und wohne im vierten Stock ohne Aufzug …«
    Ich will ja nicht, dass er mich für einen vollkommen hoffnungslosen Fall hält.
    »Na, dann zeig uns doch mal fünf Liegestütze, gleich hier und jetzt.«
    Unsicher schaue ich ihn an – das soll doch wohl ein Witz sein. Oder?
    »Wie? Sie meinen, jetzt gleich ?«, stammele ich nervös und schaue mich nach den anderen um, aber es hört niemand zu, alle bilden gerade Grüppchen und werden von den anderen Kursleitern auf die Rasenfläche geführt.
    »Was meinst du denn?«, feuert er zurück wie eine Maschinengewehrsalve.
    Was ich meine? Ich meine, ich schaffe nicht mal einen Liegestütz, geschweige denn fünf, das meine ich.
    »Ich … ähm …« Ich kann nur noch wirres, unzusammenhängendes Zeug stammeln.
    »Keine Sorge, du kannst dich erst mal aufwärmen«, unterbricht er mich, noch ehe ich mir eine Antwort zurechtlegen kann, und mir fällt ein Stein vom Herzen. Gott sei Dank – kurz sah ich mich schon mit dem Gesicht nach unten auf dem Asphalt liegen, während mich ein unbarmherziger Schleifer anbrüllt, genau wie in Schütze Benjamin .
    »Okay, also, du suchst dir jetzt ein farbiges Leibchen zum Überziehen aus«, fährt er kurz angebunden fort. »Es gibt drei verschiedene Farben – je nach Fitness-Level. Wenn du dir nicht ganz sicher bist, nimmst du ein blaues. Wenn du einigermaßen auf Zack bist und mit einem straffen Training mithalten kannst, nimmst du ein rotes. Und grün nimmst du nur, wenn du dich für einen echt durchtrainierten Sportler hältst.«
    »Okay, gut«, entgegne ich. Herrje, was nehme ich denn da? Mein Blick geht zu den Blauen, die sich gerade aufwärmen und von denen manche Mühe zu haben scheinen, mit den Fingern an die Zehen zu kommen. Also, so schlimm bin ich nun wirklich nicht. Dann sollte ich wohl ein rotes Leibchen nehmen.
    Wobei …
    »Also, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit«, kläfft er ungeduldig. »Komm schon, Bewegung! BEWEGUNG !«
    Ach, zum Teufel. Schnell schnappe ich mir ein grünes Leibchen. Ich weiß, das wird sicher hart, aber ich muss mich schnell in Form bringen. Ich kann meine Zeit nicht bei den roten Nulpen vertrödeln, ich muss die Sache radikal angehen.
    Und außerdem, bitte, wie unfit kann man schon sein?
    Ganz kurz sehe ich die Verwunderung im Gesicht des Kursleiters,

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