Der Zauber der ersten Seite - Cossé, L: Zauber der ersten Seite - Au bon roman
Buchhändler zu, von dem nie zuvor jemand gehört hatte. »Wer ist Eigentümer dieser herrlichen Geschäftsräume am Odéon, wo die Immobilienpreise zu den höchsten von Paris gehören? […] Eine so wenig gewinnorientierte Buchhandlung verursacht unweigerlich jeden Tag mehr Kosten als Einnahmen. Wer zahlt? […] Dieses Unternehmen ist zum Scheitern verurteilt, es ist schon von seiner Art her nicht lebensfähig. Wer steckt dahinter? Wer versenkt so viel Geld in ein Projekt, das ganz offensichtlich darauf abzielt, das ohnehin bedrohte wirtschaftliche Überleben des Buchsektors zu sabotieren, indem es die Akteure dieses Sektors in Misskredit bringt?«
»Es ist erschreckend«, sagte Francesca. »Warum werden gegen uns, die wir nur an die Literatur denken und daran, den Roman zu rühmen und stärken, derartig hässliche Verdächtigungen geäußert? Wer kann uns so übelwollen? Wer fühlt sich durch den Guten Roman angegriffen?«
»Viele«, sagte Van. »Angefangen bei all den Autoren, deren Bücher nicht in unserer Buchhandlung stehen.«
»Aber diese Bücher sind doch woanders! Überall in den anderen zwölftausend Buchhandlungen!«
»Ich glaube, am wütendsten sind nicht Leute wie Jean-Christophe Grangé oder wie Marc Levy, ich meine die wenigen, deren Bücher sich millionenfach verkaufen. Denen dürfte es nichts ausmachen, wenn sie von einer Buchhandlung ignoriert werden. Obwohl ich keinen Erfolgsautor kenne, der nicht von seinem Talent überzeugt wäre. Doch unter all den anderen haben wir uns bestimmt Feinde gemacht. Denn nicht nur die reichen und berühmten Romanciers halten sich für herausragend. Die unbekannten denken das auch. Die nicht vom Erfolg Verwöhnten haben zumindest ein Talent, nämlich das, sich immer gute Gründe für ihr Ungemach auszudenken: Sie sind zu erlesen für den gemeinen Geschmack, ihrer Zeit voraus, schwimmen gegen den Strom der Mode, ihre Bücher sind nicht von der Sorte, die Kritiker mögen, haben nicht die Ausstattung, die sie bei ihrem Preis haben müssten … Am schlimmsten ist, dass es darunter wirklich einige gibt, die gefeierte Autoren sein sollten und zu Unrecht vernachlässigt werden. Aber das sind nicht viele, und ich bin sicher, die haben die Eröffnung des Guten Romans mit Freuden begrüßt. Die anderen nicht. All diese Autoren von Büchern, ›die es nicht wert sind‹, dürften uns nicht gerade lieben.«
»Genau wie die Verleger.«
»Und die Buchhändler, die sie verkaufen und um ihren geringen Wert wissen.«
»Und die Journalisten, die sie beweihräuchern, aus Konformismus, aus Faulheit oder um sich die Gunst der Verlage zu sichern …«
Francesca stellte ihm wieder und wieder die Frage, die sie quälte: »Glauben Sie, diese Leute sind organisiert? Kurz gesagt: Ist das ein Komplott?«
»Das ist keineswegs sicher. Vielleicht hat der erste Stein – der von diesem so genannten Abéha – die Missgunst einer ganzen Reihe von Leuten entfesselt, die meinen, jetzt könnten sie einfach draufhauen, die sich jedoch nicht unbedingt untereinander abstimmen. Aber ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts. Eins jedenfalls ist sicher, dieses Buchhändlerkollektiv hat es vor Ende Februar nicht gegeben. Wer dahintersteckt, habe ich immer noch nicht herausfinden können.«
In der Rue Dupuytren traf ein Brief ein, adressiert an »Monsieur Georg«. Unterzeichnet war er von B. d’Alsace. Diese Angriffe auf eine beispielhafte Buchhandlung, die niemandem etwas zuleide tut, erinnern mich an das, was ich, wenn natürlich auch in einer ganz anderen Größenordnung, bei Erscheinen meines ersten Buches erlebte. Ich hatte Jahre daran gearbeitet, mein einziges Bestreben war, einen möglichst guten Roman zu schreiben. Der Erfolg stellte sich sehr rasch ein. Und, zu meiner Verblüffung, im selben Maße auch die Angriffe. Populistische, konservative und so weiter. Ich, der ich ganz erfüllt war von der Freude über das Echo bei den Lesern und der ich dachte, ich nähme niemandem, wem auch immer, etwas weg, sondern käme einfach dazu, hatte plötzlich und zum ersten Mal im Leben Feinde, ich wurde von der Presse verunglimpft und von Leuten herablassend behandelt, die ich gar nicht kannte. Lassen Sie sie reden , schloss Ballon seinen Brief.
In der Woche darauf erschien unter dem Titel »Wer steht dahinter?« in La Turbine ein Artikel, der weder zustimmend noch ablehnend war und von einem Journalisten dieses Blattes unterzeichnet war. Der Journalist hatte sich völlig legal den Auszug K a des
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