Der Zauber eines fruehen Morgens
hatte.
»Es wird schon gut gehen«, sagte er und tätschelte ihre Wange. »Ich kann sehen, wie nervös Sie sind – ein furchtbarer Gedanke, dass er stolpern und hinfallen könnte. Aber Jimmy kommt gut mit den Krücken zurecht; er soll sich nur nicht zu viel zumuten.«
»Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie frohe Weihnachten«, erwiderte sie. »Und danke für die Fahrten, die guten Ratschläge und Ihre Freundlichkeit.«
»Auch Ihnen frohe Weihnachten! Jimmy kann von Glück reden, eine so bezaubernde Frau wie Sie zu haben. Erinnern Sie ihn ab und zu daran und packen Sie ihn nicht in Watte! Er ist ein erwachsener Mann, kein kränkelndes Kleinkind.«
Als Belle wieder ins Haus ging, sah sie Garth mit einem Glas Whisky in der Hand aus der Schankstube kommen.
»Falls das für Jimmy ist, kannst du es gleich wieder zurückbringen«, sagte sie ruhig. »Es wird ihm kein bisschen helfen.«
»Ein Glas zur Beruhigung kann ihm nicht schaden«, erwiderte er mit dem eigensinnigen Gesichtsausdruck, den er so oft aufsetzte.
»Wenn er anfängt, auf Whisky zurückzugreifen, um den Tag zu überstehen, wird es für uns alle schlimm, nicht nur für ihn«, fuhrsie ihn an. »Es ist für ihn schwer genug, in nüchternem Zustand mit seinen Krücken zurechtzukommen. Wenn er betrunken ist, wird er stürzen und sich verletzen. Abends, wenn er schon oben ist, kann er gern ein, zwei Gläser trinken, sonst aber nicht.«
»Du, mein Fräulein, wächst dich zu einer Keifzange aus.« Und damit drehte Garth sich um und ging in den Schankraum zurück.
Sie aßen wie gewöhnlich um sechs in der Küche zu Abend, bevor Garth die Schenke wieder aufsperrte. Es gab Mogs Spezialgericht, Steak-and-Kidney-Pie, eine Lieblingsspeise von Jimmy, doch er schob das Essen auf seinem Teller herum und aß nur ein paar Bissen. Belle bedeutete Mog, seinen mangelnden Appetit nicht zu erwähnen. Aber beim Milchreis und den eingelegten Pflaumen langte er kräftig zu.
»Du hast Milchreis zubereitet, als du in Seven Dials zum ersten Mal für uns gekocht hast«, bemerkte er. »Damals habe ich gehofft, dass du bei uns bleibst.«
Mog errötete. »Dass du dich daran erinnerst!«, sagte sie erfreut. »Aber es war eine Freude, für dich und Garth zu kochen. Meine Güte, hattet ihr einen Appetit!«
Nachdem Belle beim Abwasch geholfen hatte, schlug sie Jimmy vor, nach oben ins Wohnzimmer zu gehen. »Dort brennt ein Feuer im Kamin, und es ist ruhiger und gemütlicher als hier unten.« Sie war nicht sicher, ob Garth ihn nicht doch in die Schankstube locken würde, wenn er in der Küche blieb.
Ein seltsamer Ausdruck huschte über Jimmys Gesicht, ob Panik oder Verärgerung, hätte Belle nicht sagen können, aber er stemmte sich trotzdem aus dem Sessel.
In der Diele setzte er sich auf die Treppenstufen, hielt sich am Geländer fest und zog sich Stufe für Stufe nach oben, genau wie Belle es in Haddon Hall beobachtet hatte. Sie nahm seine Krücken und folgte ihm.
Als er ins Wohnzimmer kam und den Baum, den Weihnachtsschmuck und das Feuer im Kamin sah, zeigte er zum ersten Mal seit seiner Heimkehr Gefühle. »Es sieht so schön und anheimelnd aus!«, sagte er, drehte sich zu ihr um und lächelte sie an. »Wie an den ersten Weihnachten nach unserer Heirat.«
Er setzte sich in den Sessel vor dem Kamin, und Belle zog die Vorhänge zu. »Wir können Karten spielen. Oder lesen. Ich habe ein paar Bücher aus der Bibliothek geholt, von denen ich dachte, dass sie dir vielleicht gefallen.«
»Oder wir sitzen einfach da und schauen ins Feuer«, meinte er. »Früher warst du nie so zappelig. Ist es meinetwegen?«
»Ich glaube, es liegt daran, dass wir so lange voneinander getrennt waren«, bekannte sie. »Für dich muss es genauso sein. Wir können die Uhr nicht zurückstellen und in die Zeit zurückkehren, bevor du nach Frankreich gegangen bist.«
Sie setzte sich neben seinem Sessel auf den Kaminvorleger. »Dafür haben wir früher fast nie Zeit gehabt«, sagte sie. »Du hast immer in der Schankstube gearbeitet, und ich habe hier oben Hüte entworfen.«
Er streckte eine Hand aus und legte sie auf ihre Schulter. »Aber damals hatten wir einander immer viel zu erzählen. Man sollte meinen, dass es nach all der Zeit noch mehr zu sagen gäbe.«
»Ich denke, in ein paar Tagen ist es wieder so.« Sie lächelte ihn an. »Für mich war es auch seltsam, wieder hierherzukommen, und für dich muss es noch merkwürdiger sein.«
»In Haddon Hall war alles einfach«, stellte er nachdenklich fest.
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