Der Wunschzettelzauber
übertriebenen französischen Akzent gesungen wurde, dass selbst die absolut frankophile Chloe ihn lächerlich fand. Nicolas aber, der schlieÃlich halb Franzose war, liebte es. Er sang mit und betonte dabei die »Miaus« und das »naturellement« mit heller, klarer Stimme, so dass Chloe lächeln musste. Da saà sie nun, Mutter eines kleinen, Französisch singenden Jungen. Es war wie ein Wunder.
Sie beugte sich zu Nicolas hinunter und fragte ihn in ihrem flieÃenden Französisch, ob der Platz neben ihm noch frei sei.
» Oui! «, antwortete er lachend.
Sie nahm Platz und begann, die Verpackung ihres Schokoladeneises so vorsichtig und leise zu öffnen, wie sie es in einem wirklichen Kino getan hätte, um die anderen Zuschauer nicht zu stören.
Eine Weile beobachteten sie beide schweigend, wie die elegante Madame Bonfamille in ihrem von Pferden gezogenen Wagen durch die PrachtstraÃen des geheimnisvollen alten Paris fuhr. Auf ihrem Schoà saà Duchess , die Katze, während die drei Kätzchen Marie , Berlioz und Toulouse überall im Wagen umhersausten â übermütig ⦠und vaterlos. Instinktiv griff Chloe nach Nicolasâ Hand.
»Aber wo ist denn Mister OâMalley?«, fragte Nicolas plötzlich und meinte damit den charismatischen, jazzfanatischen Kater, der letztendlich der Stiefvater der Kätzchen und Duchessâ Lebensgefährte werden sollte.
»Duchess begegnet ihm erst später, weiÃt du nicht mehr?«, flüsterte Chloe ihm zu. »Als sie mit ihren Kätzchen drauÃen auf dem Lande herumirrt.«
Nicolas nickte. Im nächsten Augenblick vernahm Chloe ein leises »Mummy?«
» Oui, mon chéri? «
»Ich finde, das hier ist das beste Kino auf der ganzen Welt.«
»Das finde ich auch, mein Schatz«, erwiderte Chloe, lehnte sich in die Sofakissen zurück und schlang die Arme um Nicolas, so dass er sich an ihre Schulter schmiegen konnte. Sie drückte ihm einen Kuss auf den Kopf. Sein Haar war flaumig weich und roch wie warmes, sauberes Kätzchenfell. Mit einer kurzen Schleuderbewegung befreite Chloe ihre FüÃe von den Sandalen und zog sie unter sich. Und derart gemütlich aneinandergekuschelt widmeten sie ihre ganze Aufmerksamkeit dem Film.
2
Wozu zusätzliche Pfunde gut sind
Da Chloes Fahrrad noch immer in der Reparaturwerkstatt war, wurden sie am nächsten Morgen von ihrer Freundin Sally mit dem Auto abgeholt. Zuverlässig und pünktlich hielt der Wagen vor Chloes viktorianischer Haushälfte, um die Kinder in den Kindergarten zu bringen. Nicolas kletterte auf den Rücksitz zwischen Sallys Sprösslinge â das friedliche, blauäugige, vier Monate alte Baby Max und die pfiffige, neunmalkluge Schönheit Tallulah mit dem rabenschwarzen Haar. Im Wagen roch es nach Milchfläschchen, geprügelten Barbiepuppen, zerbröseltem Puffreis und nach Sallys schwerem, blumigem Lieblingsparfum, untermalt von den erzieherisch wertvollen Klängen von Klassik für Kinder , die aus dem CD -Spieler drangen. Chloe atmete diesen tröstlichen Duftcocktail genussvoll ein. Es war wunderbar, Sally während ihres Mutterschaftsurlaubs so häufig um sich zu haben.
»Schönes Wochenende gehabt?«, fragte Chloe ironisch und warf ihrer Freundin einen Seitenblick zu, während sie den Sicherheitsgurt anlegte.
»Frag bloà nicht«, wehrte Sally ab und schob sich das dunkle Haar aus dem Gesicht. An ihrem linken Handgelenk klirrte leise ein Talisman-Armband. Sally verlieà das Haus nie ohne ihre bewährten Glücksbringer: ein zierlich gearbeitetes silbernes Kleeblatt, ein dünnes Kettchen aus Bernsteinperlen und ein winziger Böser Blick aus kleinen blauen Diamanten. Aberglaube war Sallys Schwäche und zugleich die einzige sarkasmusfreie Zone in ihrem Leben.
Als sie durch die ruhigen StraÃen ihres charmant nachlässig gepflegten Wohnviertels im südlichen Teil von London fuhren, hing ein bleiern grauer Novemberhimmel über ihnen, der nicht den geringsten Sonnenstrahl versprach. Dennoch trug Sally ihre gröÃte und dunkelste Sonnenbrille von Prada; auÃerdem gab sie Geräusche von sich, als kaute sie auf Murmeln. Chloe lächelte: Das Minzbonbon war ein sicheres Anzeichen dafür, dass Sally einen ihrer legendären Kater hatte, die, wie sie behauptete, die schlimmsten Kater der gesamten Menschheit waren.
»Ich weië, begann Sally,
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