Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
schon gestern und vorgestern und vorvorgestern hochgeschoben. Also warum fällt mir das erst heute auf? Und wieso finde ich auf einmal, dass er absolut entzückend dabei aussieht?
»Bin gleich wieder da.« Er holt seine Zahnbürste und Zahnpasta hervor und wendet sich zum Gehen, ehe er sich an der Tür noch einmal umdreht. »Falls ich es vergessen sollte - ich wollte dir nur sagen, wie toll ich deine Familie finde. Ich habe mich heute prächtig amüsiert.«
»Ich mich auch.« Ich habe ein schlechtes Gewissen wegen meiner Übellaunigkeit von vorhin.
»Aber da ist noch etwas … etwas, das ich dir hätte sagen müssen, bevor …«
Ich erstarre. Verdammt, was um alles in der Welt will er mir sagen?
Er holt tief Luft und macht sein Geständnis. »Ich schnarche.«
KAPITEL 28
Der nächste Morgen dämmert herauf und verspricht einen weiteren schönen Augusttag. Wie eine Katze, die sich in der Sonne räkelt, schmiegt sich Port Isaac in die Bucht, und seine Kopfsteinpflasterstraßen und die weiß getünchten Cottages schimmern in der strahlenden Sonne. Es ist früh, und das Dorf liegt noch im Halbschlaf. Unten am Hafen drängen sich die hölzernen Fischerboote, während am anderen Ende der Bucht der hufeisenförmige Strand am Fuß des steilen Grashügels verlassen daliegt.
Dasselbe Bild bietet sich an der steinigen Küste bis nach Newquay. Die Tagesausflügler sind noch nicht eingetroffen, so dass meilenweit nichts als die schaumigen Wellen zu sehen sind, die wie riesige nasse Butterlocken heranrollen und sich wieder zurückziehen, begleitet vom fernen Kreischen der Möwen, die über uns kreisen.
Aber nicht alle schlafen. Ein Stück vom Ufer entfernt, wo das Licht wie flüssige Diamanten auf den Wellen tanzt, wippt etwa ein Dutzend Gestalten im Wasser auf und ab. Mit ihren schwarzen Körpern könnte man sie fast für Robben halten, aber bei genauerem Hinsehen erkennt man, dass es sich um Surfer handelt, die nach der nächsten Welle Ausschau halten. Die Mehrzahl sind Einheimische, die jeden Tag bei Morgengrauen aufstehen und herkommen - sommers wie winters -, um einige kostbare Stunden am Strand zu verbringen.
Und dort ist auch Gabe.
Er hält sich an dem Surf brett fest, das er früher am Morgen ausgeliehen hat, wischt sich das salzige, nasse Haar aus Gesicht und Augen und konzentriert sich auf den Horizont. So hat er die letzten Minuten dagestanden und auf eine brauchbare Welle gewartet. Bislang waren sie eher mickrig, nichts Aufregendes, aber nun scheint er eine bessere zu sehen.
Er wirft sich flach auf das Surf brett und beginnt hektisch zu paddeln. Wie Mini-Propeller pflügen seine Hände durchs Wasser. Das Timing ist entscheidend. Koordination. Technisches Können. Wie ein Jäger, der seiner Beute nachsetzt, richtet er seine Aufmerksamkeit auf eine Welle in der Ferne, kommt ihr immer näher und näher, bis er seinen muskulösen Körper geschickt aus dem Wasser katapultiert, die Füße fest auf dem Brett platziert und die Arme wie ein Hochseilartist seitlich ausstreckt, während er den Scheitelpunkt erwischt.
Scheinbar ohne jede Mühe hält er das Gleichgewicht, schießt im Zickzack vor und zurück, schneller und immer schneller, während er abwechselnd ein- und wieder auftaucht, als die Welle sich hinter ihm erhebt und ihn wie ein Wildpferd abzuwerfen versucht.
Klick.
Als sich die Blende meiner Kamera schließt, spüre ich, wie mich tiefe Befriedigung durchströmt. Bestimmt eine Stunde lang habe ich genau auf diesen Moment gewartet. Von meinem Aussichtspunkt auf dem Hügel über dem Strand aus habe ich Gabe durch die Linse meiner Nikon zugesehen und versucht, das Bild einzufangen, das die wahre Emotion des Surfens widerspiegelt.
Ich habe völlig vergessen, wie schwierig, zeitaufwändig und herrlich Fotografieren sein kann. Nach dem College habe ich pausenlos fotografiert - es war wie Atmen für mich. Ich musste jeden Tag fotografieren, aber in den letzten Jahren habe ich aufgehört, mich um meine eigenen Dinge zu kümmern. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich zu beschäftigt bin, damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen, aber wenn ich ganz ehrlich bin, ist der wahre Grund, dass es zu sehr schmerzt: Es ist eine qualvolle Erinnerung an all die Hoffnungen und Träume, die ich einmal hatte, und die Tatsache, dass ich es nicht geschafft habe, sie in die Realität umzusetzen.
Noch nicht. Aufregung erfasst mich beim Gedanken an meinen Brief an den Sunday Herald. Gabe hat ihn am Freitag für mich
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