Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman
ein zweites zu gründen, in das die scheidenden Mitglieder gleich wieder, und zwar im Geheimen, eintreten. Ich persönlich würde gern weiter für den Guten Roman arbeiten. Mir fallen andauernd Titel ein, die man ein bisschen fördern sollte. Meine Zusatzliste fürs nächste Jahr ist schon ziemlich weit gediehen.«
Sie schwieg. Da niemand etwas sagte, fragte sie, ein wenig scharf: »Finden Sie den Vorschlag dumm?«
»Keineswegs«, sagte Jean Tailleberne. »Mir gefällt er. Ich bin für das Komitee Nummer zwei.«
»Ich auch«, sagten wie aus einem Munde Évohé, Néon, Le Gall und de Winter, der noch ergänzte: »Es gibt keine bessere Methode der Geheimhaltung. Ein klassischer Trick der Geheimdienste.«
Marie Noir hatte Vorbehalte.
»Nun, da wir einander kennen, werden wir nicht mehr genauso arbeiten können wie früher.«
Doch darüber war man geteilter Meinung. Schließlich konnte man sich seine Unabhängigkeit leicht bewahren und notfalls sogar Freundschaften ein wenig ruhen lassen. Le Galls Vorschlag, das neue Komitee vorerst nur für ein Jahr einzusetzen, fand einhellige Zustimmung. Alle hielten es für besser, diese Art Geheimvorstand des Guten Romans nach einem Jahr neu zu bilden.
»Ich behalte mir die Entscheidung über meine Teilnahme noch vor«, sagte Marie Noir.
Van schlug vor, nun über die Pressemitteilung nachzudenken.
»Wir werden einige Zeit brauchen, um sie aufzusetzen«, sagte er und sah niemanden im Besonderen an. »Sie können also auch in Ruhe darüber nachdenken, ob Sie sie unterzeichnen wollen. Heute ist Mittwoch, der 14., datieren wir das Kommuniqué also auf den 15. Dezember. Es soll drei Punkte enthalten, darüber waren wir uns doch einig? Zusammenfassung der Ereignisse, Strafanzeige, Auflösung des Komitees.«
Es war halb eins, als sie die Sitzung beendeten.
»Gehen wir doch gemeinsam hinaus«, schlug Marie Noir vor. »Schluss mit der Heimlichtuerei.«
Auch sie hatte, wie die übrigen sechs, das Kommuniqué unterzeichnet.
Als sie draußen waren, wo es immer noch in nassen Flocken schneite, hielt Le Gall Van ein wenig zurück.
»Dann werde ich Collet Monté also nie sehen?«, fragte er. »Nach dem, was Sie mir in Rennes erzählt hatten, stellte ich sie mir wunderschön vor.«
»Wieso meinen Sie, Sie hätten sie heute Abend nicht gesehen?«, versuchte Van sein Glück.
»Mir ist heute keine englische Schönheit aufgefallen. Als solche haben Sie sie beschrieben.«
»Ich fürchte, weder Sie noch ich werden sie in Zukunft noch einmal zu Gesicht bekommen«, sagte Van. »Sie wird zur Fee Morgane und zu den Isolden unserer Träume zurückkehren, in jene Märchenwelt voller fantastischer Geschöpfe, von denen niemand weiß, ob sie wirklich existiert haben. Schon jetzt bin ich mir keineswegs sicher, dass so eine hinreißende und absolut nicht prüde Person unserem Komitee angehört hat, und Sie müssen sie einfach vergessen.«
Natürlich würden die Barbaren, die ja wussten, dass es acht Mitglieder gab, und deren Namen kannten, leicht die Identität des achten, nicht erwähnten Mitglieds herausfinden können, bemerkte Heffner. Sie könnten ganz einfach, zum Beispiel in einem Gegenkommuniqué, verkünden, es gebe ein achtes Mitglied, eine gewisse Anne-Marie Montbrun.
»Aber das sollte mich wundern«, setzte Heffner ruhig hinzu. »Es brächte ihnen nichts ein, und es würde sie vielleicht verraten.«
Über dieses Problem hatte Van, milde ausgedrückt, auch schon nachgedacht. Es hatte ihn so verfolgt, dass er in der Nacht nach der Sitzung nicht hatte einschlafen können. Das war ihm erst gelungen, als ihm klar wurde, wie klug es von Anne-Marie gewesen war, den Vorhang fallen zu lassen, was ihre Person und ihre Bücher anging. Wenigstens konnte, falls ihr Name doch fallen sollte, niemand eine Verbindu ng zwischen dieser Unbekannten und der Schriftstellerin Ida Messmer herstellen.
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I n der Presse gab es unterschiedliche Reaktionen auf dieses Kommuniqué und insgesamt eher wenige. In literarischen Zeitschriften erschienen ein paar Artikel, die diesen Namen verdienten. Den Tageszeitungen war es eine Kurzmeldung wert, den Wochenzeitungen eine Notiz. Als einziger Radiosender machte Radio Libertaire eine, übrigens exzellente, Sendung darüber. Die Fernsehsender, die sich so um Van bemüht hatten, schienen die Buchhandlung bereits völlig vergessen zu haben.
Die literarischen Klatschjournalisten interessierten sich nur für die Namen der sieben Komiteemitglieder. Die anderen
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