Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
Playboy-Bunny auf meinem Tisch aalt, verspüre ich einen Anflug von Verärgerung. Ich lasse meinen Blick über ihre Schulter wandern - auf der eine dicke Schicht Glitzerpuder schimmert - und sehe zu, wie sich mein Mitbewohner eine weitere Zigarette anzündet.
Vor ein paar Stunden ist er mit »Sack und Pack« aufgetaucht - ein Motorradhelm und ein Teenie-Rucksack, in den kaum mehr als meine Toilettenartikel passen würden. Er hatte ihn auf sein Bett fallen lassen, seine Flip-Flops abgestreift und eine Schachtel American Spirit aus seiner Motorradjacke gezogen.
»Stört es Sie, wenn ich nach draußen gehe, um eine zu rauchen?«, hatte er gefragt und war in den Garten getappt.
»Äh, nein … fühlen Sie sich ganz wie zu Hause«, hatte ich ihm nachgerufen - überflüssigerweise, denn er hatte es sich bereits auf einem der Liegestühle mit Billy Smith auf dem Schoß bequem gemacht.
Na ja, ich konnte ihn doch nicht einfach dort allein lassen, oder? Sollte ich ihn als Vermieterin nicht in meinem Heim willkommen heißen und dafür sorgen, dass er sich wohl fühlt? Ich sage sollte, denn aus irgendeinem Grund habe ich schlagartig meine Fähigkeit eingebüßt, Smalltalk zu betreiben - ich bin es nicht gewohnt, barfüßige Amerikaner in meinem Garten zu haben -, also habe ich mich ein wenig herumgedrückt, hier und da an irgendwelchen Dingen herumgefummelt, die nicht befummelt zu werden brauchten, während ich mein Gehirn nach einem brauchbaren Gesprächsthema durchforstete.
»Tolles Wetter haben wir, was?«, »Du meine Güte, sehen Sie sich nur meine Füße an. Ich muss dringend zur Pediküre« und »Oh, bei Ali G habe ich kürzlich das Allerwitzigste gesehen … äh, leider habe ich vergessen, was es war«, bis Jess in den Garten geschlendert gekommen war, Gabe wie einen lang vermissten Liebhaber begrüßt, die Norah Jones-CD aus ihrer falschen Louis-Vuitton-Tasche gezogen und in bester Stewardessenmanier das Gesprächsruder in die Hand genommen hatte.
»Und was führt Sie nach London?«, erkundigt sie sich in diesem Moment kokett. »Arbeit oder Vergnügen?«
»Ein bisschen von beidem«, antwortet er in einem Tonfall, der keine Auskunft darüber gibt, ob er Jess’ Flirtversuch nicht mitbekommt oder ihn einfach höflich ignoriert. »Aber bevor ich Sie mit den Details langweile …« Schüchtern wendet er sich mir zu. »Heather, ob Sie mir noch einmal sagen können, wo Ihr Badezimmer ist?«
»Zweite Tür links«, zwitschert Jess, bevor ich etwas erwidern kann.
»Danke.«
Sowie er verschwunden ist, stelle ich Jess zur Rede. »Was treibst du da?«, zische ich wütend.
»Das Eis brechen«, erwidert sie mit unschuldig aufgerissenen Augen. »Eis brechen bedeutet, man unterhält sich übers Wetter«, blaffe ich. »Was ist aus deinem ›Vertrau mir, Heather, du wirst nicht mal merken, dass ich da bin‹ geworden?«
Sie nimmt einen großen Schluck Wein und lässt ihn einen Moment im Mund kreisen, ehe sie ihn hinunterschluckt und mich verlegen ansieht. »O.K., ich geb’s zu, ich habe ein bisschen geflirtet.«
»Ein bisschen?«
»Ach, komm schon, Süße, ich dachte nur, falls es mit Greg nicht klappt. Du weißt ja, es ist immer gut, einen Plan B zu haben.«
»Mein Mitbewohner ist dein Plan B?«, wiederhole ich empört und verspüre mit einem Mal das Bedürfnis, Gabe beschützen zu müssen - was sich verdächtig nach Besitzgier anfühlt.
»Na ja, wieso denn nicht? Du stehst doch nicht auf ihn.«
Das stimmt. Aber -
»Oh Scheiße, es ist doch nicht so, oder, Heather?« Jess’ Miene erstarrt. »Ich hatte ja keine Ahnung. Wenn ich auch nur eine Sekunde davon ausgegangen wäre -«
»Nein, natürlich stehe ich nicht auf ihn«, unterbreche ich hitzig, »es ist nur …« Ich seufze, als wüsste ich nicht, was …
Sie drückt meine Hand. »Ich weiß. Tut mir leid. Vielleicht bin ich ein bisschen zu heftig rangegangen.«
»Ein bisschen zu heftig?« Ich grinse wehmütig. »Es überrascht mich, dass du nicht gleich die Duftkerzen und dein Aromatherapieöl mitgebracht hast.«
»Wer sagt denn, dass ich das nicht getan habe?« Sie lacht, und trotz allem kann ich es mir nicht verkneifen, einzustimmen.
»Was ist denn so lustig?«, erkundigt sich Gabe, der in den Garten zurückkehrt, während Jess uns noch einmal nachschenkt.
»Jedenfalls nicht Big Dave Desmond, so viel steht fest«, erwidert Jess - das ist der Comedian, bei dessen Auftritt wir uns kennen gelernt haben.
Gabe ist unübersehbar verwirrt, doch sie macht sich nicht
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