Der Wunschzettelzauber
Angst. «
Sie konnte gut nachvollziehen, weshalb ihr Sohn »Mister Pudding« aus der Patsche helfen wollte. Da, wo sie einen unter Drogen stehenden Schauspieler sah, der sich zwischen einzelnen Engagements mühsam seine Brötchen verdiente und sich auf dem schmalen Grat zwischen Peinlichkeit und Erregung öffentlichen Ãrgernisses bewegte, sah der kleine Junge in ihm wahrscheinlich die Verkörperung seiner absoluten Lieblingsfigur â »Der Kater mit Hut« â, der in dem gleichnamigen Kinderbuch einen ganzen Haushalt durcheinanderbrachte. Zweifellos würden jeden Augenblick seine beiden Helfer » Ding eins « und » Ding zwei« erscheinen und der Vorführung zusätzliche Würze verleihen. Aber bis dahin musste Chloe einspringen. Sie konnte Nicolas nicht im Stich lassen.
»Natürlich nicht«, lächelte sie und warf dem Alleinunterhalter einen scharfen Blick zu, der deutlich besagte: Wage es nur, irgendeine Schweinerei mit mir zu veranstalten, Junge, und ich hetze dir die Bullen auf den Hals .
»Siehst du?«, rief Nicolas aus und drückte die Hand seiner Mutter. »Meine Mummy hat vor gar nichts Angst. Genau wie ich. Ich hab auch vor gar nichts Angst.« Als Chloe sich zu ihm hinunterbeugte, um ihn kurz an sich zu drücken, flüsterte Nicolas ihr ins Ohr: »AuÃer vor dem Dunklen.«
»Ich weiÃ, mein Schatz.«
»Und dem Wer-Kaninchen.«
»Ja, aber du weiÃt doch, dass das nur ein Märchen ist.«
Es zeigte sich, dass der »Fröhliche Mister Pudding«nie fröhlicher war, als wenn er einen Erwachsenen vorführen und lächerlich machen konnte. Als er einen Eimer Wasser in die Höhe hielt, kicherten die Kinder erwartungsvoll. Als er einen langen Schlauch zu beiden Seiten von Chloes Bauch anbrachte, jubelten sie. Aber als er dann einen groÃen und fast echt aussehenden Bohrer hervorzog und ihn wild über dem Kopf schwenkte, gerieten sie auÃer Rand und Band. Als die »Apparatur« montiert war und »Löcher« durch Chloe gebohrt waren, sah es wirklich so aus, als strömte das Wasser aus dem Eimer durch den Schlauch und quer durch Chloes Bauch (was Begeisterungsschreie hervorrief) in einen weiteren Eimer.
Irrsinnig komisch, haha , dachte Chloe, während im Raum tosender Applaus erklang. Sie grinste Nicolas zu, während »Mister Pudding« ein Riesentheater um den Schlauch machte; er tat so, als wolle er seine kleinen Zuschauer nassspritzen.
Dann nahmen die Dinge einen Verlauf, wie sie es nicht für möglich gehalten hätte. »Mister Pudding« brachte einen Behälter mit einer Seifenlösung und ein riesiges Blasrohr zum Vorschein. Der absolute Höhepunkt kam, als er eine riesige Seifenblase auf Chloes Kopf plazierte und sie bat, sich nicht zu rühren. Dann hob er langsam eine Wasserpistole in der GröÃe einer Kalaschnikow und zielte auf die Seifenblase.
Es blieb nichts übrig, als auf ein gnädiges Schicksal zu hoffen. Chloe blickte im Raum umher und zu den anderen Eltern hinüber, die entweder in einer Mischung aus Verlegenheit und Mitleid für das Opfer des »Puddings« starr lächelten oder verzweifelt auf ihre Schuhspitzen blickten, um seine Aufmerksamkeit nicht auf sich zu ziehen.
»Fünf!«, rief »Mister Pudding« laut und begann damit den Countdown zu Chloes Exekution. »Vier!«
Chloes Blick glitt hinüber zu ihren Freundinnen. So ging es eben einer alleinstehenden Mutter. Hätte sie heute einen Partner dabeigehabt, dann wäre er sicher eingeschritten, um sich dem »Pudding« galant an ihrer Stelle zur Verfügung zu stellen.
»Drei!«, bellte »Mister Pudding«. »Zwei!«
Philip hätte es für Sally getan, und genauso Steve für Kaja und vielleicht sogar Theo für Megan â obwohl es bei den beiden meistens umgekehrt lief, indem Megan die lästigen und unangenehmen Dinge übernahm. Und Giles hätte es getan, wenn Susanna an Chloes Stelle gewesen wäre. Susanna aber war nicht bei der Party. Ihre Wochenenden gehörten ihr allein, und das bedeutete auch: keine Kindergeburtstage. Sie machte eine einzige Ausnahme im Jahr, und zwar bei Hendriks eigener Geburtstagsfeier. Chloe aber stand nun da und musste die Suppe alleine auslöffeln. Ach was â sie tat es für Nicolas.
»Eins!«, schrie »Mister Pudding«, reckte sich und zielte mit seiner riesigen Wasserpistole
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