Der Wunschzettel - Be Careful What You Wish For
ich war auf der Venice High. Erinnerst du dich an Grease, diesen Film?«
»Das war deine Schule?«
»Genau.«
»Mann, wie glamourös!«
Gabe bricht in schallendes Gelächter aus.
»Was ist daran so lustig?«
»Glaub mir, die Venice High ist alles andere als glamourös.«
Wir gehen weiter den steilen Hang hinauf und kommen am Postamt vorbei, an dem überall Blumenampeln hängen. »Du meinst, Port Isaac ist aufregender als Hollywood?«, frage ich und deute auf eine getigerte Katze, die auf dem Fensterbrett döst, und auf eine kleine alte Frau, die mit ihrer Einkaufstasche die Straße entlanggeht.
»Irgendwann musst du kommen und es dir selbst ansehen. Ich habe ein freies Zimmer.«
»Führ mich bloß nicht in Versuchung.«
»Aber zuerst muss ich ein paar Wohnungsregeln aufstellen …« Er grinst, während ich bei der Erinnerung an meine mehrseitige Liste erröte.
»Und hier habe ich meinen ersten Kuss bekommen«, verkünde ich und zeige auf eine ausladende Eiche am Rand eines Felds. »Er hieß Seb Roberts, und ich war 13.«
»Was für ein irrer Ort für einen ersten Kuss. Meinen habe ich im Arbeitszimmer im Haus meiner Eltern bekommen, und meine Mom hat mich dabei erwischt. Da saß ich also, mit den Händen unter Hopey Smiths T-Shirt. Junge, Junge, mir war noch nie etwas so peinlich.«
Ich lache, ehe mich ein Anflug von Traurigkeit überkommt. »Ich weiß noch, wie ich nach Hause laufen und meiner Mutter alles über Seb erzählen wollte, aber sie war im Jahr vorher gestorben …«
Gabe drückt meine Hand. »Hey, tut mir leid, ich habe nicht nachgedacht.«
»Ist schon gut«, beruhige ich ihn. »Es sind immer nur die kleinen Dinge, die die Erinnerungen wachrufen.«
Wir starren die Eiche mit ihrem mächtigen, knorrigen Stamm an, die seit vielen Jahren an dieser Stelle steht und auch noch viele Jahre dort stehen wird.
»Stattdessen hatte ich meinen Vater. Er war meine Ersatzmutter. Ihm habe ich alles anvertraut, das tue ich noch heute. Das ist der Grund, warum wir uns so nahestehen.«
»Und ist das auch der Grund, warum es zwischen dir und deiner Stiefmutter Probleme gibt?«
Mittlerweile gehen wir den Hügel wieder hinunter.
»Wie meinst du das?«
»Drei sind einer zu viel.«
»Nein, das ist es nicht. Sie ist eben nur kein besonders netter Mensch. Sie ist kalt. Das war sie schon immer. Wir haben uns nie verstanden.«
»Aber dein Vater muss sie gern haben.«
»Muss er wohl. Auch wenn mir nicht klar ist, warum. Mum war so voller Leben, sie hat immer gelacht und war lustig. Rosemary ist ernst und nörgelt ständig an ihm herum, er soll dies und jenes tun. Das macht mich verrückt.«
»Vielleicht ist das ihre Art, sich um ihn zu kümmern.«
»Tja, eine ziemlich seltsame Art«, brumme ich. »Aber genug jetzt von Rosemary.« Ich bleibe vor dem Pub namens Badgers Arms stehen. »Hat dir der Stadtrundgang Hunger gemacht?«
»Was für eine Frage. Ich könnte ein ganzes Pferd verdrücken.«
»Keine Ahnung, ob es das hier gibt«, gebe ich lachend zurück. »Aber wie wär’s mit einem Ploughman?«
»Was um alles in der Welt ist das?«
»Ah.« Ich öffne die Tür zum Pub und halte sie auf, damit er eintreten kann. »Das wirst du gleich erfahren.«
Nachdem wir bestellt haben, tragen wir unsere Gläser mit Apfelwein in den Garten, wo wir meine Familie beim Mittagessen um einen runden Holztisch versammelt vorfinden.
»Wir haben uns schon gefragt, wo ihr beide abgeblieben seid«, poltert Lionel mit dem Mund voller Cheddar und Branston, reißt ein Stück Brot ab und strahlt uns an.
»Wir sind früh aufgestanden, damit Gabe surfen gehen konnte.« Ich stelle meinen Apfelwein auf dem Tisch ab und gebe Lionel einen Kuss auf die Wange.
»Und kann es das Meer hier mit Kalifornien aufnehmen?«, fragt Ed, der hinter dem Sportteil der Sunday Times auftaucht, der sich laut Titelblatt mit der englischen Nationalmannschaft beschäftigt.
»Ja, es war irre.«
»Gute Wellen, was?«, meldet sich Miles zu Wort und bemüht sich, wie ein Experte zu klingen, obwohl ich weiß, dass er keine Ahnung hat. Er sitzt neben Annabel, beide halten einen Teil des Zwillingslaufgurts in der Hand. Wie üblich sehen sie reichlich gestresst aus.
»Kommt schon, rückt zusammen, Leute«, ordnet Lionel an, der bemerkt hat, dass wir ein wenig unschlüssig vor dem Tisch stehen.
»Nein, schon gut, wir können uns da drüben hinsetzen«, sage ich und deute auf ein Paar, das sich gerade zum Gehen anschickt.
»Unsinn«, widerspricht Lionel.
Weitere Kostenlose Bücher