Der Wunschzettelzauber
erinnerte an einen strengen Schulmeister. »Wo ich herkomme«, fuhr Greg fort, »bedeutet Zuspätkommen einen gewissen Mangel an Respekt für den anderen. Meine Exfrau kam immer bei allem zu spät. Tut sie noch immer übrigens.«
»Ach du meine Güte«, erwiderte Chloe. »Es tut mir wirklich leid, dass wir â¦Â«Â â sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr â »sechs und eine halbe Minute zu spät gekommen sind. Aber keine Sorge, wir haben immer noch reichlich Zeit, bis die Show anfängt! Ich hatte nicht die Absicht, Sie warten zu lassen, aber Sie wissen ja, wie es manchmal ist. Man hat das Gefühl, man kommt nie aus dem Haus, weil einen jede Kleinigkeit länger aufhält. Und wenn man sein Kind zu sehr hetzt, wird es nur bockig.« Sie grinste, um anzudeuten, dass sie und Greg als Eltern beide dieser glücklichen, aber gestressten Bruderschaft angehörten.
»Nun, das weià ich zum Glück nicht«, versetzte Greg in seinem nasalen Ton. »Peter gehört nicht zu diesen Kindern. Er ist für sein Alter sehr ordentlich und vernünftig. Ich denke, das kommt daher, dass ich bei ihm von Anfang an ein politisches Bewusstsein und Gemeinschaftsgefühl entwickelt habe.«
Herrje.
»Ich nehme ihn mit zu allen Demos und erkläre ihm immer genau, worum es geht.«
Herrje. Kein Wunder, dass der arme kleine Peter sich in seine eigene Gedankenwelt zurückzog. Laut sagte Chloe höflich: »Ach, wirklich? Ist das nicht manchmal ein bisschen gefährlich?«
»Es gibt nichts, wovor man bei einer Demo Angst haben muss, Chloe«, meinte Greg mit einem stählernen Blitzen seiner Brille. »AuÃer vor der Polizei natürlich. Ansonsten hat man lauter gute Leute um sich. Es ist fantastisch. Sie sollten es einmal versuchen.«
»Nicolas war noch nie bei einer Demo«, gab Chloe zu. »Nur einmal bei einem Lauf um den Park, um Geld für wohltätige Zwecke in unserem Viertel zu sammeln. Aber wir sind da nicht durch die StraÃen marschiert â wir haben nur ein fröhliches Picknick veranstaltet. Ich vermute, das zählt nicht.«
Greg lächelte dünn und sagte dann: »Megan sagte, Sie seien Nichtraucherin. Stimmt das?«
»Ja.«
»Gut. Aber keine Vegetarierin?«
»Nein, tut mir leid.«
»Schade. Aber na ja. Sie könnten ja eventuell Ihre Meinung darüber noch ändern.«
Chloe wandte sich ab und den Kindern zu, um ihre vor Verblüffung geweiteten Augen vor Greg zu verbergen. Er prüfte sie auf Herz und Nieren! Welch romantisches Verhör! Wenn das seine Art war, sich Frauen zu nähern, dann musste für Greg Sex ein eher ⦠nun ja ⦠seltenes Erlebnis sein.
»Tja«, machte Chloe und suchte in Gedanken nach einem unverfänglicheren Gesprächsthema. »Sagen Sie mir, wie finden Sie das Leben als Alleinerziehender?«
Es war als Scherz gedacht, der das Eis brechen sollte, Greg aber erwiderte: »Nun, was diese Frage betrifft, bin ich vielleicht nicht der richtige Adressat. Da sollten wir lieber meine Exfrau anrufen und sie fragen.«
Greg hatte noch immer sein Handy in der Hand, und für den Bruchteil einer Sekunde fürchtete Chloe, er würde tatsächlich die Nummer seiner Ex wählen und Chloe das Ding ans Ohr halten.
»SchlieÃlich war es ihre Idee, mich zu verlassen.«
»Tut mir leid«, meinte Chloe. »Und Peter, lebt er jetzt bei Ihnen oder â¦Â«
»Er lebt bei seiner Mutter, und ich habe ihn jedes zweite Wochenende.«
»Oh«, rief Chloe mitfühlend, »das ist aber sehr wenig, von Ihrem Standpunkt aus.«
»Kommt auf den Standpunkt an«, versetzte Greg, während sie sich in die Warteschlange stellten, um ihre Karten vorzuzeigen. »Wenn es nach mir ginge, würden alle Kinder in staatlichen Gemeinschaftseinrichtungen erzogen werden.«
Aha, na immerhin ein Witz. Chloe prustete vor Lachen, bis sie Gregs Gesichtsausdruck bemerkte.
»Das ist doch das Sinnvollste«, fuhr Greg näselnd fort. »Je weniger sich die Eltern einmischen, umso besser. Die meisten Eltern sind doch einer viel zu altmodischen Erziehungsideologie verhaftet.«
Greg, halt die Klappe, du bist einfach unerträglich . Innerlich nach Luft schnappend, versuchte Chloe es mit einem anderen Thema. »Tja ⦠und woher kennen Sie Megan?«
»Wir haben uns vor Jahren kennengelernt, als wir noch an der Uni waren. Wir arbeiteten
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