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Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore

Titel: Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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sich auch wandte, überall sah sie Verwüstung. Das alles beleidigte ihren Blick ebenso wie ihr Herz. Gebäude, die nicht bis zum Fundament abgebrannt waren, lagen zertrümmert da, die Fenster eingeschlagen und die geschmückten Eingänge zerstört. Der Vogelgarten mit Nestern aller Größe, die Vögeln aus jedem Reich Avalons gehörten, war verwüstet, als hätte hier ein Orkan getobt. Ellis Magen verkrampfte sich, als sie das alte Nest der legendären Seemöwe sah, das in dreieinhalb Jahrhunderten gebautund jetzt zerfetzt worden war. Und sie weinte fast, als sie im Dreck die verstümmelte Leiche eines jungen Larkonvogels erkannte. Nie mehr würde der winzige Vogel, nicht größer als Ellis Daumen, seine spiralförmige Lieblingsfrucht essen, nie mehr mit einem Lied das Morgengrauen feiern, nie mehr die Flügel ausbreiten und davonsegeln können.
    Wer hat das getan? Und warum?
, fragte sie sich, als sie und ihre Gefährten an den rauchenden Trümmern des Elevenwohnheims vorbeiliefen – in diesem Gebäude hatte sie vor nicht langer Zeit selbst gewohnt.
    Sie liefen durch lange Alleen mit Eichen, Buchen und Ebereschen, deren massige Stämme und geschwungene Äste grauenhaft zerschlagen waren. Freche Symbole waren hineingeschnitzt und fanden sich auch auf den schimmernden Steinwegen, die innere Ringe des Geländes darstellten. Auf den Steinen war der weiße Überzug aus Élano jetzt mit Exkrementen verschmiert.
    Als die Gruppe durch den berühmten Moosgarten der Drumaner kam, der einen ganzen Hang bedeckte und über fünftausend Moosarten enthielt, färbte sich Nuic plötzlich pechschwarz. Denn der Hang trug jetzt fast nichts mehr außer rauchenden Holzkohlehaufen und den Abdrücken schwerer Stiefel.
    Selbst die hohen Säulen des großen Tempels, die in den ersten Tagen Avalons aus dem versunkenen Fincayra gebracht worden waren, hatten der Zerstörung nicht standhalten können. Einige waren umgeworfen, wie die Gefährten es in der Vision auf Hallias Gipfel gesehen hatten. Anderewaren als Zielscheiben für Würfe mit Dreck und faulem Obst benutzt worden. Auf eine Säule hatte jemand gekritzelt:
Nieder mit der Harmonie – hoch mit der Menschheit.
    Plötzlich merkte Elli, dass noch etwas nicht stimmte – etwas weniger Offensichtliches, aber genauso Entsetzliches wie die ganze Verwüstung rundum. Es war nichts, was sie sehen konnte, sondern etwas, das
nicht
zu sehen war.
    »Nuic«, keuchte sie, während sie durch die Ruinen des Eichentors am Eingang zum Wohnsitz der Hohepriesterin liefen. »Wo sind denn alle? Keine Priesterinnen, keine Priester, keine Marythen! Das ganze Gelände ist verlassen!«
    »Leblos wie ein Grab«, sagte der Maryth auf ihrer Schulter.
    Elli sprang die Stufen zu Coerrias Häuschen hinauf, gefolgt von Brionna und Shim. Holz aus allen Teilen der sieben Reiche war gespendet worden, um diesen Wohnsitz zu bauen: uralte Eiche aus den Bergschluchten von Steinwurzel; robustes Eisenholz aus Feuerwurzel; glänzende Äste von Branwenna, das nur in den Regenbogenmeeren von Wasserwurzel wuchs und so flüssig war, dass die Äste an ihren Platz gegossen werden konnten; immergrüne Zypressen aus den Dschungeln von Africqua im oberen Malóch; Harmóna aus Waldwurzel, so voll von Musikmagie, dass es schon in der schwächsten Brise melodisch summte; fast unsichtbare Rinde von Eonia-lalo, Luftwurzels Wolkenbaum, und Rabenranken aus Schattenwurzel, die, wenn man sie verbrannte, Hitze erzeugten, aber keine Flammen. Es gab sogar über der Haupttür einen silbrigen Holzstreifen von Elna Lebram, dem berühmtesten Baum in El Urien:Zwischen seinen Wurzeln hatten Elfen lange Zeit ihre weisesten Gelehrten und Barden begraben.
    Alle diese Holzarten und weitere lagen zerbrochen, zersplittert und zerstreut auf dem Boden des Häuschens. Gleich nachdem die Gruppe hereingekommen war, krachten die Reste der verzierten Eichentür herunter – von Thule Ultima geschnitzt, dem größten Feenkünstler. Und dann sah Elli das Allerschlimmste.
    Coerria lag bewegungslos mit geschlossenen Augen auf einem Feldbett in der Diele. Ihr Körper und ihr schimmerndes Gewand aus Spinnenseide waren von einem braunen Wollschal voller Holzsplitter bedeckt. Das lange weiße Haar der Hohepriesterin fiel wirr und zerzaust über den Bettrand auf den Schmutz am Boden. Eine winzige Biene mit violetten Flügeln summte um ihren Kopf und versuchte hektisch, die Strähnen zu entwirren: Uzzzula, die ergebene Gefährtin der alten Frau. Wie jeder Maryth hatte Uzzzula

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