Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore

Titel: Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
Vom Netzwerk:
zugrunde liegende Strahlen, der Puls des Élano darin.
    Was geschieht hier?
, grübelte Tamwyn im Weitergehen. Sollte der Stamm des großen Baums nicht den Baumstämmen gleichen, die von Stürmen und Lawinen ausgerissen worden waren? Woher kamen diese unterschiedlichen Farben und Holzarten?
    Immer weiter führte der Tunnel. Sie glaubten, schon mehrere Stunden lang gewandert zu sein und Hunderte von Veränderungen an den Tunnelwänden erlebt zu haben, als sie eine Pause einlegten und aus Tamwyns Flasche tranken. Das süße Wasser aus der großen Halle erfrischte sie und gab ihnen Kraft wie ein herzhaftes Mahl.
    Aber mit der Zeit ermüdeten ihre Körper wieder. Der Tunnel schien endlos zu sein! Tamwyn zog den Stab aus der Hülle und stützte sich hin und wieder darauf. Henni ließ die Schultern hängen, seine übergroßen Hände streiften beim Gehen fast den Boden. Und Flederwisch gabschließlich das Fliegen auf und ließ sich in Tamwyns Tasche tragen.
    Die sonderbaren Streifen wechselten weiter, manche waren mit hölzernen Kristallen besetzt, manche von Faserwirbeln gewellt, andere so glatt wie geblasenes Glas. Gelegentlich kamen sie an kleineren Nebentunneln vorbei, aber alle bogen nach unten und lohnten deshalb nicht die Erkundung. Schließlich erreichten die Gefährten einen Tunnelabschnitt, der schwarz war, stumpf und rußig wie Holzkohle. Und nach alten Feuern roch.
    Tamwyn blieb stehen.
Dieses Holz ist verbrannt worden. Da bin ich mir sicher.
    Er trat zur Wand, rieb mit der Fingerspitze über die Oberfläche und musterte den Fleck, der auf seiner Haut zurückblieb. Es schien nicht anderes zu sein als der Ruß von einem Lagerfeuer.
    Und doch war dieser verbrannte Tunnelteil Tamwyn unbehaglich. Er kam ihm gefährlich vor. Bedrohlich. Fast
. . .
bösartig.
    Warum?
    Tamwyn untersuchte die Wand genauer. Im Gegensatz zu anderen Holzstreifen, an denen er vorbeigekommen war, schienen die Fasern hier fast flüssig zu sein, wie kleine Ströme unter der Oberfläche zu rinnen. Mit ihrer dunkelroten Farbe schimmerten sie wie schlammige Bäche.
Wenn nur mein Dolch nicht zerbrochen wäre, würde ich mit ihm etwas abkratzen.
    Stattdessen benutzte er seinen Fingernagel. Er grub ihn ins verkohlte Holz und riss einen Splitter heraus. Als Tamwynein bisschen Blut an der Fingerspitze sah, schüttelte er Kopf über sein Ungeschick. Wie konnte er sich an einem so weichen Material schneiden?
    Plötzlich erstarrte er. Sein Finger war unverletzt. Das Blut auf seiner Haut war nicht das eigene. Es war aus der Wand gekommen!
    Denn durch dieses dunkle, verrauchte Holz liefen keine Maserungen, sondern Gefäße. Blutgefäße. Während Tamwyn entgeistert darauf starrte, rann langsam rote Flüssigkeit aus der Stelle, die er freigekratzt hatte.
    Plötzlich erkannte Tamwyn die Wahrheit. Nicht an sonderbaren Holzstreifen waren sie vorbeigekommen. Nein, das waren die verschlungenen Markierungen, die in jedem Baum gefunden werden konnten, Muster, die von seinen Kämpfen, Erfahrungen, Gewinnen und Verlusten erzählten.
    Es waren
Ringe
.
    Baumringe – aber die des größten, höchsten aller Bäume. Des Baums, der alle Holzarten enthielt, die es je gegeben hatte. Des großen Baums von Avalon.
    Jeder Ring war einmalig, er erzählte von etwas Bemerkenswertem, das in einem besonderen Jahr geschehen war. Und so hatte Tamwyn bei seiner Wanderung durch den Tunnel die Erinnerungen des großen Baums an viele Jahreszeiten durchquert – als die Zedern wuchsen, die Kirschen blühten und die Ahornwurzeln einen felsenharten Boden durchbrachen. Er war an der ersten Eiche vorbeigegangen, die den langen Winter am Fuß der hohen Gipfel überstanden hatte, am größten Hain von Mahagonibäumen,der in den Dschungeln von Africqua gedieh, am Frühling mit dem stärksten Duft in Waldwurzels Geschichte, als der Fairlynwald entstanden war.
    Und jetzt
, erkannte er bitter,
bin ich in den Krieg der Stürme geraten.
Ein Jahr, das sich zu einem Zeitalter dehnte, in dem die Wälder jedes Reiches brannten, die Luft nach Tod roch und Blut in den Flüssen strömte.
    Weiter ging er, seine Füße schlurften über das verkohlte Holz, sein Stab klopfte auf den Boden. Henni, der ungewohnt düster aussah, folgte ihm so nah wie ein Schatten. Flederwisch wagte nur einmal, den pelzigen Kopf aus der Tunikatasche zu strecken – und dann duckte er sich winselnd wieder hinein.
    Wie lange es dauerte, diesen Tunnelabschnitt hinter sich zu bringen, konnte Tamwyn nicht abschätzen. Aber als die

Weitere Kostenlose Bücher