Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore
Beeren. Ein Käfer mit grauem Rücken streifte auf dem Treibholz eine seiner Krallen. Catha schnappte zu und hatte seine Vorspeise.
Der Priester legte sich zurück und streckte die Beine aus. Es dauerte nicht lange, da schnarchte auch er.
Brionna schüttelte die langen Finger, die vom Beerensaft klebrig waren. Sie schaute zu Elli hinüber. »Bist du auch müde?«
»Eigentlich nicht.« Sie betrachtete die hingelagerten Gestalten einen Augenblick, dann wandte sie sich wieder der Elfe zu. Ihre Augen glänzten, als sie fragte: »Hast du die gleiche Idee wie ich?«
Brionna lächelte. »Natürlich. Wie können wir den weiten Weg nach Wasserwurzel machen und nicht schwimmen?«
Gemeinsam zogen sie sich aus bis auf das Amulett, das Elli um den Hals behielt. Sie wartete, bis Brionna ihren Zopf gelöst hatte, dann wateten sie ins Wasser. Kühle Wellen schlugen ihnen an die Beine, so dass sich die Haut spannte. Ihre Zehen rutschten auf den Algen, die an seichten Stellen die Steine bedeckten, die ersten Schritte warenunbeholfen, aber bald fielen sie mit leichtem Platschen vornüber ins Wasser. Brionnas langes Haar strömte hinter ihr wie Strähnen aus Meerseide, während Ellis Locken auf dem Wasser glitzerten.
Zuerst spürte Elli die Kälte, die ihr an Hals, Bauch und Arme schlug. Das eisige Wasser wirbelte unter ihren Armen, floss ihr hinter die Knie und glitt zwischen die Schulterblätter. Dann ließ die Kühle allmählich nach, während sie eins mit dem Wasser wurde und mit dem Kinn an der Oberfläche dahintrieb. Kleine Unterwasserströmungen liefen ihr kitzelnd über die Rippen.
Etwas Neues fiel ihr auf.
Äpfel
, sagte sie sich überrascht.
Das Meer riecht nach Äpfeln! Knackig und würzig wie die, die Papa jeden Herbst nach Hause gebracht hat.
Sie atmete tief ein und genoss den fruchtigen Geruch, der sich mit den Düften von Salz und Tang mischte. Dann drehte sie sich auf den Rücken und entspannte sich im Wasser. Es hob ihren Körper und ließ sie sanft im Rhythmus der Wellen schaukeln. Sie fühlte sich beschwingt, als wäre sie ein Stück Schwammholz im Meer.
Nach einer Weile drehte sie sich wieder um, das Wasser rann ihr von den nackten Schultern, als ein Kormoran mit schwarzen Flügeln sich auf dem Wasser niederließ und ihr Gesicht mit Tropfen bespritzte. Er plusterte das Gefieder auf, bog den langen Hals und trieb zufrieden vorbei.
Das Meer hält uns beide
, dachte Elli.
Und wer weiß, was noch?
Sie stellte sich eine Makrele vor, geschmeidig und stark, die jetzt unter ihnen schwamm. Darunter glitt vielleicht eine Seeschildkröte vorbei, indem sie ihre anmutigen Paddel bewegte,während am Grund ein winziger Krebs durch die schwankenden Halme des Tangs hastete.
Und diese Farben! Jetzt aus der Nähe sah sie die verblüffende Pracht von Grün und Blau, Purpurrot und Violett, die sich durch das Wasser schlang. Wie Flüsse aus Regenbogen blitzten und zitterten die vielen Farbschichten. Nichts, was sie je gesehen hatte, außer ihrem Kristall, enthielt so viele Farben und gab sie an die Umgebung weiter.
Und noch etwas hatte dieses Meer: Licht. Es gehörte zu jedem Tropfen jeder Welle, genau wie das Wasser. Winzige nachleuchtende Flecken funkelten durch alles hindurch und umringten Ellis Körper wie Tausende schimmernde Sterne.
Natürlich
, sagte sie sich und dachte an das schimmernde Wasser, das aus dem weißen Geysir von Crystillia floss. Dieses Wasser war eine Zeit lang hinter dem Damm gefangen gewesen, den Kulwychs Sklaven gebaut hatte. Aber jetzt floss es wieder frei, genau wie zuvor in allen Zeitaltern Avalons – rauschte durch die Prismenschlucht, zerteilte sich ins Spektrum und floss nach Süden durch die sieben Farbflüsse bis zu den Regenbogenmeeren.
Allmählich schwammen Elli und Brionna zurück ans Ufer. Einen Augenblick standen sie auf dem Sand und ließen sich vom leichten Wind die Haut trocknen, während das Elfenmädchen mit den Fingern ihr nasses Haar kämmte und erneut ihren Zopf flocht. Dann zogen sie sich rasch an, lächelten dem Meer dankbar zu und weckten die anderen. Es war Zeit, die Segel zu setzen.
Alle mussten Hand anlegen, um das kleine Boot umzudrehen,weil sich ringsum so viel Sand angehäuft hatte. Mit einem gemeinsamen Stoß und vielen Flüchen von Nuic legten sie ab. Jeder fand einen Sitzplatz: Brionna im Heck, Elli im Bug und die anderen an den Seiten – außer dem alten Shim, der stehen bleiben wollte. Dann, sobald das Schiff auf den Wellen schaukelte, verlor er das
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