Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
Hi-wie-geht’s-dir-Begrüßung nicht, sondern kommen ohne langwierige Einleitung zur Sache. Es ist, als wären wir seit dem Tag, als wir uns kennen gelernt haben, in ein endloses Gespräch verwickelt. Was wahrscheinlich der Fall ist.
»War ich auch. Wir sind gerade zurückgekommen.« Sie lässt sich auf einen Stuhl fallen und wendet sich mir gespannt zu - und legt den Kopf schief. »Heather, hörst du etwa Phantom der Oper?«
Ich werde rot. »Ach, das …« Ich schalte den CD-Player aus. »Die gehört Brian«, erkläre ich, als Jess mich argwöhnisch mustert.
»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass Männer und Musicals nicht zusammenpassen?« Sie nimmt ihren Hut ab und hängt ihn über die Stuhllehne. »Moment, heterosexuelle Männer und Musicals, meine ich natürlich.«
Ich schließe die Tür, damit kein Licht in die Kammer dringen kann, und schiebe mich an ihr vorbei.
»Und ich muss es wissen. Schließlich ist jeder Steward, mit dem ich fliege, in Michael Ball verknallt.« Sie seufzt resigniert. »Was eine derartige Verschwendung ist … einige von ihnen sind wirklich lecker.«
»Also, was soll ich raten?«, frage ich, um sie vom Thema Männer abzubringen. Was bei Jess etwa so ist, als wollte man Jesus davon abhalten, von etwas anderem als von Gott zu sprechen.
»Ich habe eine Verabredung«, verkündet sie.
»Mit Simon?« Simon ist der Architekt, den Jess im Internet kennen gelernt hat und mit dem sie letzte Woche essen war. Jess liebt das Internet. Wenn sie nicht gerade in der Welt herumfliegt, kauft sie Handtaschen bei Ebay oder sucht bei www.findahusband.com , oder wie diese Partnerschaftsseite auch immer heißt, nach dem Mann fürs Leben.
»Ich habe schon ein Arschloch und brauche nicht noch eines«, kontert sie.
»Ich werte das als ein Nein.«
»Er heißt Greg.«
»Wer ist Greg?« Ich habe Mühe, den Überblick über all die Männer in Jess’ Leben zu behalten, da sie dazu neigt, mit mehreren gleichzeitig auszugehen. Das Ganze ist eine Frage des Durchschnittswerts.
»Ein Banker. 35 Jahre alt. Seine Hobbys sind Mountainbiken und Sushi. Natürlich nicht gleichzeitig.« Sie lacht über ihren Witz - obwohl ich fürchte, er stammt von ihm. »Ich habe ihn im Internet kennen gelernt, als ich in Delhi war. Natürlich lebt er nicht dort. Er wohnt hier in London. Wegen des Zeitunterschieds haben wir uns in den letzten Tagen gemailt.«
»Aber ich dachte, du bist in Simon verliebt«, jammere ich. Jetzt weiß ich, wie mein Vater sich fühlt, wenn er sich einen Film ansieht. Aus irgendeinem Grund schafft er es nicht, der Handlung zu folgen, und verbringt deshalb den ganzen Film damit, Fragen zu stellen und zum Schweigen ermahnt zu werden. Normalerweise von mir.
»Er hat nie mehr angerufen«, erklärt sie und zieht die Nase kraus. »C’est la vie.«
»Ich schließe daraus, dass du nicht am Boden zerstört bist.«
»Schätzchen, ich bin 36 Jahre alt. Ich habe keine Zeit mehr, am Boden zerstört zu sein.« Sie tritt sich die Schuhe von den Füßen und massiert ihre bestrumpften Fersen. »Zeit ist Männer.«
Jess ist wirklich eine bemerkenswerte Frau. In den letzten Jahren hat sie sich eine beeindruckend praktische Herangehensweise an das Thema »Wie finde ich den richtigen Mann« angewöhnt. Vergiss das Geschwafel über Schicksal, Seelenverwandtschaft und Schmetterlinge im Bauch - wichtig ist, möglichst viele wesentliche Punkte abzuhaken. Für Jess ist die Suche nach dem Richtigen wie der Kauf eines Gebrauchtwagens. Baujahr? Ansehnliche Karosserie? Zahl der Vorbesitzer? Verlässlichkeit?
Ich fand ihre Einstellung immer ein wenig zu pragmatisch - schließlich geht es hierbei um eine Herzensangelegenheit, nicht um einen Zweiliter-Motor -, doch nach meinem Desaster mit Daniel denke ich, dass sie nicht ganz Unrecht hat. Schmetterlinge im Bauch mögen sich ja recht nett anfühlen, aber sie sind tödlich - mir haben diese verdammten Dinger das Herz gebrochen.
»Und bisher gibt es nirgendwo einen dicken Minuspunkt«, verkündet sie stolz. »Keine Ex-Frau, keine Bindungsangst, kein Drogenproblem, keine tief verwurzelte religiöse Überzeugung.«
Ich überlege einen Moment, ob ich sie darauf hinweisen soll, dass sie genau dasselbe über Simon gesagt hat. Und über Dennis, den Werbe-Typen, der sich als die ultimative Koksnase herausgestellt hat. Und über Reuben, den Redakteur, der Jude war und dessen Mutter darauf bestanden hat, dass sie konvertiert.
»Ich glaube, er könnte es sein.«
Vielleicht sollte ich
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