Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
in anderer Hinsicht.«
Vielleicht dank ihrer Magie schien der kleine Kerl überhaupt keine Mühe zu haben, sie zu verstehen. Trotzdem sah er verwirrt aus. »Kennen du mich, Herrliche, wirklich schon so lange?«
Doch sie gab keine Antwort. Sie wandte sich an Brionna und sagte freundlich: »Willkommen, Tochter der Waldelfen. Wie heißt du?«
»Brionna, gütige Herrin.« Sie senkte anmutig den Kopf. »Dieses Treffen ehrt mich.«
»Genau wie mich.« Die Herrin betrachtete sie nachdenklich. »Umso mehr, als ich merke, dass du aus der Familie meines lieben Freundes Tressimir kommst.«
Bei der Erwähnung ihres Großvaters erstarrte Brionna.
Die Herrin nickte mitfühlend und flüsterte: »Mir fehlt er auch.«
Das Elfenmädchen schwieg.
Zu Lleu sagte die Magierin: »Du und ich sind uns schon begegnet, nicht wahr? In deinem Traum?«
»Ja, Herrin. Obwohl du darin sehr schön warst, bist du jetzt noch schöner.«
»Still, Lleu«, fuhr Nuic ihn an. »Das steigt ihr nur zu Kopf.«
Belustigt beugte sich die Herrin vom See zu dem Tannenzapfengeisthinunter. Und als sie ihn hochhob, funkelte er wie der Nebel rundum.
»Hmmmpff«, erfolglos versuchte er, barsch zu klingen. »Ein grässlicher Trick mit diesem Drachen. Aber ich wusste die ganze Zeit, dass du es warst.«
Elli staunte. »Soll das heißen
. . .
«
»Das stimmt«, entgegnete die Herrin und fuhr mit der Hand durch einen aufsteigenden Nebelfetzen. »Es war alles nur eine Illusion. Das Gebrüll, die Bedrohung und natürlich diese schrecklichen Zähne. Aber keinem Geschöpf ist etwas geschehen, noch nicht einmal einem Zweig.«
»Nur meinem Rücken«, murmelte Lleu und rieb sich die Wirbelsäule.
»Hoffentlich hat es dir Spaß gemacht«, knurrte Nuic. »Ich bin gelb geworden vor Angst.«
Die Augen der Herrin funkelten. »Hast du nicht gesagt, du hättest die ganze Zeit gewusst, dass ich es war?«
Nuic nahm ein tiefes Purpurrot an. Ȁh, nun, also
. . .
« Er stotterte. »Ja, eigentlich schon. Aber ich hatte einfach vergessen, wie eindrucksvoll dein Sinn für Humor sein kann.«
Sie betrachtete ihn, ihre Augen wirkten jetzt melancholisch. »Mein lieber Nuic. Wenn du es schon wissen musst, mit Humor hatte das nichts zu tun. Ich habe es zum Teil getan, um meinen Zorn loszuwerden.«
»Zorn auf mich«, sagte Elli reuig.
»Auf dich, meine Liebe.« Sie sah die junge Priesterin an. »Aber jetzt verzeihe ich dir. Schließlich erinnert mich dein überstürztes Verhalten am meisten an mich selbst.«
Ellis Lippen zitterten, doch sie sagte nichts.
Nuic schlug mit der kleinen Hand der Herrin auf den Ärmel. »Du hast gesagt, zum Teil. Es gab also noch einen Grund?«
Die Magierin nickte. »Ich wollte damit auch die Person verscheuchen, von der ich spürte, dass sie euch verfolgt.«
Alle wurden nervös. Brionnas Hand fuhr an ihren Langbogen. Doch die Herrin schüttelte den silbrigen Kopf. »Er oder sie ist weg. Im Moment wenigstens. Und es könnte auch jemand Unschuldiges gewesen sein
. . .
obwohl ich das bezweifle. Selbst nachdem ihr erfolgreich Kulwychs Pläne am weißen Geysir von Crystillia vereitelt habt, ist jetzt etwas Böses in Avalon, wie ich es seit vielen Jahren nicht empfunden habe.«
Sie blies einen langen, gleichmäßigen Atemzug in einen Nebelfetzen, der an ihrem Gesicht vorbeizog. Sofort verwandelte sich der Nebel in einen schimmernden Kreis. Darin bildete sich ein weiterer Kreis und noch einer und noch einer, bis die Ringe so klein waren, dass man sie nicht mehr sehen konnte. Elli starrte auf diese Unendlichkeit von Kreisen und fragte sich, wie viele Mysterien – und wie viele Welten – sie umfassen mochten.
Die Herrin beobachtete Elli und lächelte fast. Dann wurde ihr Gesicht plötzlich hart. »Ich bin mir nicht sicher, aber ich ahne einen neuen Schatten in unserer Mitte, einen Schatten, der jeden Tag länger wird. Er ist schon lang genug, um die Sterne des Zauberstabs auszulöschen – und auch die helleren Seiten von Menschen, so dass sie sich wie hirnlose Trolle verhalten.«
Lleus Stirn zeigte tiefe Furchen. Catha auf seiner Schulter stieß einen schrillen Pfiff aus.
»Ich habe es auch gefühlt«, sagte Nuic und färbte sich grau. »Es ist ein Schatten, den wir schon zuvor gespürt haben, du und ich. Lange zuvor.«
Die Herrin vom See hob ihn ein wenig höher, so dass sich ihre Gesichter fast berührten. »Ja, mein alter Freund. Der Schatten von Rhita Gawr.«
Bei der Erwähnung dieses Namens blies ein frostiger Wind über den Nebel, wühlte
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