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Der Zauber des Engels

Der Zauber des Engels

Titel: Der Zauber des Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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mit Kevin, sie später zu besuchen. Bis dahin hatte sich die ganze Aufregung ein wenig gelegt. Allerdings musste ich mich an einem abgehärmt aussehenden Mann vorbeidrängen, der hastig in ein Mikrofon sprach.
    Ich saß auf der Couch und hielt Jos schlaffe Hand. Sie war leichenblass und wirkte wie in Trance.
    »Ich habe gelesen, was sie über mich geschrieben haben«, hauchte sie. »›Fade und wertlos. Und zerstört eine Ehe.‹«
    »Sie sind nicht daran interessiert, dich so darzustellen, wie du wirklich bist«, antwortete ich fest. »Sie wollen nur ihre Auflage verkaufen.«
    »Allerdings«, sagte Kevin von seinem Wachtposten am Fenster. »Das sind doch alles bloß Ratten und Schmeißfliegen, lasst euch das gesagt sein.«
    »Ich bin immer noch der Meinung, dass wir mal mit dieser Journalistin reden sollten, Kevin. Dann würde sie den Artikel sicher richtigstellen.« Jos Mutter, die neben ihr auf dem Sofa saß, sah noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung hatte.
    »Unsinn, Claire, sei nicht naiv.«
    Die arme Jo. Ich erinnerte mich an unser Gespräch, als wir ein paar Sonntage zuvor von der Tate Gallery zurückgekommen waren und sie sich so sehr gewünscht hatte, schön zu sein. Das musste ungefähr der Zeitpunkt gewesen sein, als mit Johnny alles schiefzulaufen begann. Obwohl sie immer so fröhlich und zuversichtlich war, hatte Jo denselben Fehler gemacht wie viele von uns. Sie hatte sich eingebildet, glücklicher sein zu können, wenn sie einfach jemand anders war.
    »Bevor ich Johnny kennengelernt habe, war ich glücklich«, sagte sie jetzt elendig. »Ich wünschte, ich könnte das alles ungeschehen machen.«
    Jo fuhr zum Haus ihrer Eltern nach Kent, und ich dachte, die ganze Sache würde sich beruhigen. Aber vier Tage später, an Halloween, stand Pfarrer Quentin bei uns im Laden. Er hielt eine Ausgabe des Guardian in der Hand und zog ein ziemlich ernstes Gesicht.
    »Wissen Sie, wo Jo ist?«, fragte er. »Wir können sie nicht erreichen. Es ist ziemlich wichtig.«
    »Hat sie denn im Heim nicht Bescheid gegeben? Sie ist bei ihren Eltern«, antwortete ich. »Wenn Sie möchten, suche ich die Nummer schnell raus.«
    Ich holte meine Handtasche aus dem Büro, und er folgte mir in die Werkstatt. Während ich mein Adressbuch durchblätterte, schaute er sich den Engel an. Vorsichtig berührte er das Glas, ein entrückter Ausdruck trat in sein Gesicht.
    »Ich hoffe, er wird Ihnen hier nicht mehr lange wertvollen Platz wegnehmen. Gestern habe ich den Generalvikar angerufen, um mich zu erkundigen, wie weit das Genehmigungsverfahren gediehen ist … ah ja, danke.« Jeremy steckte den Zettel mit Jos Nummer bei ihren Eltern in Kent ein. »Das hier haben Sie sicher gelesen, oder?« Er legte die Zeitung auf die einzige freie Stelle der Werkbank und zeigte auf einen Artikel mit der Überschrift »Mädchen-Heim. Korruptionsverdacht gegen Parlamentarier«.
    Hastig überflog ich den Text.
    Im Zusammenhang mit der Enthüllung der Affäre zwischen Hinterbänkler Johnny Sutherland und einer Angestellten des St.-Martin’s-Heims in Westminster hat ein Mitglied des Bewilligungsausschusses gestern versucht, Vorwürfe zu entkräften, Sutherland habe eine viertel Million Pfund an das Heim gezahlt. Sutherlands Geliebte, Jo Pryde, arbeitet dort als Betreuerin. »Wir behaupten nicht, dass das St.-Martin’s-Heim den Zuschuss nicht verdient hätte«, sagte Mary Coltrane, eine Sprecherin des Innenministeriums, »lediglich die Umstände, unter denen dieser Zuschuss gewährt worden ist, erscheinen fragwürdig. Jegliche Zahlungen an das Heim sind bis zur Klärung der genannten Umstände vorübergehend ausgesetzt.
    »Das ist ganz schön hart, oder?« So deprimiert hatte ich Jeremy noch nie gesehen, nicht einmal damals, als er mir die Nachricht überbracht hatte, dass die Kirche die Restauration des Engels nicht bezahlen würde. »Von diesem Zuschuss hängt sehr viel für uns ab. Sie verstehen jetzt sicher, warum wir Jo unbedingt erreichen müssen.«
    »Weil Sie ihr einige Fragen stellen wollen.«
    »So ist es.«
    Wenig später bedankte er sich und ging. Mit hängenden Schultern lief er durch die kleine Grünanlage zurück zum Pfarrhaus.
    Es war ein seltsamer Tag. Zac kam nicht ins Geschäft; sein Arche-Noah-Projekt war angenommen worden, und er traf sich mit einigen Leuten von der Kirche, um die Einzelheiten zu besprechen. Amber tauchte wider Erwarten auch nicht auf, was mich ein wenig beunruhigte, denn sie war sonst immer so

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