Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
die weißen Wellen auf und zerteilte sie wie eine Bö den See. Der Wind oder allein der Name ließ Elli schaudern. Selbst die Herrin zog den Schal ein wenig höher die Schultern hinauf und bedeckte das Amulett aus Blättern, das sie am Hals trug.
»Wir haben ihn gesehen«, begann Elli, musste sich aber unterbrechen und räuspern. »In einer Vision.«
»Ich weiß«, sagte die Herrin. »Denn die Vision ist auch mir erschienen.«
»Trotzdem habe ich gehofft, dass es nicht wirklich wahr sei. Dass er nicht wirklich hier sei.«
Nebel schob sich über die schmalen Handgelenke der Herrin. Ernst erklärte sie: »Er ist hier, Kind. So sicher wie das saphirblaue Einhorn nicht hier ist.«
Die Magierin holte langsam tief Luft. »Es gibt immer noch eine Möglichkeit, ihn zurückzuhalten und unsere Welt zu retten – auch wenn sie dünner ist als eine Spinnwebe.«
»Was ist das?«, fragte Elli. »Was müssen wir tun?«
»Viel, fürchte ich. Aber vor allem zweierlei. Zuerst müssen wir irgendwie die Sterne des Zauberstabs erneut zumLeuchten bringen. Und bald! Weil dein Freund Tamwyn nicht hier ist, nehme ich an, dass er sich bereits an diese Aufgabe gemacht hat.«
Elli nickte steif.
»Ich wollte nur, ich hätte zuerst mit ihm gesprochen«, sagte die Herrin bedauernd. »Ich hätte ihm viel über den Baum, die Sterne und auch über seinen Widersacher erzählen können. Aber jetzt muss er das alles allein entdecken.«
Elli fragte: »Du weißt also noch nicht einmal, ob er noch
. . .
«
»Am Leben ist? Doch, ich glaube, das ist er. Und darüber hinaus bin ich, einfach weil ich ihn kenne, auch voller Hoffnung. Das kannst du auch sein.«
Dankbar sah Elli sie an. »Und was ist das Zweite, das wir tun müssen? Das Elixier zu Coerria bringen?«
»Nein, mein Liebes. Avalons Schicksal ist nicht an Coerrias Schicksal gebunden. Die zweite Aufgabe ist etwas anderes.«
Elli fuhr sich mit der Hand durch die braunen Locken. »Dann muss ich ihr zuerst das Elixier bringen. Bevor ich mich an die Aufgabe mache.«
»Nein.« Die Herrin schob Nuic ein wenig weiter, so dass sie ihn in einem Arm halten konnte, dann legte sie Elli die freie Hand auf die Schulter. »Du hast keine Zeit für beides. Das wäre vielleicht möglich gewesen, wenn du zuerst hierher gekommen wärst, aber jetzt nicht mehr.«
Elli biss sich auf die Lippe. »Dann muss ich zu Coerria gehen. Was immer es auch für Avalon bedeutet, ich kann sie einfach nicht im Stich lassen.«
»Liebst du sie so sehr?«
»Ja.«
Die Herrin betrachtete sie mit einer Mischung aus Bewunderung und Sympathie. »Ich habe erwartet, dass du so empfindest. Deshalb habe ich beschlossen, selbst zu Coerria zu gehen, wenn du die größere Aufgabe übernimmst.«
»Aber«, widersprach Elli, »du verlässt nie den Wald außer in Visionen.«
»Jetzt werde ich es tun«, erklärte die Herrin. »Ob ich damit nun meiner Welt oder meiner alten Freundin helfe, ich muss es tun. Denn ich liebe beide von Herzen. Und ich würde die Aufgabe für Avalon übernehmen, wenn ich könnte. Aber ich fürchte, jetzt bin ich zu alt und zu erschöpft, um dabei Erfolg zu haben. Deshalb werde ich diesen Wald und meinen Wohnsitz in Neu Arbassa verlassen und zu der Hohepriesterin gehen.«
Lleu und Brionna wollten beide etwas sagen, doch die Herrin hob die Hand und gebot Stille. »Ich weiß, ihr Lieben, dass ihr an meiner Stelle gehen würdet. Aber an Ellis Seite werdet ihr viel mehr gebraucht. Das heißt, falls sie die Aufgabe übernimmt.«
Elli straffte die Schultern. »Ich übernehme sie, wenn du versprichst, Coerria zu retten.«
»Ich verspreche, es zu versuchen. Gegenwärtig ist das alles, was man tun kann.« Sie schürzte die Lippen. »Wenn nur mein Bruder noch hier wäre! Er wäre so alt und gebrechlich wie ich jetzt, aber er hätte wenigstens ein paar Einfälle.«
»Alberne höchstwahrscheinlich«, sagte Nuic.
Die Herrin lächelte ihm zu. »Höchstwahrscheinlich. Trotzdem, er fehlt mir, so viele Jahre ist er jetzt schon fort von Avalon.«
Ihr Gesicht war wieder grimmig, als sie sich an Elli wandte. »Bei deiner Aufgabe, mein Kind, geht es um den Kristall aus reinem Élano, den Kulwych aus dem magischen Wasser von Crystillia gemacht hat.«
Brionna fuhr zusammen. Sie erinnerte sich an den Peitschenschlag auf ihren Rücken und, was schlimmer war, an die Tage als Sklavin des Hexers.
»Er hat also noch den Kristall?«, fragte Elli.
»Ja. Aber das ist nicht alles.« Die Ältere holte mühsam Atem. »Zweifellos mithilfe
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