Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman
an. Können wir uns übrigens darauf verlassen, dass wir dreitausendfünfhundert große Romane finden?«
»Wenn wir die gesamte französische und ins Französische übersetzte Literatur mit den viereinhalb Jahrhunderten, die seit Erfindung der Buchdruckerei vergangen sind, multiplizieren, ja, ich denke schon.
Natürlich muss sich dieser Vorrat weiterentwickeln. Wir würden von den Komiteemitgliedern erwarten, dass sie uns jedes Jahr zwanzig bis fünfundzwanzig neue Titel nennen. Die Stammkunden unserer Buchhandlung hätten also jedes Jahr etwa zweihundert neue Titel zur Auswahl. Würde das bedeuten, dass wir zweihundert andere Titel aussortieren müssten?«
»Nein«, sagte Francesca. »Wir vergrößern uns. Unser Anfangssortiment ist zwangsläufig lückenhaft. Wir werden es so weit ausbauen wie nötig.«
Diese Worte erschienen Van als das Stichwort, auf das er schon lange wartete. Er kam auf die Frage der Finanzierung zu sprechen – zum ersten und zum letzten Mal.
»Machen Sie sich darum keine Gedanken«, sagte Francesca. »Halten Sie einfach für sich fest, dass auf jeden Fall genug Geld da ist.«
»Auch wenn wir Verluste machen?«
»Wie hoch die Verluste auch sein mögen und bis zum Ende meiner Tage.« Francesca lächelte. »Ich bin siebenundvierzig.«
Doch sie habe Verständnis dafür, dass Ivan sich nicht auf derart vage mündliche Zusagen hin in ein solches Abenteuer stürzen könne.
Van protestierte.
»Ich weiß«, fuhr sie fort, als habe er nichts gesagt. »Ich werde die Buchhandlung mit einem guten Kapital ausstatten, in einem notariellen Vertrag. Und darin werden Sie völlig abgesichert.«
»Nicht doch«, sagte Van.
»Mein Wort darauf.«
»Wenn Sie wüssten, wie sehr ich Ihnen vertraue. Und welche Risiken ich schon eingegangen bin. Bei Ihnen habe ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, in Sicherheit zu sein. Sicherheit ist übrigens ein sehr schwaches Wort für die Veränderung meiner Lebensbedingungen. Ich bin gewiss, dass Sie mir ermöglichen werden, zu meinem eigentlichen Selbst vorzudringen. Bitte verzeihen Sie die großen Worte.«
»Wir können scheitern.«
»Das glaube ich nicht.«
»Ich glaube es auch nicht, aber ich bitte Sie, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen.«
Ivan versprach es. Es war schon spät, Francesca und er trennten sich.
Am fünften Abend zog Van, kaum dass sie sich an den Tisch, der zu ihrem Stammplatz geworden war, gesetzt hatten, zwei mit Zahlen bedeckte Blätter aus der Tasche und legte sie vor sie hin.
»Wir haben uns gestern geirrt«, sagte er. »Es ist nicht schlimm. Nur ein Rechenfehler.«
»Bei den Listen?«
»Ja. Sie erinnern sich, wir haben bei unseren Überlegungen die Zahl von etwa zehn Komiteemitgliedern zugrunde gelegt, von denen jedes dreihundert Titel nennen sollte. Dann haben wir uns die Frage gestellt, wie viele Bücher wir zu Beginn insgesamt haben sollten, und eine Gesamtzahl von dreitausendfünfhundert bis viertausend angenommen. Aber das geht nicht zusammen. Heute Nacht bin ich aufgewacht. Ich habe es im Kopf überschlagen. Mir war so, als hätten wir unsere Rechnung zu hastig gemacht. Schließlich bin ich aufgestanden und habe zu Papier und Bleistift gegriffen.«
Er zeigte auf die beiden Bogen.
»Es ist ganz einfach. Der Fehler ist uns bei der Anzahl der Titel unterlaufen, die jedes Mitglied angeben soll. Nehmen wir an, das Komitee besteht aus acht Personen. Wir sind davon ausgegangen, dass von den dreihundert Titeln fünfzig auf jeder der acht Listen stehen würden. Das ergibt eine Gesamtsumme von fünfzig plus acht mal zweihundertfünfzig, das macht zweitausendfünfzig Bücher, also zu wenig.
Vor allem haben wir, das ist mir heute Nacht klar geworden, nicht die Titel berücksichtigt, die zwar nicht acht-, aber zwei- bis siebenmal genannt werden. Und ganz bestimmt wird die Hälfte der Titel mehrmals genannt. Man müsste wissen, wie viele zweimal genannt werden, wie viele dreimal und so weiter, bis hin zu achtmal. Eins ist sicher: Wenn wir mindestens dreitausendfünfhundert Bücher in der Buchhandlung haben wollen, müssen wir von jedem sechshundert Titel genannt bekommen.«
»Sechshundert!«
»Wenn die Hälfte jeder Liste aus Mehrfachnennungen besteht, dann sind das achtmal dreihundert, die zwar nicht zu einer Gesamtzahl von zweitausendvierhundert Titeln führen, aber doch zu, sagen wir, tausendzweihundert. Denen müssten wir noch die achtmal dreihundert Titel hinzufügen, die nur einmal genannt werden.
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