Der Wunschtraummann
genau ich immer mit meinen … Herrje, ich muss wirklich ganz schön betrunken sein. Nicht mal daran kann ich mich erinnern.
Ich schwöre, das muss an dem dritten Glas Wein liegen. Einmal, als ich mit Fiona eine Flasche Pinot Grigio geleert hatte, habe ich glatt vergessen, wo ich mein Auto geparkt hatte. Wir haben ewig danach gesucht, bis schließlich eine von uns wieder so nüchtern war, dass ihr einfiel, dass wir gar kein Auto haben .
Ich weiß, vielleicht klappt es ja, wenn ich mir einfach vorstelle, ich hätte Sex mit Seb. Das haut eigentlich immer hin, überlege ich und muss an die vielen Abende denken, die ich seit unserer Trennung allein im Bett gelegen habe. Bitte, als Single braucht man schließlich auch hin und wieder ein kleines bisschen Spaß. Also schließe ich die Augen und versuche mir Seb nackt vorzustellen (so beginnt meine Fantasie immer) und mache mich gefasst auf all die nicht jugendfreien Erinnerungen, die auf mich einprasseln … aber seltsamerweise passiert gar nichts …
Ich erstarre vor Schreck. Mein Kopf ist wie leergefegt! Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Panisch durchforste ich mein Hirn, aber da ist nichts. Das Gefühl der Beklemmung verstärkt sich noch. So viel kann ich gar nicht getrunken haben. Es kommt mir vor, als litte ich unter plötzlicher Amnesie. Sex-Amnesie.
Unvermittelt kommt mir ein Gedanke. Ach du lieber Himmel, das ist es! Ich habe nicht nur unsere Vergangenheit ausgelöscht.
Ich habe unser Sexleben mit ausgelöscht!
Erschrocken reiße ich die Augen auf. Mist, was mache ich denn jetzt?
Und dann kommt mir eine geniale Idee. Mein Tagebuch.
Ich stürze mich auf meine Handtasche und wühle darin herum wie ein Schatzsucher. Das Tagebuch schleppe ich schon die ganze Woche mit mir herum, seit unserer ersten Verabredung, und nun schnappe ich mir die eselsohrigen Seiten, ziehe sie heraus und sinke dann auf das Klo, um darin zu lesen. Also gut, okay. Ich blättere die Seiten durch. Komm schon, komm schon, ich muss doch irgendwo etwas über Sex geschrieben haben. Muss ich einfach.
»Hey, alles okay da drin?«
Sebs Stimme lässt mich hochschrecken. Mist. Bestimmt hat er da draußen gehört, wie ich mit dem Papier herumraschele, und fragt sich nun, was zum Kuckuck ich hier treibe.
Rasch drehe ich den Wasserhahn auf.
»Ähm … ja, bestens …«, rufe ich, bemüht, heiter und unbeschwert zu klingen und nicht, als säße ich panisch auf dem Klo, weil ich gleich zum ersten Mal mit Seb schlafen werde und mich nicht mehr an das letzte Mal erinnern kann.
Oh, Moment, was ist das denn …
Liebes Tagebuch,
zum ersten Mal mit Seb geschlafen!!!! Ich war furchtbar nervös, aber es war umwerfend, obwohl ich wünschte, ich hätte es vorher gewusst und mir die Beine rasiert! Und ein bisschen Selbstbräuner aufgetragen. Ich habe mich die ganze Zeit ein wenig geschämt deswegen und mich unter der Bettdecke versteckt, was der ganzen Sache einen kleinen Dämpfer versetzt hat. Unter so einer Daunendecke ist es ganz schön heiß. Und ziemlich dunkel. Weshalb wir zeitweise etwas hektisch herumfummelten, und irgendwann haben wir uns sogar in der Decke verheddert und sind ganz fürchterlich mit den Köpfen aneinandergeknallt.
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Wenigstens brauche ich mir keine Sorgen zu machen, dass mir das noch mal passiert. Diesmal werde ich bei eingeschaltetem Licht nackt durchs Zimmer stolzieren. Ich werde selbstbewusst sein und die Initiative ergreifen.
Ich werde ihn nach allen Regeln der Kunst verführen .
Zumindest hatte ich das eigentlich vor, denke ich, doch nun überkommt mich leichte Panik. Irgendwie habe ich das Gefühl, der ganze sorgfältig geplante Abend entgleitet mir und wird in einem Desaster enden. Ich lese weiter.
… und es war ziemlich peinlich, als ich mit dem Ring, den Fiona mir letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hat, den mit dem großen blauen Stein, an seinem Du-weißt-schon-was hängen geblieben bin …
Mein Blick geht zu meiner Hand. Der große blaue Ring stiert mich an. Mist. Besser gleich ausziehen. Ich versuche ihn vom Finger zu ziehen, doch er bewegt sich keinen Millimeter. Schnell seife ich die Finger ein und versuche, ihn über den Knöchel zu quetschen. Abrupt flutscht er mir vom Finger und fällt klirrend auf den Boden. Verdammt! Wo ist er denn jetzt hin?
Jetzt bleibt keine Zeit mehr, danach zu suchen. Das muss ich später machen. Ich muss aus den Puschen kommen. Ein paar Tricks und Kniffe nachlesen. Herausfinden, was ihm gefällt
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