Der Zauber von Avalon 01 - Sieben Sterne und die dunkle Prophezeiung
Gesicht näher kommen – und das schnell.
Doch plötzlich leuchteten die silbrigen Augen des Hoolahs auf. Tamwyn fiel wegen seines größeren Gewichts auf einen tieferen Ast. Der Hoolah grinste wieder, er wusste, dass er davongekommen war.
Doch gerade als Tamwyn den Baum erreichte, machte er etwas, womit der Hoolah nicht gerechnet hatte. Er streckte die Hand aus und packte seinen Gegner am Fußknöchel. Tamwyn krachte in die Zweige voller Ballonbeeren und zerrte den kreischenden Hoolah hinter sich her.
Durch Äste, knackendes Holz und platzende Beeren stürzten die beiden tiefer. Blätter, Rinde, abgebrochene Zweige, violetter Saft und das Nest eines Pechvogels fielen mit ihnen. Eher wie ein violetter Wirbelsturm als wie zwei Körper rumpelten sie durch die unteren Äste, knallten auf den Boden, rollten einen steilen Hang hinunter und sausten über ein Steingesims.
12
Das Lied des Reisenden
M acht dort drüben Halt!«, befahl Llynia und deutete auf eine flache Steinplatte unter einer Klippe. Die Stirnseite des Felsens, die hoch über ihnen aufragte, zeigte eher ein stumpfes Grau als das im Herbst gewohnte Goldbraun. »Wir ruhen uns ein paar Minuten aus – nicht länger, wir haben keine Zeit. Obwohl meine Füße eine Woche Rast brauchen könnten.«
Gerade lange genug für einen wütenden Blick drehte sie sich zu Fairlyn um. Der Baumgeist hielt in den schlanken Armen die Zügel von zwei Packpferden, die mit Kochgeräten, getrockneten Lebensmitteln und genug Wasserflaschen für mehrere Tage beladen waren, ganz zu schweigen von Llynias Kleiderbündeln, ihren persönlichen Sachen und ihrem alten ledergebundenen Band
Cyclo Avalon
mit den handgeschriebenen Randbemerkungen von Lleu dem Einohrigen.
»Und vergiss nicht, Fairlyn, die Pferde anzubinden! Sie sollen nicht mit allen unseren Vorräten davonlaufen, nur weil du leichtsinnig bist. Wie gestern im Bad.«
Fairlyn kniff die Augen zusammen, ihr Duft erinnerte jetzt an verbranntes Haar. Doch sie sagte nichts und führtedie Pferde hinüber zu einer jungen Eberesche am Fuß der Klippe. Ein paar Schritte hinter ihr ging Elli mit Nuics nebliger Gestalt auf der linken Schulter.
Llynia erreichte die Steinplatte und setzte sich mit einem lauten Seufzer. Sie zog ihre Lederschuhe aus und rieb sich finster die Füße.
»Geh mir aus den Augen, du unnützes Balg«, schrie sie Elli an. »Dich sollte ich alle diese Pferdelasten tragen lassen, für deine Frechheiten. Du bist nichts als ein Mühlstein an meinem Hals.«
Elli kniff die haselnussgrünen Augen zusammen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, gab ihr Nuic einen Rat.
»Kümmere dich nicht um sie«, sagte er. »Sie fühlt sich heute einfach ein bisschen
verfärbt
.«
Llynia hob den Kopf, der Zorn ließ die grünen Töne ihrer Haut noch mehr dunkeln. »Wenn das wieder eine deiner Bosheiten ist, Nuic . . .«
»Nein, nein, gar nicht.« Der Tannenzapfengeist nahm selbst ein mitleidiges Grün an. »Nur Sorge um dein Wohlbefinden.«
Llynia musterte ihn und kratzte sich dabei am Kinn – wo ein dreieckiger grüner Fleck kräftiger geworden war und wie ein Bart aussah. »Wenn das so ist, warum suchst du dann mit dieser unnützen Elevin dritter Klasse nicht mehr von diesem Kraut – dem zur Wiederherstellung der Hautfarbe. Was du mir heute Morgen gegeben hast, habe ich genommen.«
»Mit Vergnügen.« Nuic verbeugte sich leicht und flüs terte dann Elli aus dem Mundwinkel zu: »Besonders weilDissimint die Hautfarbe nicht
wiederherstellt
, sondern verändert.«
Elli zog die Augenbrauen hoch. »Du willst doch nicht sagen . . .?«
Ihr Maryth gab ein leises, melodisches Kichern von sich. »Genau. Es zieht die neuen Pigmente an die dunkelste Stelle. Und das bedeutet, dass sich der größte Teil ihres Gesichts aufhellt, genau wie der alte Nuic versprochen hat, während ihr kleiner Bart dunkler wird. Viel dunkler.«
Elli, die Fairlyn half die Pferde an die Eberesche zu binden, biss sich auf die Lippe, um nicht laut herauszulachen. »Ich glaube, ihre Stimmung wird auch dunkler.«
Fairlyn hatte diese letzte Bemerkung gehört und schwenkte einen ihrer langen Arme voll violetter Blüten vor Ellis Gesicht. Aber während sie sich streng zur Verteidigung ihres Schützlings aufzuraffen schien, duftete sie inzwischen nach geröstetem Mais – ein belustigter Geruch, falls es so etwas gab.
Elli bückte sich so tief, dass Nuic leicht hinunterrutschen konnte und ihr dabei in die Augen sah. »Du brauchst deine Zeit nicht zu verschwenden und
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