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Der Zauber eines fruehen Morgens

Der Zauber eines fruehen Morgens

Titel: Der Zauber eines fruehen Morgens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lesley Pearse
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dasaß und malte, kam ihr häufig zu Bewusstsein, dass es in ihrem Leben noch nie eine Phase gegeben hatte, in der sie sich so entspannt und gelöst gefühlt hatte wie jetzt. Selbst in der Zeit vor Garths und Mogs Heirat, als Mog und sie in Blackheath zur Untermiete wohnten, während Garth den Kauf des Railway Inn vorbereitete, war immer eine gewisse Anspannung spürbar gewesen. Anfangs, weil sie beide sich bemüht hatten, richtige Damen zu werden, um im Ort akzeptiert zu werden, später, nach der Eröffnung des Hutsalons, wegen der Sorge, ob der Laden ein Erfolg werden würde. Es hatte Belle sehr glücklich gemacht, mit Jimmy verheiratet zu sein, Hüte anzufertigen und ihr Geschäft wachsen zu sehen, doch es hatte nie längere Perioden der Muße gegeben wie hier in Russell.
    Unabhängig von Beruf oder privaten Verhältnissen hatte der Krieg allen viel abverlangt: die Angst, einen geliebten Menschen zu verlieren, der Schmerz, wenn dieser Verlust eintrat, Bombenangriffe, Rationierungen und andere Härten einschließlich der grauenhaften Grippeepidemie, die sie ganz zum Schluss getroffen hatte. Aber das war nun alles vorbei; Belle hatte in einer Zeitung ein Zitat des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson gelesen: »Ein Krieg, der das Kriegführen beenden sollte«. Sie hoffte inständig, dass dieser Wunsch in Erfüllung ging. Außerdem hatte sie das Gefühl, dass Mog und sie endlich einen Platz gefunden hatten, wo sie ganz sie selbst sein konnten, wo sie nicht vorgeben mussten, feine Damen zu sein, oder sich fürchten mussten, ihre Meinung laut auszusprechen. Hier konnten sie das Leid und die Verletzungen der Vergangenheit endgültig hinter sich lassen.
    Spud, Tony und die anderen beiden jungen Männer aus Russell kamen Ende Mai endlich nach Hause und wurden von der ganzen Stadt stürmisch gefeiert.
    Veras jüngere Brüder waren ihr vom Wesen her sehr ähnlich: freimütig, herzlich, nett und mit viel Sinn für Humor. Beide waren viel größer als ihre Schwester und hatten braunes Haar, aber die gleichen tiefblauen Augen. Alle stellten fest, dass sie Russell als junge Burschen verlassen hatten und als Männer zurückgekehrt waren.
    Peggy war entsetzt zu sehen, dass das, was Spud an seinem rechten Arm und Bein als »Kratzer« bezeichnete, in Wirklichkeit sehr hässliche Narben waren, doch Spud tat es mit einem Lachen ab und meinte, er könne von Glück reden, dass er keinen Wundbrand bekommen hatte, weil er in tiefen Schlamm gestürzt und stundenlang dort gelegen habe, bevor er in ein Feldlazarett gebracht worden war.
    Mog und Belle hatten mit dem Beziehen ihres Hauses eigentlich warten wollen, bis der neue Herd, den sie in Auckland bestellt hatten, geliefert und aufgestellt worden war, aber angesichts der Rückkehr der Jungs änderten sie ihre Meinung. In Peggys und Dons Haus war es sehr eng geworden, und es schien nicht in Ordnung zu sein, von Spud und Tony zu erwarten, im Wohnzimmer auf demFußboden zu schlafen, auch wenn sie behaupteten, es mache ihnen nichts aus.
    Doch da das Dach des ehemaligen Schusterhauses ausgebessert worden war, war ihr neues Heim immerhin wetterfest. Das Haus von oben bis unten zu reinigen war Schwerstarbeit gewesen; sie hatten den Abfall verbrannt und die Möbel und andere Gegenstände, die sie nicht brauchten, einfach nach draußen gestellt, wo sie jeder, der interessiert war, mitnehmen konnte. Zu ihrer Freude war fast alles innerhalb eines Tages verschwunden. Aber sie behielten den massiven Küchentisch aus Kauriholz, der sehr gut aussah, nachdem er gründlich vom Schmutz vieler Jahre befreit worden war, und das eiserne Bettgestell, das Belle und Vera abschrubbten und weiß lackierten. Auch zwei Küchenstühle durften bleiben sowie eine Kommode und die Werkbank. Mog schickte Noah ein Telegramm, in dem sie ihn bat, ihre eingelagerten Möbel so bald wie möglich zu verschiffen.
    Die Innenwände des Hauses bestanden aus Holzbrettern, die mit einer Schicht Vlies überzogen waren. Man hatte ihnen gesagt, dass Gips in Holzhäusern nicht sehr praktisch sei und eine Vliesschicht sich ohnehin besser als Untergrund für eine Tapete eigne. Im Erdgeschoss fanden sich Löcher in der Holzverkleidung, aber da sie in dem großen Raum unter dem Dach intakt war, ließen Mog und Belle die Wände mit der einzigen Tapete bekleben, die in der Gemischtwarenhandlung zu haben war. Sie war ein bisschen langweilig, hellblau mit einem zarten Muster in Beige, doch an der Wand sah sie erstaunlich gut aus. Mit der

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