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Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For

Titel: Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Potter
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Mercedes der Spitzenklasse verhelfen. Sein Haar ist noch immer dicht, wenn auch von einigen grauen Strähnen durchzogen. Das Auffälligste sind jedoch seine Augen. Halb von seinen Schlupflidern verborgen, passen sie perfekt zum hellblauen Farbton seines Ralph-Lauren-Hemds, und für den Bruchteil einer Sekunde erinnern sie mich an Gabes Augen und an die Zuversicht darin, dass ich es schaffen würde, als ich heute morgen in sie geblickt habe.
    »Ich war acht Jahre alt«, sage ich leise, »und bin mit meiner Familie von Yorkshire nach Cornwall gezogen.« Mit einem Mal taucht alles wieder vor meinem geistigen Auge auf, als wäre es gestern gewesen. »Wir haben uns von all unseren Freunden und Nachbarn verabschiedet. Ich weiß noch, wie ich in ihre Gesichter gesehen und gedacht habe, wie gern ich den Ausdruck darauf für immer festhalten würde. Da war Mrs. Bird von nebenan, die ihr Gebiss nie tragen wollte, und die kleine Andrea, die auf dem Gartentürchen hin und her schwang. Buster, der Schäferhund, hat gebellt und mit dem Schwanz gewedelt. Ich wollte einfach keinen von ihnen vergessen.«
    Schnappschüsse von ihren Gesichtern erscheinen vor mir, und obwohl ich in einem Edel-Büro mit Blick über die Themse sitze, bin ich mit einem Mal wieder in Yorkshire. »Ich habe meinen Vater gefragt, ob ich mir seine Kamera ausborgen kann«, fahre ich fort. »Es war eine alte Leica, groß, schwarz und schwer, und er hatte sie mir vorher noch nie gegeben, aber dies war ein besonderer Tag, also hat er mir gezeigt, wo ich durchsehen, welchen Knopf ich drücken und wie ich scharfstellen muss. Es war unglaublich. All das Leben, all die Erinnerungen, all die Gefühle, und als ich angefangen habe zu fotografieren, war es, als würde ich alles aufsaugen, wie ein Schwamm. Ich wusste, dass es mir gelingen würde, all das für immer einzufangen.« Meine Stimme beginnt zu beben, als meine Gedanken zu Mum wandern - wie so oft. »Ich sage nicht gern ›Auf Wiedersehen‹, und auf diese Weise musste ich es nicht wirklich tun, weil ich die Menschen mitnehmen konnte.«
    Ich sehe Victor Maxfield an, der mir die ganze Zeit wortlos gelauscht hat. »Ich habe sie heute noch. Andrea, Mrs. Bird und Buster.«
    »Darf ich sie sehen?«, fragt Victor Maxfield.
    »Ich fürchte, sie sind ein wenig verschwommen«, erwidere ich lachend, »und oft ist ziemlich viel Daumen drauf.«
    Auch er lacht, und ich schöpfe neuen Mut. »Aber ich habe jede Menge andere Fotos«, erkläre ich eifrig, ziehe meine Mappe unter dem Stuhl hervor, »die Sie sich ansehen können.«
    »Bitte.« Er klopft auf die Tischplatte.
    Ich lege die große Mappe vor ihn, ziehe den Reißverschluss auf und klappe sie auf. Wie mich selbst, denke ich und fühle mich plötzlich verletzlich, als Victor Maxfield die Ärmel aufkrempelt und sagt: »Dann machen wir uns mal an die Arbeit, was?«
     
    Die nächste halbe Stunde studiert Victor Maxfield eingehend meine Fotos, nickt bewundernd und stellt Dutzende Fragen. Ich kann es nicht fassen. Der Herausgeber. Des Sunday Herald. Sieht sich meine Fotos an.
    Doch als ich über sie spreche, verfliegt meine Nervosität mit einem Mal. Meine Stimme wird fest und selbstbewusst, ich fingere nicht mehr ständig an meinen Kleidern herum, sondern benutze meine Hände, um Tiefe und Perspektive zu demonstrieren. Ich vergesse sogar, dass ich zur Toilette muss.
    Während ich damit beschäftigt bin, ihm eingehend die verschiedenen Inspirationsquellen meiner Motive darzulegen, werfe ich ihm immer wieder einen verstohlenen Seitenblick zu und stelle fest, dass er beeindruckt zu sein scheint, auch wenn ich es kaum glauben kann. Im einen Moment nickt er zustimmend, im nächsten zieht er interessiert die Brauen hoch oder lacht über eine überbelichtete Aufnahme von einem von Eds Patienten - ein neunjähriger Junge mit dem Mund voller Zahnspange und Kaugummi. Bei einem Bild verfällt er in Schweigen und betrachtet es eingehend mit nachdenklich gerunzelter Stirn. »Wer ist das?«, fragt er.
    Er hält eine Schwarzweißaufnahme meiner Mutter in der Hand. Sie hat sich einen Schal um den Kopf gebunden, das Gesicht der Sonne zugewandt, und auf ihrem Gesicht liegt ein sanftes Lächeln. Sie scheint förmlich von innen heraus zu leuchten. So sehr, dass man glatt übersehen könnte, dass sie weder Brauen hat noch dass irgendwelche Haarsträhnen unter dem Schal hervorlugen. Wenige Wochen nach dieser Aufnahme ist sie gestorben.
    »Meine Inspiration«, antworte ich leise.
    »Sie ist eine

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