Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
ein einziges Mal normal mit ihm unterhalten. Könnte ich ihm doch nur beweisen, dass ich keine durchgeknallte Irre bin.
»Den richtigen Wein auszusuchen ist immer schwierig, was? Man braucht eine halbe Ewigkeit, um sich all die Etiketten anzusehen, und wenn man nach Hause kommt, schmeckt er trotzdem völlig anders als erwartet.«
Äh, hallo? Spricht er mit mir? Meine Augen wandern von seinen Füßen aufwärts, vorbei an dem Grübchen in seinem Kinn zu seinem Mund. Er lächelt mir zu - ein freundliches, nachsichtiges Lächeln, das man alten Menschen mit Gedächtnisschwierigkeiten oder Kindern schenkt, wenn sie einem erzählen, dass sie eines Tages ihren Hamster heiraten wollen. Es ist dieses Lächeln, das Meryl Streep so perfekt beherrscht.
Das Herz sackt mir in die Hose. Wahrscheinlich erkennt er mich noch nicht einmal.
»Wir sind einander nie vorgestellt worden. Ich bin James und wohne im Haus gegenüber.« Er streckt mir die Hand hin.
»Oh, ja … Hi, ich bin Heather.« Ich versuche, sein Lächeln zu erwidern, doch meines ist zittrig und nervös wie bei einem Kind, das zum ersten Mal ohne Stützräder auf dem Fahrrad sitzt. Ich schüttle ihm die Hand und könnte schwören, dass er sie eine Sekunde länger festhält, als unbedingt nötig wäre. Aber vielleicht ist das auch nur Wunschdenken von mir.
»Übrigens habe ich hier vor ein paar Tagen einen köstlichen Weißwein gekauft. Wo war er noch? Ah, ja, hier.« Er lässt meine Hand los und greift nach einer Flasche. Ich betrachte ihn lüstern. Wahrscheinlich ist er hier, um eine Flasche Wein für sich und seine Freundin zu besorgen, vermute ich, als mir die hübsche Brünette wieder einfällt, mit der ich ihn letzte Woche gesehen habe. Meine Güte, was für ein Glückspilz. Ich wünschte, er wäre mein Freund.
Plötzlich merke ich, dass ich ihn mit offenem Mund anstarre, und reiße ihm die Flasche aus der Hand. »Äh, toll … Danke für die Empfehlung«, stottere ich hastig und wende mich zum Gehen, bevor ich mich noch mehr zum Narren machen kann.
»Andererseits gibt es auch noch diesen wunderbaren Chablis …«
Ich habe höchstens zwei Schritte gemacht, als seine feste, tiefe Stimme an mein Ohr dringt. Ich bin versucht, einfach weiterzugehen und so zu tun, als hätte ich sie nicht gehört, aber sie ist so unwiderstehlich wie eine Tüte Maltesers. Man will sie haben. Man weiß zwar, dass man es später bereuen wird, trotzdem verputzt man die ganze Tüte auf einmal.
Ich erliege der Versuchung und werfe einen Blick über die Schulter. Er steht mit einer Flasche bernsteinfarbenem Wein in der Hand da. »Vielleicht kann ich Sie ja in Versuchung führen?« Wieder lächelt er mich an, nur ist es diesmal nicht dieses Wirre-Senioren-Lächeln, sondern eher ein … »Es tut mir leid, ich stelle mich nicht besonders geschickt an, was?« Ein reumütiges Lächeln? Er steht mit einer Flasche in jeder Hand da und zuckt die Achseln. »Wahrscheinlich glauben Sie, ich sei ein Idiot, der die ganze Zeit nur über Wein schwadroniert …« Verlegenes Lächeln? »… obwohl ich Sie in Wahrheit fragen wollte …« Nervöses Lächeln? »… ob Sie irgendwann mal etwas mit mir trinken gehen würden?« Anmach-Lächeln?
Ich habe die ganze Zeit dagestanden, wie erstarrt in einer »Das kann doch nicht wahr sein«-Verblüffung, während ein Wort nach dem anderen aus seinem Mund kommt und sich vor mir aufreiht wie Wäschestücke auf einer Leine. Und nun hängen sie da und warten darauf, dass ich etwas tue. Aber ich kann nicht, weil ich mich einem Schockzustand befinde. Nachdem wir zweieinhalb Jahre kein Wort gewechselt haben, bittet mich mein attraktiver, wunderschöner Nachbar, der rein zufällig die Verkörperung von Mr. Perfect ist, um eine Verabredung.
Wie in Trance zerlege ich seine Worte im Geiste. Irgendwann. Etwas. Mit. Mir. Trinken. Gehen.
»Und?«
Ich kehre in die Gegenwart zurück. Er wartet auf meine Antwort. Aber liegt sie denn nicht auf der Hand? Warum um alles auf der Welt sollte ich nicht etwas mit ihm trinken gehen wollen? Nennen Sie mir einen guten Grund, der dagegen spricht. Die Brünette.
Enttäuschung macht sich in mir breit - Er scheint so nett zu sein -, gefolgt von Resignation - Ich wusste, dass es zu schön ist, um wahr zu sein -, gefolgt von Empörung: Dieser hinterhältige Mistsack. »Ich habe keinen Respekt vor Männern, die ihre Freundin betrügen.«
»Wie bitte?«
»Mein letzter Freund war untreu«, füge ich hinzu.
Ich mache mich auf ein
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