Der Wunschzettelzauber
einen Tobsuchtsanfall kriegen. Natürlich nicht, solange noch Gäste im Haus waren. Nein. Aber später dann, wenn sie allein waren.
»Konsum von Rauschmitteln«, kommentierte Philip in seiner üblichen professoralen Art, »ist ziemlich weit verbreitet unter Personen, die öffentlich auftreten. Musiker zum Beispiel. Da gab es schon immer diese Vorstellung von dem Musiker als Zauberer â ein geheimnisvoller Verrückter mit übernatürlicher Macht, der mystische Kräfte kanalisiert. Ich persönlich könnte nicht ohne klaren Kopf tätig sein, deswegen hüte ich mich vor Drogen, aber andere Menschen empfinden das anders. Manche würden behaupten, dass Halluzinogene die Tore der Inspiration öffnen.«
Sally grinste Chloe an, als wollte sie sagen: »Das ist mein Philip!«
»Ja, aber solche Leute verdienen sich nicht ihren Lebensunterhalt, indem sie vor Kindern auftreten, oder?«, wandte Steve ein. »Ich meine, das gehört sich doch nicht.«
»Was für Leute?«, schaltete Theo sich ein. Seine Gäste hatten sich, die Sektgläser noch in den Händen, wieder nach unten gesellt und auf der anderen Seite des Raums versammelt. Die piekfein herausgeputzten Mütter winkten ihren Sprösslingen aus der Entfernung zu und wandten sich dann wieder ihren Gesprächen zu.
»Hallo«, rief Megan erschrocken aus und versuchte, sich zwischen »Mister Pudding« und ihren Mann zu schieben. »Würdest du vielleicht ⦠kommen und mir beim Kuchen helfen? Bei den Kerzen?«
»Eigentlich lieber nicht«, erwiderte Theo mit seinem charmanten Lächeln. Man war sich allgemein einig, dass er reichlich Charme besaÃ. Eine bemerkenswerte Gabe, mit der er fast jeden um den Finger wickeln konnte. »Ich würde lieber gern in Ruhe mein Glas austrinken. Wäre das für dich in Ordnung?«
»Ja, natürlich.«
»Nettes Kleid übrigens«, fügte Theo hinzu und wies mit dem Kinn auf Megans bestickten Kaftan. Es klang wie ein Kompliment, aber sie wusste, was er wirklich meinte. Sie entsprach bei Weitem nicht seinen Kriterien, wie eine Frau sich präsentieren sollte. Unter Theos Gästen waren heute ein paar Musterexemplare anwesend: bewundernswert schlanke junge Frauen mit langem, glänzendem Haar, und alle trugen enganliegende, schicke Kleider und hochhackige Schuhe. Wenigstens, dachte Megan mit trotzig erhobenem Kinn, hatte Theo keinen Kommentar über ihre Holzpantinen aus dem Naturladen und ihre purpurfarbenen Pop-Socken abgegeben. Nur mit diesen kleinen Gesten der Rebellion war sie in der Lage, den Tag zu überstehen.
»Prost«, murmelte sie.
»Also, meinst du, du kannst das mit dem Kuchen alleine managen wie ein groÃes Mädchen? Du hast doch Hilfe, oder? In der Küche stehen sie herum und drehen Däumchen. Geh einfach hin und sag ihnen, was sie tun sollen.«
»Ja, ja«, antwortete Megan und entfernte sich zögernd. Als Chloe ihr folgte, vernahm sie »Mister Puddings« erhobene Stimme: »Und jetzt, Kinder, machen wir etwas wirklich Lustiges!«
Es klingelte wieder, und Chloe eilte an der Küche vorbei und zur Tür. Kaum hatte sie sie aufgerissen und Giles, seinen Sohn Hendrik und eine Gruppe schwatzender Nachzügler hereingelassen, da hörte sie Nicolas nach ihr rufen.
»Keine Sorge, geh nur«, meinte Giles lächelnd. »Ich kenn den Weg.«
»Das ist meine Mummy! Da kommt sie!«, schrie Nicolas, als Chloe den Raum wieder betrat.
»Superb!«, rief »Mister Pudding« aus und betrachtete Chloe mit glitzernden Augen. »Ihr kleiner Junge hier, Mickey â¦Â«
»Ich heiÃe Nicky«, verbesserte Nicolas.
»Klar, klar. Also, Ihr kleiner Junge hier hat Sie, Mum, als Freiwillige für einen ganz besonderen Zaubertrick ausgewählt. Einen ganz gefährlichen Trick«, betonte der Unterhalter mit einer drohenden Grimasse, die alle Kinder â aber keinen der Erwachsenen â zum Lachen brachte. »Sind Sie einverstanden? Sie werden doch jetzt die Kinder nicht enttäuschen wollen?«
Chloe konnte sich gut vorstellen, was geschehen war. Während sie zur Haustür gegangen war, hatte »Pudding« nach einem erwachsenen Freiwilligen gefragt, und Nicolas, der verwundert feststellte, dass sich alle Erwachsenen peinlich berührt abwandten, hatte wahrscheinlich etwas in der Art gerufen â »Meine Mummy macht das. Die hat keine
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