Der Zauber von Avalon 03 - Die ewige Flamme
jetzt unsere Gefangenen.«
17
Der magische Nebel
T amwyn stieg weiter den nebelverhangenen Pfad hinauf, wie er es schon stundenlang getan hatte. Merlins Gipfel war hoch, nun gut, davor hatte Palimyst ihn gewarnt. Aber jetzt schien er eher in unerreichbarer Höhe zu liegen. Dieses Gefühl kam zum Teil von der gleichmäßigen unveränderten Steigung dieses Wegs, der immer weiter in die Wolken führte. Und zum Teil von der Tatsache, dass Tamwyn nichts sehen konnte. Nichts als Nebel.
Gewundene Dunstschwaden – manche so dick wie Ringelnattern, andere dünner als Garn – wanden sich um seine Beine und zwischen seine Zehen. Andere schlangen sich in sein Haar oder legten sich um seinen Hals. Anders als jeder Nebel, dem er zuvor begegnet war, schien dieser Dunst direkt aus dem Boden zu quellen und sich zu verweben und zu verflechten, während er sich hob. Und noch merkwürdiger war, dass dieser Nebel fast intelligent wirkte mit seinen selbstbestimmten Bewegungen.
Als wollte er mich prüfen
, sagte sich Tamwyn. Er schob einen Nebelstrang weg, der sich um eine Haarsträhne gewickelt und sein Ohrläppchen gekitzelt hatte.
Und entscheiden, ob ich annehmbar bin oder nicht. Oder geeignet.
Oder
, fügte er stirnrunzelnd hinzu,
der Sache wert.
Er erinnerte sich an Palimysts alten Spruch, der ihn noch finsterer dreinschauen ließ:
Im Zeitenfluss kann der nur schwimmen,
Bei dem Sinn und Antrieb stimmen.
Wenigstens stimmte bei ihm der Antrieb. Was könnte ein besserer sein als die Hoffnung, Avalon zu retten? Und dabei die Reise seines Vaters zu vollenden, indem er dessen Fackel hinauf zu den Sternen brachte?
Er wischte eine Nebelschwade weg, die von seiner Augenbraue hing. Wenn er ehrlich war, musste er einen weiteren Antrieb zugeben – der längst nicht so gut war. Er wollte einfach die Sterne erreichen. Frei zwischen ihnen umherlaufen, wie er so gern durch die Wiesen und Lichtungen von Steinwurzel gelaufen war.
Dennoch, Tamwyn wusste, dass nicht sein Antrieb Grund zur Sorge gab – sondern die Qualität seines Sinns, seines Wesens. Palimyst hatte ihn einen
Bildner
genannt, das war derselbe Ausdruck, den Aelonnia von Lehmwurzel gebraucht hatte. Aber konnte er wirklich Wichtiges, wirklich Wertvolles bilden?
Seine nackten Füße traten auf den Pfad, stießen in das weiche, feuchte Gras, das nie länger wurde als das Fell auf einem Kaninchenrücken. Doch seltsamerweise hinterließ er nie Fußabdrücke. Sollte das die Summe seines Lebens sein? Viele Orte betreten zu haben, ohne je eine Spur zu hinterlassen?
Der Weg zu Merlins Gipfel stieg immer noch höher. Tamwyn fragte sich, wie weit es bis zur Spitze wäre. Bis zu der Stelle, wo er herausfinden würde, ob er in den Zeitenfluss steigen konnte. Aber darauf gab es keine Antwort. Er wusste nur, dass dieser Weg ständig anstieg – in einer unaufhörlichen Spirale, die immer den nebligen Berg umkreiste.
Seine Gedanken kehrten zu Palimyst zurück, dem bescheidenen Handwerker mit so geschickten Fingern. Und auch mit so viel Weisheit, dass er sich das Ziel gesetzt hatte, die unvergänglichen Geschenke der Natur mit seinen eigenen vergänglichen Händen zu gestalten. Der riesige Kerl hatte Tamwyn davon überzeugt, die Nacht im Zelt zu verbringen, obwohl Tamwyn ungeduldig gespürt hatte, wie schnell die Zeit verging. Aber jetzt, nachdem er so lange gestiegen war, freute er sich nachträglich über die paar Stunden Schlaf. Außerdem hätte er trotz seiner guten Nachtsicht, die jetzt besser schien als je zuvor, nach dem Sternenuntergang hier nicht gehen wollen. All dieser dichte Dunst hätte die Nacht zur dunkelsten gemacht, die er je erlebte.
Aber nicht so finster wie Schattenwurzel.
Tamwyn machte sich Sorgen um Elli und zog jetzt am Gurt seines Beutels, sodass das Harmónaholz darin angestoßen wurde. Ein leises melodisches Summen kam von der halb fertigen Harfe, die eines Tages mit den Saiten von Palimyst ausgerüstet werden sollte.
Trotz seiner Ängste lächelte Tamwyn wehmütig. Dieses Geräusch brachte ihn immer in bessere Stimmung. Er tippte auf die Scheide seines Dolchs mit den geheimnisvollen alten Worten über Rhita Gawr auf der Klinge. EinesTages, wenn das alles vorüber war, würde er die Harfe fertig schnitzen. Ja, und sie endlich Elli geben.
Das heißt, wenn wir überleben.
Seine grimmige Laune kehrte zurück, während er weiter den Pfad hinaufstieg.
Und auch Avalon muss überleben.
Seine einzige Hoffnung war, in den Zeitenfluss zu gelangen. Nichts
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