Der Wunschtraummann
warm, während er sich gekonnt durch den Verkehr schlängelt und das Radio irgendwelche Club-Musik dudelt.
Verstohlen schaue ich ihn an. Seine breiten Schultern stecken in edlem Kaschmir, diesem ganz weichen aus einer der teuren Boutiquen in Knightsbridge, nicht dieses maschinenwaschbare Zeug von Gap. Er ist immer noch braun, und er hat so ein ausgeprägtes, kantiges Kinn, für das jeder Schauspieler morden würde. Er merkt, wie ich ihn ansehe, und ein strahlendes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus.
»Und, wie findest du das Auto?«
»Sehr schön«, antworte ich und nicke.
»Scheint dich aber nicht sonderlich zu beeindrucken«, erklärt er scherzhaft, doch irgendwie habe ich das Gefühl, es kränkt ihn ein wenig, dass ich nicht in Begeisterungsstürme ausbreche. Ich kann mich gar nicht daran erinnern, dass er früher auch mit seinem Auto angegeben hat, aber vielleicht ist es mir bloß nicht aufgefallen. Komisch, wie man manche Dinge anfangs völlig übersehen kann, oder?
»Also, wo fahren wir eigentlich hin?«, frage ich und versuche, das Thema zu wechseln. Im Geiste gehe ich die Liste der Restaurants durch, zu denen wir immer gegangen sind. Lieber Gott, ich hoffe, es ist der Italiener in Soho. Ich hätte riesigen Appetit auf einen großen Teller Pasta.
»Zu einem meiner Lieblingsrestaurants«, meint er grinsend und biegt in eine Seitengasse mit Kopfsteinpflaster ab.
Moment mal, das kommt mir doch irgendwie bekannt vor …
Wir halten vor einem großen Gebäude mit Glasfront, und sofort eilt ein Mitarbeiter des Parkservice herbei, um das Auto in Empfang zu nehmen.
Mala . Eins der besten Restaurants in London. Berühmt für sein preisgekröntes scharfes Essen.
»Sieht toll aus«, sage ich überschwänglich, aber mir rutscht das Herz in die Hose. Jetzt fällt es mir wieder ein. Hier war ich schon mal, und es war ein Desaster, weil ich rein gar nichts essen konnte. Dabei bin ich kein mäkeliger Esser, ich kann bloß nichts Scharfes essen, weil ich es einfach nicht vertrage.
Ganz kurz überlege ich vorzuschlagen, in ein anderes Restaurant zu gehen. Aber das geht nicht. Ich habe nicht ohne Grund eine zweite Chance bekommen: Diesmal muss ich es richtig machen.
»Die Küche hier ist der Hammer«, führt Seb weiter aus. »Magst du scharfes Essen?«
»Und wie!«, entgegne ich nachdrücklich.
Dann esse ich eben nur Reis. Oder ich mache es wie die Models, die das Essen immer auf dem Teller hin und her schieben und nur so tun, als würden sie essen. Eins ist jedenfalls sicher, diesmal vermassele ich es nicht wieder.
»Cool«, meint er grinsend. »Dann wird der Laden dir gefallen!«
Gemeinsam gehen wir durch die Glastür nach drinnen und verschwinden in den dunklen, furchteinflößenden Untiefen der Lobby. Wieso muss es in diesen teuren Restaurants und Hotels eigentlich immer so dunkel sein? Bestimmt könnten die sich doch Glühbirnen leisten, wenn sie wollten? Aber irgendwo habe ich mal gelesen, gedämpftes Licht sei ein Zeichen von Klasse.
Wobei es überhaupt keine Klasse hat, sich im Dunkeln eine Treppe hinuntertasten und sich verzweifelt an einem Handlauf festhalten zu müssen, weil man nicht mal sehen kann, wo die eine Stufe anfängt und die andere aufhört. Behutsam setze ich einen Fuß vor den anderen. Ganz im Gegensatz zu Fiona sind hochhackige Schuhe nicht unbedingt mein Ding.
Ich folge Seb zur Bar, wo er für uns beide den Hauscocktail bestellt, einen Lychee-Martini. Ein paar Minuten später kommt einer der Kellner, nimmt unsere Drinks und bittet uns, ihm zu unserem Tisch zu folgen. Worauf ich nur huldvoll lächele. Anders als beim letzten Mal . Bei dem Gedanken daran winde ich mich innerlich vor Scham. Na ja, woher sollte ich auch wissen, dass er unsere Martinis nicht abräumen wollte, noch ehe wir sie ausgetrunken hatten?
Es hatte ein kleines Handgemenge gegeben, als ich versuchte, das Glas festzuhalten (na ja, bei fünfzehn Pfund pro Cocktail waren diese letzten Schlucke sicher einen Fünfer wert), und Seb musste wie ein Ringrichter beim Boxkampf rasch einschreiten. Erst da habe ich schließlich losgelassen. Himmel, war das peinlich!
Aber nun bin ich wild entschlossen, dass diesmal alles anders werden soll, und als wir zu einem diskreten, abgelegenen Zweiertisch in einer ruhigen Ecke des Restaurants geführt werden und ich Platz nehme, während der Kellner die Serviette für mich ausschüttelt, habe ich so einen seltenen, wunderbaren Glücksmoment, dass ich hier und jetzt genau da bin, wo
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