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Der Zauber der Casati

Der Zauber der Casati

Titel: Der Zauber der Casati Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camille de Peretti
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Gerüchte und Geschwätz liefen fröhlich um. Jede andere als sie hätte darunter gelitten. Luisa indessen gelangte endlich zu Ruhm, und das erfüllte sie mit Freude. Tante grazie. Sie pflegte ihr Äußeres noch etwas mehr, schwärzte sich die Lider mit Kajal und gönnte sich ein, zwei Tropfen Belladonna, um die Pupillen zu erweitern. So fügte sie der geheimnisvollen Aura, die sie bereits umgab, noch einen Hauch Verruchtheit hinzu.

    Luisa hatte das ihrem Mann so liebe Landleben nie leiden können. Die Villa in Cinisello Balsamo, die Spaziergänge in Stiefeln durch den Matsch und die Abende am Kamin, die zu Anfang der Ehe ihre Tage ausgefüllt hatten, erschienen ihr jetzt als restlos vergeudete Zeit. Sie beneidete ihre Schwester, die mit ihrem Mann, dem Conte Padulli, in Rom lebte. Wie D’Annunzio liebte Luisa Maskeraden und Festivitäten geradezu manisch. Maskenbälle waren groß in Mode, und sämtliche Extravaganzen waren gestattet. Sobald sie eine Gelegenheit dazu fand, zog sie nach Rom ins Hotel Excelsior und ging jeden Abend aus, um reichlich Champagner zu trinken und ihren Liebhaber zu treffen. Sehr schnell dann stellte sie fest, dass sie sich ohne ihn ebenso sehr amüsierte. Nach und nach fasste sie Selbstvertrauen, der Kreis ihrer mondänen Bekanntschaften erweiterte sich, und sie wechselte leichtfüßig von einer Gruppe Freunde zur nächsten. Alle machten ihr Komplimente für die schönen Kleider, in denen sie auftrat. Und ich glaube, an diesem Punkt trennen sich unsere Wege. Innerhalb weniger Monate wurde Luisa zur echten Gesellschaftslöwin; ich hingegen sitze weiter allein an meinem Computer.

    Im pompösen Himmelbett in ihrer Hotelsuite träumt sie vorm Einschlafen von der perfekten Garderobe, besetzt in Gedanken einen Hut mit Federn, sinnt über die Wirkung des am Vortag bestellten maßlosen Perlencolliers nach. Sie sieht sich ganz in Rot, zögert, erwägt Weiß, oder nein, doch lieber Silberlamé. Draußen rüttelt der Märzwind an den Kastanienknospen. Dienstag ist sie zu einem Wohltätigkeitsball zugunsten verlassener Kinder eingeladen; sie hat zu dem Anlass das Kostüm der byzantinischen Kaiserin Feodora rekonstruieren lassen, das Sarah Bernhardt 1882 getragen hat. Sie erinnert sich an die Fotos der Schauspielerin, die sie als kleines Mädchen so sehr verehrt hatte, daran, wie sie ihr Gesicht ausschnitt und in eine ägyptische Landschaft zwischen Schlangen einklebte. Der von der Firma René Lalique bestellte Schmuck samt Krönchen ist gestern eingetroffen, er ist herrlich. Dort funkelt er in seiner mit auberginenfarbenem Moiré ausgelegten Schatulle. Donnerstag geht sie zu einem Baby-Ball. Sie lächelt, als sie sich die alten Herren im rosa Schlafanzug zwischen dem Riesenspielzeug vorstellt, die aus Babyfläschchen ihren Champagner nuckeln. Sie weiß, man wird hinter ihr hermurmeln, dass sie die Maitresse von Gabriele D’Annunzio sei. Sie wird ein Kleinmädchenkleid tragen, wie Kate Greenaway sie gezeichnet hatte, dazu ihr seit neuestem mahagonifarben getöntes Haar, ein lebendes Gemälde. Die Stoffe kreisen in ihrem Kopf, bis die perfekte Kombination gefunden ist. Am Abend darauf im Palazzo del Quirinale wird sie ganz mit Gold bestickt dem König und der Königin von Italien ihre Aufwartung machen. Im Nu weiß sie, welche Accessoires dazu am wirkungsvollsten sind, und beglückt überschüttet sie sich in Gedanken mit einem Springbrunnen von Edelsteinen, um sich dann sehnsuchtsvoll in ihr Daunenkissen zu schmiegen. Sie wird sich Orchideen ins Haar stecken. Orchideen ähneln ihr – exotisch und stolz.

    Camillo genoss die Auswirkungen dieses mondänen Daseins auf seine Weise. Luisa verstand es, kunstsinnig Kuriositäten und dekorative Objekte zu sammeln, ihr Durst nach Einkäufen und Neuerungen war nie gestillt, und so war ihrer beider Unterkunft mit immer wunderlicherem Geschmack ausgestattet. Für die Abendessen, die sie veranstalteten, gab sie ohne zu zögern kleine Vermögen aus. Sie empfingen dann in ihrer Hotelsuite oder an ungewöhnlichen Orten, die sie für die Gelegenheit anmietete. Rasch waren ihre Abendeinladungen die begehrtesten von ganz Rom. Und indem er die Marchesa frei kommen und gehen ließ, konnte Camillo ungestört seiner eigenen Lieblingsbeschäftigung frönen, der Jagd. Ob er ihr je Vorwürfe gemacht hat? Hatten sie eine Aussprache? Camillo sah sich vor vollendete Tatsachen gestellt, seine Frau amüsierte sich in Rom inmitten von Paillettengeglitzer und Musik. Er zog die

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