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Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore

Titel: Der Zauber Von Avalon 02 - Im Schatten der Lichtertore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas A. Barron , Irmela Brender
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Jedenfalls vor dem heiligen Tag. Je näher wir diesem Tag kommen,umso gefährlicher für dich. Wenn Ciann und seine Anhänger sich in eine Opferstimmung hineingesteigert haben, werde ich sie wahrscheinlich nicht mehr zurückhalten können – noch nicht einmal mithilfe meiner Frau und meiner Schwester.«
    Er schaute zur Tür. »Sie sollten übrigens bald mit den Vorräten zurückkommen, die wir brauchen.«
    »Gut. Ich freue mich darauf, sie zu treffen, wenn ich gerade nicht um mein Leben kämpfe.«
    Tamwyns Blick wanderte langsam über die geschwärzten Wände des Raums, bis er auf dem Bild des flammenden Ogallad verharrte. Eine Zeit lang betrachtete er den goldenen Kranz, den Ogallad auf dem Kopf trug. Schließlich sagte er: »Mistelzweige. Es sieht aus wie ein Kranz aus Mistelzweigen.«
    Als er Gwirions Ratlosigkeit sah, erklärte er: »Eine Pflanze, die in meiner Heimat wächst. Ich habe sie oft in der Wildnis gesehen. Man nennt sie auch
die goldenen Zweige
. Unsere Barden berichten, dass es in den Tagen von Avalons Entstehung den Glauben gab, diese goldenen Blätter enthielten eine besondere Kraft. Doch was das für eine Kraft gewesen sein mag, ist längst vergessen.«
    Sein Freund lächelte wehmütig. »Es ist immer eine Art Tod, wenn eine Geschichte vergessen wird. Aber ich bin froh zu wissen, dass diese Blätter noch irgendwo wachsen.«
    Tamwyn tippte auf den warmen Unterarm des Mannes. »Erzähl mir, Gwirion, von deiner Arbeit. Was machst du? Bist auch du Forschungsreisender?«
    »Nein, Menschensohn. Ich bin Künstler – ein Geschichtenmaler, wie wir sagen. Meistens male ich keine neuen Wandbilder, sondern restauriere die alten. Es gibt sie überall im Mittelreich, in Tunneln, die vom Wasser gegraben, von Termiten genagt oder von Élanoströmen geöffnet wurden.«
    »Ein Wandbild habe ich gesehen«, erinnerte sich Tamwyn bewundernd. »In einem Tunnel weiter unten, bei den Wasserfällen. Es war voller Leben und Farben.«
    »Und Geschichten.« Gwirion deutete auf sein Regal mit den Farbtöpfen und Pinseln. »Ich habe nach Blättern der
Fomorra
pflanze gesucht, die ich für meine blauen und violetten Farben brauche, als mich die Riesentermiten angriffen.« Er wandte sich wieder Tamwyn zu. »Und wenn du nicht gekommen wärst, wäre meine Geschichte zu Ende gewesen.«
    »Gwirion, gibt es in deinem Volk Geschichten über die Sterne? Darüber, was sie wirklich sind? Warum sie leuchten
. . .
oder manchmal dunkel werden?«
    »Nein«, sagte Gwirion bedrückt. »Ich habe mir oft gewünscht, es gäbe sie. Ich glaube, diese Geschichten – diese Zeiten – sind einfach zu weit weg. Sie sind aus unseren Köpfen verschwunden, fürchte ich, weil wir sie nicht mehr verstehen. Und wie können wir Geschichten erzählen, wenn wir nicht die Worte haben? Wie können wir sie malen, wenn wir die Farben vergessen haben?«
    Gwirion schaute auf das verrußte Bild an der Wand. »Geschichten sind die Erinnerungen der Menschen, weißt du. Sie können verstörend sein, ermunternd, und manchmal
. . .
anregend. Sie enthalten unsere Verluste, Gewinne, Leiden, Triumphe und Sehnsüchte. Aber bevor wir die Geschichte haben können, müssen wir die Bedeutung kennen.«
    »Das verstehe ich«, stimmte Tamwyn zu. »Geschichten sind wie Spiegel, die wir uns vorhalten.«
    »Das ist richtig. Aber sie sind mehr als der Spiegel und das Bild, das wir darin sehen. Sie sind auch die unsichtbare Wahrheit, die darunter liegt.«
    Tamwyn drückte Gwirions Arm. »Ich bin froh, dass wir uns begegnet sind, du und ich.«
    Der rauhäutige Mann grinste. »In fröhlicheren Zeiten hätte ich es als Zeichen der Vergebung von Dagda betrachtet.« Dann verschwand das Grinsen so schnell wie der Wind eine Fackel ausbläst. »Aber das Zeichen, das wir wirklich brauchen, ist ein goldener Kranz.«
    Düster betrachtete er seinen Gefährten. »Mananauns Prophezeiung enthält noch etwas. Danach wissen wir, dass unsere Zeit der Wiedergeburt gekommen ist, wenn plötzlich ein goldener Kranz erscheint.«
    »Einfach so?«
    »Ja. Er wird nicht, sagte sie, wie in alten Tagen in der Umgebung unseres Dorfs auftauchen – sondern magisch, an der Tür eines Hauses. Und der Bewohner dieses Hauses wird der neue Führer unseres gefallenen Volkes sein, der uns zurück ins Feuerlicht bringt. In anderen Worten – der nächste Ogallad.«
    Tamwyn warf einen Blick auf das Bild. »Ich nehme an, das könnte geschehen.«
    »Nein, mein Freund. So sehr ich es mir wünsche, mein Volk ist zu tief

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