Der Zauber eines fruehen Morgens
über genug Geld verfügt, um ein Haus zu kaufen, nicht ich. Es ist ihre Entscheidung.«
»Ja, das weiß ich«, sagte Mog. »Aber du darfst dich nicht verpflichtet fühlen, bei mir zu bleiben, falls ich das Haus nehme, Belle. Das möchte ich nicht. Es wird immer dein Heim sein, doch du musst dir überlegen, was du aus deinem Leben machen willst. Du sollst nicht bei mir bleiben, nur weil du glaubst, nicht anders zu können.«
Belle runzelte die Stirn. »Aber wir hatten doch geplant, zusammen ein Geschäft aufzubauen.«
»Ich weiß, und das würde mir auch sehr gefallen, sicher. Doch hier gibt es keine jungen Männer, Belle, und ich möchte nicht, dass du als alte Jungfer endest. Ich würde mich freuen, wenn du irgendwann wieder heiratest.«
»Darauf kannst du lange warten«, lachte Belle. »Ich werde nie wieder einen Mann lieben.«
»Das glaube ich im Moment von mir auch«, sagte Mog. »Aber das liegt daran, dass wir beide erst seit einigen Monaten verwitwet sind. Ich komme allerdings in die Jahre, du jedoch bist jung und schön. Jimmy hätte nicht gewollt, dass du den Rest deines Lebens allein verbringst.«
»Dass es hier keine jungen Männer gibt, stimmt nicht ganz, Mog«, warf Vera ein. »Meine Brüder kommen bald zurück und noch ein paar andere Burschen in ihrem Alter. Doch ich kann mir nicht vorstellen, dass dir einer von ihnen zusagen würde, Belle. Sieh mich an, ich bin ein gutes Beispiel dafür, was mit den ›Blumen von Russell‹ passiert! In den Augen meiner lieben Mitbürger bin ich schon eine alte Jungfer.«
»Dann solltet ihr zwei vielleicht nach Auckland ziehen«, meinte Mog.
Vera lachte. »Ich bin stark in Versuchung, genau das zu tun. Meine Mutter macht mich wahnsinnig. Es war schlimm genug, bevor ich nach Frankreich gefahren bin, aber jetzt ist es geradezu unerträglich. Ich habe keine Lust mehr, in der Backstube zu stehen.«
Sie trällerte: »How ya gonna keep them down on the farm, after they’ve seen Paree?«
Belle prustete los. »Hast du dir das gerade ausgedacht?«
»Nein, ein paar Amerikaner im Lazarett haben das immer gesungen. Sie haben es in New York in einer Music Hall gehört, bevor sie nach Frankreich aufgebrochen sind. Ich habe das Lied auch auf dem Grammofon gehört; anscheinend ist es in Amerika sehr populär. Das wirst du übrigens auch bald merken: Wir sind richtiggehend abgeschnitten vom Rest der Welt. Musik, Mode, Kunst, neue Bücher – nichts davon gelangt zu uns.«
»Das kümmert mich nicht«, sagte Mog.
Vera seufzte und machte ein beschämtes Gesicht. »Ich fühle mich mies, weil ich euch nicht schon in England vorgewarnt habe, doch wisst ihr, mir ist es auch erst aufgefallen, als ich wieder in Russell war, und da wart ihr schon unterwegs.«
Mog legte einen Arm um jedes Mädchen und zog die beiden an sich. »Nun, jetzt sind wir hier, und mir gefällt es. Aber falls es für euch zwei zu langweilig ist, nachdem ihr ›Paree‹ gesehen habt, müsst ihr einen Ort suchen, der euch eher zusagt.«
»Ich laufe nicht weg, ehe ich Russell eine faire Chance gegeben habe«, erklärte Belle fest. »Mir gefällt es hier auch, und bevor wir an Alternativen denken, sollten wir objektiv überlegen, was wir in Russell auf die Beine stellen könnten.«
Sie verbrachten eine gute Stunde damit, Haus und Garten zu inspizieren, und Mog fertigte eine Liste der Dinge an, die erneuert werden mussten. »Ich brauche ein paar Tage Bedenkzeit«, sagte sie schließlich, bevor sie gingen. »Ich muss herausfinden, wie viel dasHaus wert ist und wie teuer die Reparaturen werden, ehe ich mich entscheide.«
Der April ging in den Mai über, ohne dass ihnen aufgefallen wäre, wie schnell die Zeit verging. Mog hatte Spaß daran, Don in der Bäckerei zu helfen, und nachdem sie ihm ein paar ihrer Kuchenrezepte verraten hatte, stellte sie zu ihrer Freude fest, dass die fertigen Produkte nicht nur verkauft, sondern immer wieder von Kunden verlangt wurden. Mit Veras Hilfe hatte sie die Kosten für die Reparaturen am alten Phillips-Haus ausgerechnet und bot Mr. Henderson einhundert Pfund für das Anwesen an. Sie erwartete, dass er einen so niedrigen Preis als Beleidigung empfinden würde, aber er stimmte fröhlich zu und übernahm sogar die anfallenden Gebühren für den Verkauf.
Belle hatte begonnen, mit Wasserfarben zu malen, und obwohl es oft ein bisschen kühl wurde, wenn sie längere Zeit am Strand saß, liebte sie es so sehr, die See und die Boote zu malen, dass sie es kaum wahrnahm. Wenn sie so
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