Der Wunschzettelzauber
fähig, rational zu denken. Bei dem Konzert würde eine New Yorker Funk-Band auftreten, fuhr Megan fort, und sie spielten besonders für Familien und forderten die Zuhörer immer wieder auf, sich zu beteiligen und mitzusingen.
»Na ja«, seufzte Megan, »die Karten sind jedenfalls bezahlt, und wenn du glaubst, dass das etwas für Nicolas wäre â¦Â«
»Sicher würde ihm das gefallen«, meinte Chloe. »Ich nehme sie dir gern ab.« Erst viel später fiel bei ihr der Groschen, als Megan sie am Freitagabend anrief und dabei beiläufig erwähnte, dass ihr Freund Greg mit seinem kleinen Jungen auch zu dem Konzert ginge und sie die beiden Plätze daneben reserviert hätten. Als Megan dann ein verheiÃungsvolles Bild von Greg malte, der seine Urlaube oft in Frankreich verbrächte, ein hervorragender Koch und ein absoluter Kinofan sei, und sich auÃerdem sehr individuell kleidete, verstand Chloe plötzlich, dass dies der eigentliche Zweck der Ãbung war.
»Was für ein Zufall!«, meinte sie mit leisem Sarkasmus. »Wen kennen wir denn sonst schon, der auf Frankreich, gutes Essen, Kino und Mode steht?«
Am anderen Ende herrschte betretenes Schweigen, gefolgt von einem kurzen Kichern.
»Du hast mich schon wieder verkuppelt!«, rief Chloe in gespieltem Zorn. »Du bist einfach schrecklich!«
»Er war verheiratet, aber jetzt ist er Single«, berichtete Megan unverblümt. »Er ist Papa. Ihr seid ungefähr im gleichen Alter. Er hat einen ziemlich guten Job im Internet Publishing. Und er lebt in London.«
»Okay.«
»Er ist super in Form. Fährt überall mit dem Fahrrad hin, genau wie du!«, fuhr Megan fort. »Ich simse dir seine Telefonnummer, ja?«
»Ja, bitte. Danke, Megan. Ich freue mich, ihn kennenzulernen.«
»Viel Glück, SüÃe.«
Schon wenige Augenblicke später kam Megans SMS an. Chloe öffnete sie und starrte dann eine Weile auf Gregs Nummer, ohne sie zu sehen. Es würde also geschehen. Ein Blind Date mit einem ihr unbekannten Mann. Sie empfand eine Mischung aus Panik und aufgeregter Erwartung. Diesmal würde sie nicht kneifen. Bevor sie der Mut verlassen konnte, rief sie Greg an, um das Treffen zu verabreden.
Am nächsten Tag trafen Chloe und Nicolas ein paar Minuten später als vereinbart bei der Konzerthalle ein. Da die meisten Gäste bereits im Saal verschwunden waren, hatte Chloe keine Schwierigkeiten, Greg zu erkennen, der im Foyer auf und ab lief, während er wild in sein Handy tippte.
»Hallo«, rief Chloe atemlos. Sie war mit Nicolas gerade die Treppenstufen hinaufgerannt. »Sie müssen Greg sein. Und das muss Peter sein«, setzte sie hinzu, als sie einen dünnen kleinen Jungen mit ausdruckslosem Gesicht erspähte. Es war kaum zu übersehen, dass Peter Gregs Sohn war: Vater und Sohn waren beide vollkommen gleich gekleidet: schlammfarbene, schlecht sitzende Hosen und Pullover, die aussahen, als seien sie aus Hanf gewoben, klobige Schuhe, Strickmützen und trendige Tube-Schals. Sie wirkten wie Stadtguerillas und nicht wie das, was sie waren: ein in London lebender Verleger mit seinem Sohn.
Sie würde in Zukunft Megans Urteil vom Stilgefühl eines Mannes mit Vorsicht genieÃen, dachte Chloe bei sich. Wenn jemand aussah, als lebte er auf einem Baum oder wäre gerade aus der Schlammwüste von Woodstock zurückgekommen, würde Megan ihn glatt oben auf die Liste der bestangezogenen Männer setzen.
»Hallo, Peter«, begrüÃte Chloe den Kleinen und sah ihn an. »Hier, das ist mein kleiner Junge, Nicolas. Nicolas, sag Hallo zu Peter.«
»Hallo, Peter«, murmelte Nicolas.
Peter reagierte nicht im Geringsten. Er musste wohl sehr scheu sein, dachte Chloe. Ihr Handy summte, und sie warf einen Blick darauf. Eine neue Nachricht.
»Ach Greg«, sagte sie mit entschuldigendem Lächeln, nachdem sie sie gelesen hatte. »Das war Ihre SMS , wo ich denn abgeblieben bin. Es tut mir leid, dass wir zu spät gekommen sind.«
»Ja, na ja. Ist ja nicht so schlimm«, erwiderte Greg mit näselnder Stimme.
»Gut«, schloss Chloe und warf einen verstohlenen Blick auf ihren Dating-Partner. Greg war schlank, sah gar nicht schlecht aus und trug eine Brille mit runden Gläsern und Drahtgestell, die er vielleicht ausgesucht hatte, weil sie John Lennons Brille glich. Aber damit endete auch schon jede Ãhnlichkeit. Gregs Erscheinung
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