Der Wunschzettelzauber
die ich über eine ausgezeichnete Website beziehe. Sie müssen begreifen, Chloe, dass es hier um die Sozialisation eines jungen Menschen geht.«
»Wobei?«
»Bei dem, was wir tun. Unsere Aufgabe als Eltern. Es geht darum, ihnen beizubringen, anderen Menschen aufgeklärt und ohne Vorurteile zu begegnen.«
Jetzt hat erâs mir aber wirklich gegeben , dachte Chloe, während die Lichter langsam verlöschten und die Band auf die Bühne marschierte, begrüÃt von lauten Hurrarufen und Geschrei.
Nicolas war hingerissen. Es gab Lieder und lustige Kostüme und viele clownartige Szenen. Sogar die Babys lallten fröhlich mit.
Nicht so Peter.
Mit einem Ohr vernahm Chloe in regelmäÃigen Abständen ein näselndes Winseln: »Peter, hör auf damit«, als Peter gegen die ÂRückenlehne vor ihm trampelte, »Peter, so etwas tut man nicht«, als ÂPeter den Inhalt seiner Flasche auf die Schuhe seines Vaters leerte, und »Peter, du bist unerträglich«, als Peter sich auf seinen Sitz stellte und sich auf das unglückliche, vor ihm sitzende Kind fallen lieÃ.
Als das Konzert zu Ende ging und Chloe zum Eiscreme-Stand eilen wollte, hielt Greg sie am Ãrmel fest.
»Sie werden es doch wohl nicht den Fettsäcken dieser Welt vorn und hinten reinschieben wollen, oder?«
»Was?«, stammelte Chloe verwirrt. »Nein, nur den Jungs.« Sie bemerkte Gregs missbilligende Miene. »Ach so, verstehe«, flüsterte sie. »Peter soll wohl lieber keins kriegen, weil er während des Konzerts ein bisschen ⦠arg lebhaft war?«
Greg glotzte sie an. »Peter war einfach er selbst, und meine Sorgfaltspflicht als Elternteil besteht darin, ihm auf nichtfaschistische Weise zu mehr Selbstdisziplin zu verhelfen.«
Genau , dachte Chloe. Aus den Augenwinkeln sah sie, dass die Schlange vor dem Eiscreme-Stand immer länger wurde.
»Können Sie sich vorstellen, wie unmoralisch diese riesigen ÂLebensmittelkonzerne sind? Lesen Sie denn nie den Guardian ?«
»Doch«, entgegnete Chloe ruhig. »Aber das Eis, das sie hier verkaufen, stammt von einem ziemlich kleinen Hersteller in Dorset. Und es schmeckt einfach köstlich.«
»Peter bekommt eine Reiswaffel«, erklärte Greg und öffnete seinen kleinen Rucksack. »Hättest du auch gern eine, Nicolas?«
»Nein, vielen Dank.«
»Nicolas, warum nimmst du nicht eine und gibst sie mir?«, flüsterte Chloe ihm zu. »Ich esse sie.«
»Aber, Mummy, ich wollte doch so gern ein Eâ¦Â«
»Ich weiÃ.« Indem sie Greg kurz den Rücken zuwandte, lieà sie Nicolas mit einer ausdrucksvollen Pantomime wissen, dass sie später, wenn sie wieder alleine waren, zusammen Eis essen gehen würden. Nicolas nickte.
»Tja, Chloe«, begann Greg, während er ihr zusah, wie sie die Reiswaffel verspeiste. »Sollen wir das bald einmal wiederholen?«
Bevor Chloe versuchte zu antworten, würgte sie mit Mühe die trockene Masse hinunter. Dann begann sie: »Ãäh â¦Â«
Greg blickte sie erwartungsvoll an. Sie hielt seinem Blick stand. Er war nicht der Schlimmste auf der Welt, den man sich vorstellen konnte. Und er war einsam. Er bemühte sich, damit fertigzuwerden, dass er geschieden war. Und er schien seinen Sohn zu lieben. Er schleppte einiges an emotionalem Gepäck mit sich herum. Nun ja, das tat sie ja auch. Sie waren beide Eltern â das war immerhin eine Gemeinsamkeit. Aber war er die Antwort auf Nicolasâ Wunsch nach einem Vater? Nein.
»Ich weià nicht, Greg«, sagte sie.
Greg sah sie stumm an â verständnislos und leicht überrascht. Der arme Mann hatte keine Ahnung, wie er auf andere wirkte. Chloe zermarterte sich das Gehirn nach etwas Positivem, was sie sagen konnte, nach einer Art Kompromiss. »Sind Sie im Facebook ?«, fragte sie.
»Ja.«
»Sind Sie und Megan Facebookfreunde?«
Greg nickte.
»Na wunderbar. Dann kann ich Sie ja leicht finden. Ich würde gern mehr darüber hören, was Sie so tun. Ich interessiere mich ziemlich für grüne Themen.«
»Wirklich? Das haben Sie gar nicht gesagt.«
»Sie haben mich auch gar nicht gefragt«, erwiderte Chloe bestimmt. Nach kurzem Schweigen setzte sie hinzu: »Hören Sie, ich will ehrlich mit Ihnen sein. Dies ist das erste Mal, dass ich mit jemandem ausgehe, seit mein Mann gestorben ist. Und ich glaube, ich bin ein wenig aus
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