Der Zauber eines fruehen Morgens
anders als erwartet ablaufen würde. Aber Belle blieb nichts anderes übrig, als sie im Geschäft zu lassen. Sie musste nach Hause und sich eine Ausrede ausdenken, warum sie über Nacht wegbleiben würde. Außerdem brauchte sie saubere Laken, Handtücher und ein paar andere Utensilien.
»Keine Angst, ich bleibe nicht lang fort! Wollen Sie nicht IhrKleid und Ihr Korsett ablegen? Dann haben Sie es viel bequemer, und ich kann Ihnen eines meiner Nachthemden mitbringen.«
Belle trat zur Hintertür hinaus auf die schmale Gasse hinter der Häuserzeile. »Ich werde auf demselben Weg zurückkommen«, rief sie Miranda noch zu. Auf dem Heimweg machte sie sich im Geist eine Liste der Dinge, die sie brauchen würde, und überlegte sich, was sie Jimmy erzählen sollte.
Das Glück war auf ihrer Seite. Mog, die allein in der Küche war und einen Kuchen backte, berichtete, dass Jimmy und Garth nach Lewisham gefahren waren, um neue Stühle für das Gasthaus zu bestellen.
Da Belle es einfach nicht fertigbrachte, Mog zu belügen, platzte sie mit der Wahrheit heraus.
»Ich weiß, was du sagen willst«, schloss sie. »Ich hätte sie nach Hause schicken und mich nicht einmischen sollen, aber das kann ich nicht, Mog.«
Die Ältere machte ein bestürztes Gesicht und sagte einen Moment lang gar nichts. Belle konnte die widerstreitenden Gefühle, die in ihr kämpften, förmlich sehen.
Schließlich hob sie hilflos die Hände, als schien sie zu dem Schluss gekommen zu sein, dass Belle tatsächlich keine andere Wahl gehabt hatte, als dem Mädchen zu helfen. »Ich glaube, ich hätte ihr denselben Vorschlag gemacht. Aber so etwas kann ins Auge gehen, Belle. Ich habe von Frauen gehört, die daran gestorben sind. Versprichst du mir, sofort einen Arzt zu rufen, wenn irgendetwas passiert, wenn sie zum Beispiel Fieber bekommt?«
»Natürlich«, antwortete Belle. Sie hatte sich schon eine Ausrede für einen derartigen Notfall ausgedacht: Der Unfall mit der Kutsche hatte bei Miranda eine Fehlgeburt ausgelöst, und sie, Belle, hatte sie lieber im Laden behalten, statt sie nach Hause zu schicken.
Es war typisch für Mog, keine Zeit mit Vorhaltungen zu verschwenden. Sie lief schnell nach oben, um ein Laken, einen Stapel Handtücher, eine Decke und ein paar saubere Stoffstreifen für die Blutungen zu holen. Im Handumdrehen war sie wieder unten, noch bevor Belle ihr hastig zubereitetes Sandwich aufgegessen hatte.
Mog brachte auch Medizin in einer braunen Flasche mit. »Gib ihr davon alle drei bis vier Stunden ein, zwei Teelöffel! Es hilft bei Schmerzen und wirkt fiebersenkend«, erklärte sie. »Jimmy werde ich sagen, dass du über Nacht bei Lisette bleibst, weil Noah weg ist und sie sich einsam fühlt. Er wird sich nichts dabei denken, immerhin erwartet sie ein Kind. Aber du musst es später mit Lisette absprechen, damit sie nicht die Katze aus dem Sack lässt.«
Belle rannte nach oben, um ein paar Sachen zu holen, und als sie zurückkam, packte Mog bereits eine kleine Reisetasche und verstaute in einer anderen einen Topf Suppe zum Aufwärmen, Apfelkuchen und eine kleine Flasche Brandy.
»Nur ein paar Happen, falls ihr Hunger bekommt«, sagte sie, nahm Belle die Sachen ab und packte sie ein. »Und warme Milch mit einem Schuss Brandy hilft ihr vielleicht, nachher wieder auf die Beine zu kommen.«
Belle nahm Mog in die Arme und drückte sie an sich. »Du bist so ein Schatz«, murmelte sie. »Danke, dass du nicht böse auf mich bist!«
Mog trat zurück, hielt jedoch Belles Arme fest und sah sie direkt an. »Wie könnte ich dir böse sein, weil du ein gutes Herz hast?«, erwiderte sie. »Ich komme morgen früh, bevor die Männer wach sind, auf einen Sprung vorbei, bloß um nachzuschauen, wie es dem Mädchen geht. Achte darauf, dass alles sauber ist, und setz Wasser auf, damit du sie untenherum waschen kannst! Vielleicht geht es ihr schlecht, wenn es so weit ist. Lass dich davon nicht allzu sehr schrecken! Aber wenn sie das Bewusstsein oder sehr schnell viel Blut verliert, rufst du sofort einen Arzt, egal, was sie sagt!«
Belle wurde klar, dass Mog schon anderen Mädchen in Fällen wie diesem beigestanden hatte, eine weitere Seite ihrer Vergangenheit, die sie nie erwähnt hatte.
»Das mache ich«, versprach sie. Plötzlich war ihr ziemlich mulmig zumute.
Mog umarmte sie noch einmal. »In Gedanken bin ich bei dir. Und jetzt geh, bevor Jimmy zurückkommt!«
Miranda saß neben der offenen Hintertür auf einem Stuhl, als Belle sich mit ihren zwei
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