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Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman

Titel: Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Cossé
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unterzubringen. Und so sei er Buchhändler geworden, durch einen hübschen Zufall.
    Einmal besuchte er in Straßburg eine brachliegende Buchhandlung. Die Bücher waren in einem Ladenlokal, das einem Restaurant angeschlossen war. Der Wirt hatte die Buchhandlung zusammen mit dem Lokal gekauft. Es gibt immer wieder intellektuelle Gastronomen, die glauben, es gebe viele, die wie sie selbst sowohl ein delikates Mahl als auch ein Buch zu schätzen wissen, und daher bieten sie beides zugleich an. Doch in Straßburg gab es nicht genug von seiner Sorte, das Projekt war gescheitert. Der Nachfolger interessierte sich nur für das Restaurant. Die Bücher stapelten sich wild durcheinander in Kartons. Er suche einen Käufer dafür, erklärte der Wirt, er würde alles, Buchhandlung und Bücher, für fünfzehntausend Franc verkaufen.
    Van hatte keinen Sou. Er versuchte, einen Bankier dafür zu interessieren, doch vergebens. Er sprach mit B. darüber, der den Vertrag sofort unterzeichnete und Van bat, die Buchhandlung wieder in Schwung zu bringen.
    »Das waren meine Anfänge als Buchhändler«, sagte Van. »Ich fühlte mich schon sehr bald ganz zu Hause in diesem Metier.«
    Damals standen überall in Frankreich Buchhandlungen zum Verkauf. B. erwies sich als guter Geschäftsmann und kaufte etwa zehn auf, eine nach der anderen. Jedes Mal war es Vans Aufgabe, das Geschäft wieder in Schwung zu bringen. Sechs Monate war er in Vichy Buchhändler, sechs Monate in Marseille und so weiter.
    »Wir waren mehr oder weniger auf Comics spezialisiert«, sagte er.
    Er kümmerte sich gerade um eine Buchhandlung in Briançon, als B. plötzlich beschloss, sämtliche Geschäfte loszuwerden, er verkaufte sie alle und entließ Ivan formlos und ohne jede Abfindung.
    »Nach allem, was ich für ihn getan hatte, missfiel mir das natürlich«, sagte Van. »Vor Gericht gehen dauerte mir zu lange, ich hatte es eilig. Offen gestanden habe ich nicht viel nachgedacht. Ich hatte noch immer den Simca für meine Vertretertouren. In einer Nacht fuhr ich rückwärts die Tür der Buchhandlung in Briançon ein und schnappte mir jede Menge alter Comics, die ich selbst eingekauft hatte und deren Wert ich kannte. Damals wurden vergriffene Comics nicht neu aufgelegt, deshalb waren die alten Alben sehr teuer. Als Unterschrift für diese Tat ließ ich den Simca einfach so stehen, mit dem Heck in der Tür. Ich hatte einen Kumpel dabei, wir packten die Hefte in seinen Wagen. B. hat übrigens nie Klage erhoben.«
    Danach ließ sich Ivan in Pantin als Verkäufer antiquarischer Bücher nieder, er hatte sich auf Comics spezialisiert, weil diese am meisten einbrachten, aber zugleich entwickelte sich seine Liebe zur Literatur. Er hatte einen Stand auf dem Flohmarkt in Saint-Ouen. In wenigen Jahren verdiente er viel Geld. Er kannte vermögende Sammler. Wenn er irgendwo ein kostbares Album auftrieb, rief er die vier oder fünf Personen an, die dafür jeden Preis zu zahlen bereit waren, bestellte sie in sein Büro und versteigerte den Band dann.
    Doch im Grunde langweilte ihn das Geschäftliche. Eines Tages, als er die Taschen voller Geld hatte, ließ er alles stehen und liegen und bereiste Asien. »Ich war sechsunddreißig«, sagte er. »Und ich war ein wenig mehr als fünf Jahre unterwegs.«
    »Freizeit wird einem auf die Dauer genauso langweilig wie alles andere«, fügte er hinzu. »Vielleicht fehlten mir auch die großen Romane. In den Bahnhöfen, in denen ich Station machte, hatte man nicht gerade die beste Auswahl. Plötzlich reichte es mir, und ich kehrte nach Frankreich zurück.
    Ich hatte keinerlei Bindungen. In den wenigen Monaten in Briançon war ich dem Zauber der Berge erlegen. Ich kam mit völlig leeren Taschen zurück und dachte mir, in den Skiorten in den Alpen würde ich auf jeden Fall Saisonarbeit finden. Ich kaufte mir also eine Fahrkarte nach Chambéry.«
    Und in Chambéry ereignete sich der nächste Zufall, wieder eine Art Weichenstellung, Ivan kam am Arbeitsamt vorbei und ging hinein. Unter den Stellenangeboten am Schwarzen Brett fand er eine Buchhändlerstelle in Méribel. Es gab dreißig Bewerber. Van war der Einzige mit Berufserfahrung und bekam den Job. So landete er, zwei Tage nach seinem zweiundvierzigsten Geburtstag, bei Bono.
    »So viele Zufälle, und so glückliche«, bemerkte er wie zu sich selbst. »Man könnte sagen, ich bin durch Zufall Buchhändler geworden. Eigentlich wäre von Zufällen zu sprechen, und wenn der Zufall in der Mehrzahl auftritt, muss

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