Der Zauber von Savannah Winds
habe ich bei meinem letzten Besuch gemacht. Sie wusste bereits, dass sie sterben würde – aber das sieht man ihr nicht an, oder?« Jacintha klang traurig.
Eine Woge der Trauer erfasste auch Fleur. »Was war es? Krebs?«
Jacintha nickte.
»Ich wünschte, ich hätte sie gekannt«, sagte Fleur. »Aber wenn ich sie auf diesem Foto sehe, kommt sie mir eigenartig vertraut vor – vielleicht wegen der Familienähnlichkeit.«
Jacintha räusperte sich und kehrte wieder zum Geschäftlichen zurück. »Ich muss Sie bitten, sich mit einem amtlichen Dokument auszuweisen, Fleur. Tut mir leid, aber das ist gesetzlich vorgeschrieben.« Sie nahm Fleurs Führerschein entgegen, notierte sich die Details und gab ihn zurück. Dann zog sie zwei Kopien von Annie Somervilles Testament aus dem Ordner.
»Wahrscheinlich ist es das Beste, wenn ich das verlese und Sie es auf Ihrer Kopie verfolgen. Bis auf einige kleine Zuwendungen erben Sie den Großteil des Anwesens unter bestimmten Bedingungen. Natürlich wird Erbschaftssteuer zu entrichten sein, aber Annie hatte offenbar in den letzten Jahren eine kompetente Finanzberatung, und auch nach dem Verkauf einiger Aktivposten bleibt das Erbe beträchtlich. Sollten Sie Fragen haben, sagen Sie es einfach.«
Jacintha führte Fleur ruhig durch den Text und erklärte die juristischen Fachbegriffe und Verfügungen bis hin zu großzügigen Zuwendungen an verschiedene Einrichtungen für Kinder. Fleur fiel auf, dass die meisten Gelder für die Organisationen Child Migrant Trust und Stolen Generation bestimmt waren, die sich um Kinder kümmerten, von deren Schicksal die Medien vor kurzem voll gewesen waren.
»Warum hat Annie diese speziellen Wohltätigkeitseinrichtungen gewählt? Weil sie keine eigenen Kinder hatte?«
Jacintha warf ihr über die Lesebrille hinweg einen Blick zu. »Annie ist leidenschaftlich gegen Unrecht eingetreten – besonders, wenn es Kinder betraf. Sie gehörte zu den Ersten, die sich für Kinder eingesetzt haben. Sie fühlte sich darin bestätigt, als sowohl die australische, als auch die britische Regierung die Möglichkeit einer offiziellen Entschuldigung für den Umgang mit den Kindern der Ureinwohner in Erwägung zogen. Bis es dazu kommt, kann allerdings noch lange dauern.«
Fleur nickte, und Jacintha widmete sich wieder dem Testament.
»Zehntausend Dollar hinterlasse ich für die kontinuierliche Pflege des Kirchhofs und des Familiengrabs, weitere zehntausend Dollar gehen an die Fliegenden Ärzte in Anerkennung ihres bewährten Einsatzes in entlegenen Gegenden.
Meiner Nichte, Fleur Leanora Mackenzie, geborene Franklin, hinterlasse ich zu treuen Händen die Rinderfarm Savannah Winds, PO Box 1459 , Northern Territories, mit lebenslangem Pachtrecht für Djati Wishbone, meinen Freund und Gefährten über viele Jahre. Fleur Leanora Mackenzie wird aus besagtem Treuhandverhältnis eine jährliche Rente in Höhe von vierzig Prozent aller Gewinne erhalten.«
Jacintha erreichte das Ende der ersten Seite und schaute Fleur an. »Die Treuhandpapiere sind gesondert, und ich werde es Ihnen überlassen, sie nach Belieben durchzusehen. Es genügt wohl, wenn ich sage, dass die Treuhandbank für die Verwaltung des Fonds verantwortlich ist und dafür sorgen wird, dass der Gewinnanteil jährlich ausgezahlt wird. Im Falle Ihres Todes endet das Treuhandverhältnis und das Eigentum wird unter Ihren Kindern aufgeteilt.«
»Und wenn ich keine habe?«, fragte Fleur nervös.
»Dann wird alles verkauft und der Erlös auf verschiedene wohltätige Organisationen verteilt.«
»Wer ist Djati Wishbone?«
Jacintha nahm die Brille ab und lächelte. »Djati ist ein australischer Ureinwohner, der seit seiner Kindheit auf dem Anwesen lebt. Heute ist er ein alter Mann, aber er und seine Familie haben die Leitung der Farm übernommen, als Annie vor etwa dreißig Jahren nach Queensland zog. Ihre Tante wollte sicherstellen, dass das Anwesen zu seinen Lebzeiten nicht verkauft wird und er in seinen letzten Jahren abgesichert ist.«
Nachdenklich betrachtete sie Fleur. »Natürlich bleibt es Ihnen und den Treuhändern überlassen, was Sie nach seinem Tod mit der Farm anfangen wollen, aber ich möchte nicht versäumen, Sie darauf hinzuweisen, dass Djati und seine Familie dort ansässig sind und seine Söhne und Enkel das Anwesen gut in Schuss halten.«
Fleur trank einen Schluck Wasser und stellte fest, dass ihre Hände zitterten. »Was mich betrifft, können sie bleiben«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Ich
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