Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
denke ich, er scherzt, doch dann wird mir klar, dass er es ernst meint.
»Nein«, antwortet er und mustert mich eindringlich.
»Das heißt, wir müssen es wiederholen.«
Dieses Mal sehe ich ihm in die Augen, und er hält meinen Blick einen Moment länger fest als notwendig, was ich unglaublich sexy finde. Wir stoßen an, und ich nehme einen Schluck. Wenn ich ehrlich sein soll, wäre mir eine Tasse Kaffee lieber gewesen, aber es ist alles so romantisch, nicht wahr? Ich sehe zu, wie James zu dem ordentlich sortierten Stapel CDs hinübergeht.
»Worauf hast du Lust?«, fragt er.
»Wie wär’s mit den White Stripes?«
Er sieht mich zweifelnd an. »Ich glaube nicht, dass ich von denen etwas habe«, erklärt er und fährt mit dem Finger über die Rücken seiner CDs - die, wie ich bemerke, alphabetisch sortiert sind. Ganz im Gegensatz zu meinen, die in einem ungeordneten Haufen und ohne Hülle im Regal herumfliegen.
»Äh … wieso suchst du nicht etwas aus«, schlage ich munter vor.
»O.K., mal sehen …« Er zählt einige Namen auf. »Billie Holiday, Bob Dylan, David Bowie, Coldplay, Sting, Madonna …« Man könnte fast glauben, er stünde vor meiner eigenen Sammlung, abgesehen von den White Stripes und ein paar Schrägheiten wie mein geliebtes Album von Billie Jo Spears. Mom hat sie vergöttert. Ich weiß noch, wie sie beim Bügeln immer aus voller Kehle »Blanket On The Ground« gesungen hat. Die Erinnerung trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube, und ich habe Mühe, die Tränen zurückzuhalten. Es sind immer diese kleinen Dinge, die mich an sie erinnern. Alle glauben, es seien die Geburtstage und Weihnachten, dabei empfinde ich den Verlust bei den Alltäglichkeiten am allerdeutlichsten.
»… Roxy Music, Best of Spandau Ballet …« James wirft mir einen Seitenblick zu, worauf ich eilig den Kloß im Hals hinunterschlucke. »O.K., ich gestehe wohl lieber mein kleines dunkles Geheimnis.«
James hat ein dunkles Geheimnis?
»Ich war New-Romantic-Fan. Wenn du jetzt lieber gehen und mich nie wieder sehen willst, könnte ich das verstehen.«
»Was für ein Zufall. Ich war der größte Fan aller Zeiten von Duran Duran«, erwidere ich grinsend.
Er lacht. Ein Glücksgefühl durchströmt mich. Ich habe mir schon immer gewünscht, einen Mann kennen zu lernen, der denselben Musikgeschmack hat wie ich, aber die Mehrzahl meiner Freunde mochte völlig andere Musik als ich. Da war John, der auf Punk stand, Marcus, der Jazzliebhaber, und Daniel. Ich weiß noch, wie wir einmal mit dem Wagen nach Cornwall gefahren sind und uns darüber gestritten haben, ob wir seinen Snoop Doggy Dog oder meine Norah Jones hören.
»Was ist mit Dido?«
»Perfekt«, strahle ich.
James scheint erleichtert zu sein.
Er ist zum Niederknien, wenn er das Gesicht vor Sorge in Falten legt, und ich widerstehe dem Drang, neben ihn zu treten und ihn zu küssen.
Er lässt das CD-Fach herausfahren, öffnet die Hülle und runzelt die Stirn. »Verdammt. Und jetzt ist auch noch eine andere Scheibe drin.«
Er sieht so jämmerlich drein, dass ich in Gelächter ausbreche. »Ach, keine Sorge, das passiert mir ständig.«
»Tja, aber mir nicht«, grummelt er und starrt verwirrt die CD an.
»Vielleicht hast du sie zufällig in eine andere Hülle gesteckt«, meine ich.
»Aber das ist unmöglich«, widerspricht er. »Das tue ich nie.«
Mein Lächeln verblasst. Dass er eine CD in eine falsche Hülle gelegt hat, ruiniert ihm doch jetzt nicht die Laune, oder? »Wieso hören wir uns nicht die an, die drin liegt?«, sage ich, während ich meinen Wunsch nach einem ordnungsund sauberkeitsliebenden Mann beinahe schon bereue.
Vorwurfsvoll starrt er die Silberscheibe in seiner Hand an, ehe er sie einlegt. »Könnte interessant werden …«
Aus unsichtbaren Lautsprechern dringen die ersten Akkorde einer Gitarre, dann eine weiche, sexy klingende Frauenstimme. Sie singt auf Französisch. »Wer ist das?«
Plötzliche Erkenntnis zeichnet sich auf seiner Miene ab. »Emmanuelle. Sie ist eine alte Freundin von mir - hat früher in Clubs gesungen. Mist, ich habe völlig vergessen, dass ich die noch habe.«
»Du hast in Paris gelebt?«
»Ein paar Jahre nach der Uni.« Die Erinnerung scheint ihn seine Verärgerung vergessen zu lassen und ihn wieder in Flirtlaune zu versetzen. »Das ist lange her«, fügt er hinzu, schiebt seine Finger durch meine und führt mich zu dem großen Wildledersofa.
»Wow, wie aufregend«, blubbere ich, eher aus Nervosität als aus
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