Der Zauber des weissen Wolfes
fremd. Trotzdem mußte er sich eingestehen, daß ihm der Mann immer besser gefiel.
Es war schließlich Mondmatt, der den Vorschlag machte, eine Zeitlang zusammen zu reisen. Shaarilla warf Elric einen warnenden Blick zu und sprach sich dagegen aus, doch er kümmerte sich nicht darum.
»Na schön, Freund Mondmatt, da drei stärker sind als zwei, schätzen wir deine Gesellschaft. Wir reiten auf die Berge zu.« Elrics Laune hatte sich gebessert.
»Und was sucht ihr dort?« wollte Mondmatt wissen.
»Ein Geheimnis«, antwortete Elric, und sein neuer Reisegefährte war diskret genug, um auf weitere Fragen zu verzichten.
3
So ritten sie weiter, während der Regen immer dichter fiel und zwischen den Felsen plätscherte und wisperte, während sich der Himmel wie matter Stahl über ihnen erstreckte und der Wind einen Todesgesang anstimmte. Drei kleine Gestalten trabten auf die schwarze Bergkette zu, die wie ein düsterer Gott über der Welt aufragte. Und vielleicht war sie ja ein Gott, der zuweilen lachte, während sie sich den ersten Ausläufern des Gebirges näherten, vielleicht war es auch nur der Wind, der durch das düstere Geheimnis von Schluchten und Abgründen, durch das Gewirr von Basalt und Granit pfiff, welches den einsamen Gipfeln entgegenstieg. Gewitterwolken bildeten sich um diese Berge, Blitze zuckten wie die Finger von Ungeheuern herab, die in der Erde nach etwas zu essen suchten. Donner grollte durch das Gebirge, und endlich offenbarte Shaarilla Elric ihre Gedanken, äußerte sie, als die Berge in Sicht kamen.
»Elric - wir wollen umkehren, ich bitte dich! Vergiß das Buch - zu viele Kräfte wenden sich gegen uns. Erkenne die Vorzeichen, Elric, sonst ist unser Schicksal besiegelt!«
Doch Elric schwieg grimmig, wußte er doch seit einiger Zeit, daß das Mädchen an der Expedition, die sie angeregt hatte, die Lust zu verlieren begann.
»Elric - bitte! Wir werden das Buch nie erreichen. Elric, kehre um!«
Sie ritt neben ihm und zupfte an seiner Kleidung, bis er sich ungeduldig von ihr losmachte.
»Mein Interesse ist zu groß, als daß ich noch anhalten könnte«, sagte er. »Entweder führst du mich weiter auf dem richtigen Weg - oder du sagst mir, was du weißt, und bleibst hier zurück. Du wolltest von der Weisheit des Buches kosten -ein paar kleine Hindernisse auf der Reise haben dich nun erschreckt. Was wolltest du erfahren, Shaarilla?«
Sie antwortete nicht, sondern fragte ihrerseits: »Und was wolltest du wissen, Elric? Du hast mir von Frieden gesprochen. Nun, ich warne dich, Frieden wirst du in den schroffen Bergen dort nicht finden, wenn wir sie überhaupt erreichen.«
»Du hast mir nicht alles gesagt, Shaarilla«, sagte Elric eisig, ohne den Blick von den schwarzen Gipfeln vor sich zu nehmen. »Du besitzt Informationen über die Kräfte, die uns aufhalten wollen.«
Sie zuckte die Achseln. »Unwichtig - ich weiß wenig. Mein Vater äußerte vor seinem Tode einige unbestimmte Warnungen, das ist alles.«
»Was hat er gesagt?«
»Er sagte, der Wächter des Buches würde seine ganze Macht aufbieten, um zu verhindern, daß die Menschheit sein Wissen für sich nutzt.«
»Und?«
»Das war alles. Doch es genügt, weil ich jetzt erkennen muß, daß die Warnung meines Vaters berechtigt war. Es war der Wächter, der ihn tötete, Elric - oder ein Helfer des Wächters. Ich möchte nicht dasselbe Schicksal erleiden, auch wenn mir das Buch vielleicht nützen könnte. Ich hatte dich für mächtig genug gehalten, mir zu helfen - aber daran zweifle ich jetzt.«
»Ich habe dich bis jetzt beschützt«, stellte Elric fest. »Jetzt sag mir, was du im Buch zu finden erwartest.«
»Dazu schäme ich mich viel zu sehr.«
Elric wiederholte die Frage nicht, doch nach kurzer Zeit sprach sie leise, beinahe flüsternd weiter: »Ich wollte meine Flügel finden«, sagte sie.
»Deine Flügel - du hoffst, das Buch verrät dir einen Zauber, mit dem du dir Flügel wachsen lassen kannst?« Elric lächelte ironisch. »Deshalb suchst du nach dem Buch mit dem mächtigsten Wissen der Welt?«
»Wenn du in deinem Land als Krüppel gältest, würde es dir auch wichtig vorkommen!« rief sie trotzig.
Elric wandte ihr das Gesicht zu, in seinen roten Augen funkelte es seltsam. Er hob eine Hand an die totenbleiche Haut, und ein schiefes Lächeln erschien auf seinen Lippen.
»Ich habe ähnlich gefühlt wie du«, sagte er leise. Mehr äußerte er dazu nicht, und Shaarilla blieb beschämt zurück.
Schweigend ritten sie weiter, bis
Weitere Kostenlose Bücher