Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
Horoskoplesers. »Soll ich dir dein Horoskop vorlesen?«, fragt er gut gelaunt.
»Ach, das ist doch alles Blödsinn«, wiegle ich ab und lege die klitschnasse Serviette auf den Tisch.
»O.K., bitte sehr.« Gabe zuckt die Achseln und fängt an zu lesen. Einen Augenblick lang sehe ich ihm zu, ehe mich die Neugier packt. Ich recke den Hals und versuche, den Text zu entziffern. Vielleicht steht bei mir ja etwas über Beziehungen. Verdammt, es ist zwecklos. Ich kann nichts erkennen. »Also gut, dann lies eben vor«, gebe ich mich geschlagen. »Ich bin Fische«, füge ich hinzu.
»Fische, ja?« Gabe hebt vielsagend die Brauen.
»Derzeit stehen all Ihre Planeten in Konjunktion, was bedeutet, dass für die Fische eine wichtige Zeit in punkto Karriere, Familie und in der Liebe anbricht. Schwerwiegende Veränderungen stehen bevor. Sie haben eine Glückssträhne, also machen Sie sich auf einen unverhofften Gewinn gefasst.« Er sieht auf. »Wow, das klingt ja, als würdest du im Lotto gewinnen.«
»Ich? Ich habe noch nie etwas gewonnen«, erwidere ich lachend, ehe mir mein Lottoschein wieder einfällt. Mein Herz beginnt zu hämmern. Schnell, ganz schnell. »Los, Gabe, gib mir die Zeitung rüber. Ich muss etwas nachsehen.«
»Willst du nicht hören, was deine Sterne sonst noch sagen?«
»Gleich.« Ich fummle mich durch die Zeitungsteile, bis ich den finde, nach dem ich gesucht habe, und überfliege ihn. Nein, hier ist es nicht. Mein Blick schweift über die Seite. Dann sehe ich sie endlich: Die Lottozahlen vom Vorabend.
Ich betrachte sie genauer.
Sie kommen mir bekannt vor.
Ich nehme mir einen Augenblick Zeit, um durchzuatmen. 30, mein Alter; 14, meine Hausnummer; 6, die Zahl der Jahre, die ich bei Together Forever arbeite. Neugierig lasse ich meinen Blick weiter über die Seite wandern. 27. Meine Mutter hatte am 27. April Geburtstag. Ich versuche, mich an die letzten beiden Zahlen zu erinnern, die ich in meiner Eile wahllos angekreuzt habe. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es die 13 war … Verdammt! Da steht sie, schwarz auf weiß! Mein Magen schlägt einen Purzelbaum, halb vor Aufregung, halb vor Angst. Und jetzt die letzte Zahl. 41. Habe ich die 41 angekreuzt? Los, Heather, denk nach, denk nach -
»Heather?«
Ich fahre vor Schreck zusammen. Gabe hatte ich völlig vergessen.
»Bist du sicher, dass es dir gut geht?«
»Ja, prima …« Ich versuche, mich ein wenig zu beruhigen.
Oh Gott, ich glaube, ich habe im Lotto gewonnen.
»Du sieht so ernst aus«, sagt er und mustert mich, als wäre ich ein Ausstellungsstück in einem Museum.
»Wirklich?« Ich entspanne meine Gesichtszüge und ringe mir ein Lächeln ab.
Und der Jackpot wurde letzte Woche nicht geknackt.
»Du siehst gar nicht gut aus. Du bist auf einmal so blass.«
Ich bin Millionärin.
»Vielleicht sollten wir lieber nach Hause gehen. Ich lasse die Rechnung kommen.« Er gibt dem Kellner ein Zeichen.
»Moment. Ich will nur kurz auf meinen Lottoschein sehen.«
»Aha, Horoskope sind also nichts als Blödsinn, ja?«, lacht er und hebt den Arm.
Wie in Trance taste ich nach meiner Tasche. Wow, können Sie sich vorstellen, wie aufregend so etwas ist? Was werden all die anderen sagen? Aber vielleicht sollte ich lieber anonym bleiben und die Öffentlichkeit meiden - ich will keine Tonnen von Bittbriefen bekommen und von Leuten umgeben sein, die versuchen, mich zu entführen, und eine riesige Lösegeldsumme verlangen.
Äh, Moment mal. Ich fahre mit der Hand über die Lehne meines Stuhls und suche nach dem Lederriemen. Eine winzige Flamme der Panik entzündet sich in meinem Inneren, und ich werfe einen Blick über die Schulter auf die Lehne, wo ich sie vorhin hingehängt habe.
Sie ist nicht da.
»Sie ist gestohlen worden«, flüstere ich wie erstarrt vor Schock.
»Wie bitte?« Ich höre Gabes Stimme, kann die Worte aber nicht zuordnen.
»Sie ist weg.« Ich springe entsetzt auf, suche mit den Augen den Asphalt unter dem Tisch ab, um den Stuhl herum, auf dem Bürgersteig.
»Hey, was ist los?«
»Meine Tasche!«, winsle ich verzweifelt und frage mich, wie um alles in der Welt so etwas passieren konnte. Und dann fällt mir die Horde Jungen wieder ein, die gegen meinen Stuhl gestoßen sind. Wut keimt in mir auf, als mir klar wird, was vorgefallen ist. Wut auf sie und auf mich selbst. Meine Güte, das ist der älteste Trick der Welt, Heather. »Diese Jungs müssen sie geklaut haben!« Die Worte sprudeln aus meinem Mund, während ich immer noch hektisch mit
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