Der Wunschtraummann
schaffe ich schon, ich hab ja schließlich zwei Hände.«
»Und wenn ich ein Tütchen Erdnüsse will?«
Ich muss lachen. »Okay, wie du willst«, sage ich und füge mich, und dann bahnen wir uns gemeinsam den Weg durch die Menge zur Bar. Himmel, es ist wirklich voll.
»Übrigens, das mit Sara ist aus …«
»Wer?« Eine kleine Lücke tut sich an der Bar auf, und rasch drängele ich mich hinein. »Ach, deine Verpasste Chance , klar.« Durch die Visumkrise hatte ich das völlig vergessen, aber jetzt fällt es mir wieder ein.
»Sie sagte, sie hätte ihre Pläne völlig über den Haufen geworfen und fliegt heute schon nach Thailand.« Fergus quetscht sich neben mich und schaut mich an. »Und sie meinte, sie könne auch nicht mehr e-mailen, weil es in dem Elefantenreservat weder E-Mail noch Telefon und nicht mal einen Briefkasten gibt. Sie ist absolut nicht erreichbar.«
Das war meine letzte E-Mail, und sosehr ich auch befürchtete, Fergus zu verletzen, ich musste sie schreiben. Ich hatte keine andere Wahl.
»Das ist wirklich blöde«, versuche ich ihn zu trösten, »aber nimm das nicht persönlich. Es liegt nicht an dir, es ist bloß gerade kein guter Zeitpunkt.«
Er nickt mit nachdenklicher Miene. »Da hast du wohl recht«, stimmt er mir leise zu.
»Wusstest du das nicht? Frauen haben immer recht«, necke ich ihn und versuche, ihn damit ein wenig aufzumuntern.
Und es funktioniert. Die ernste Miene verschwindet, und er lacht rau. Als ich das höre, fällt mir ein Stein vom Herzen. All meinen Befürchtungen zum Trotz ist am Ende doch alles gut ausgegangen. Sir Richard kann nach Indien fahren und die Firma retten, und ich habe verhindert, dass Fergus vor Liebeskummer fast vergeht. Ende gut, alles gut.
»Ehrlich gesagt, schulde ich ihr was«, gesteht er.
»Du schuldest ihr was?«, frage ich verdattert. »Warum?«
Nachdenklich kaut er auf seiner Unterlippe herum. »Versteh mich nicht falsch, aber als Sara mich angeschrieben hat, da hatte ich mit der Sache eigentlich schon abgeschlossen. Ich konnte mein Glück kaum fassen, als sie sich auf meine Anzeige gemeldet hat, und dachte, das müsse Schicksal sein, und als sie dann sagte, sie wolle nach Thailand – na ja, ich muss zugeben, da habe ich ein bisschen überreagiert …« Kleinlaut unterbricht er sich und seufzt. »Aber es ist so viel passiert, seit ich diese Verpasste Chancen -Anzeige aufgegeben habe, und in gewisser Weise habe ich es ihr zu verdanken, dass ich endlich gemerkt habe, dass ich nicht ehrlich zu ihr war und zu mir selbst auch nicht.«
Moment mal. Ich starre ihn an und habe das Gefühl, auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein. Ich dachte, ich hätte immer genau gewusst, was Fergus gerade denkt, doch jetzt und hier dämmert mir, ich könnte mich womöglich geirrt haben.
»Warst du nicht?«, frage ich etwas unsicher.
»Nein«, gesteht er kopfschüttelnd, »und das hat sie nicht verdient. Sara war sehr ehrlich zu mir, und ich wollte auch ehrlich zu ihr sein und ihr alles erklären. Weshalb ich ihr auch zurückgeschrieben habe.«
Ich werde stocksteif. Er hat ihr zurückgeschrieben?
»Wann?«, frage ich ganz beiläufig, aber in meinem Kopf geht es drunter und drüber. Ich habe keine weitere Mail bekommen. Wann hat er die denn geschickt? Was hat er geschrieben?
Er zuckt die Achseln. »Ach, das war, kurz bevor ich zu euch ins Büro gekommen bin …«
Darum habe ich die Mail noch nicht gesehen. Ich hatte meinen Nervenzusammenbruch wegen Sir Richards Visum und keine Zeit, auf meinen Bildschirm zu schauen. Die muss noch in meinem Posteingang sein. Ungelesen . Für den Bruchteil einer Sekunde wünsche ich mir, ich hätte auf Seb gehört und mir endlich ein iPhone zugelegt. Dann könnte ich jetzt rasch auf die Toilette verschwinden und meine E-Mails lesen, statt hier dumm rumzustehen und mich zu fragen, wieso er mir zu danken hat und was er mir erklären muss.
»Aber wie dem auch sei, es ist aus, ich werde sie nie wiedersehen«, sagt er und macht eine abwehrende Handbewegung. »Also, was darf’s sein? Noch einen Wein?«
»Ähm … ja, bitte …«, entgegne ich lächelnd und kehre die leichten Zweifel in meinem Kopf unter den zerebralen Teppich. Er hat recht, es ist aus. Wieso sollte ich mir Sorgen machen?
»Kommt sofort«, sagt er mit einem fröhlichen Lächeln und dreht sich zu der Frau an der Theke um, um gleich darauf entgeistert auszurufen: »Ich glaube es nicht!«
Ich schaue Fergus an, dessen Lächeln gefroren scheint, und folge seinem
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