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Der Zauberer von Stonehenge

Der Zauberer von Stonehenge

Titel: Der Zauberer von Stonehenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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erkennen zu können. Jemand hatte ihm die Scherbe in den Hals gesteckt, aber kein Tropfen Blut war zu sehen, und das wunderte mich.
    Die Fingerspitzen meiner rechten Hand glitten zart über seine Wange. Ich hatte erwartet, die kalte Haut eines Toten zu spüren, statt dessen fühlte ich Wärme.
    Lebte er vielleicht noch?
    Meine Hände glitten zur Halsschlagader. Gleichzeitig schaute ich in seine Augen.
    Sie waren starr. Das konnte ich erkennen, obwohl der Widerschein des Feuers in seinen Pupillen tanzte.
    Starr wie die eines Toten…
    Ich richtete mich wieder auf und drehte mich um. Soeben schlug Suko den Zelteingang zur Seite. »Er ist…«
    »Sie kommen, John!«
    »Wer?«
    »Die Stonehenge People.«
    »Und?«
    »Meiner Ansicht nach müssen wir uns rasch entscheiden. Entweder bleiben wir hier, oder wir verschwinden. Noch ist Zeit.«
    »Nein«, sagte ich. »Sieh du zu, daß du wegkommst. Ich bleibe hier und stelle mich.«
    »Wie weiter?«
    »Nichts weiter. Ich will nur eine gute Rückendeckung haben.«
    Er schaute mich an. »Okay, Alter, drücken wir uns gegenseitig die Daumen. Das Lächeln ist vorbei. Jetzt wird höchstens gegrinst.« Mit diesen Worten verschwand er und ließ mich zurück.
    Stille umgab mich. Nicht einmal den Hauch des Feuers vernahm ich. Die Flammen brannten ruhig, nicht leise fauchend. Das Zelt bestand aus schwerem Stoff. Obwohl die Klappe wieder zugefallen war, vernahm ich die Schritte.
    Suko hatte nicht gelogen. Es kamen tatsächlich einige Personen, vielleicht sogar alle. Schatten fielen auf die Zeltplane, tanzten und schimmerten durch. Ich nahm an, daß es sich dabei um den Widerschein von Fackellicht handelte. Dann malte sich schwach eine Gestalt vor dem Eingang ab, der von fremden Händen angehoben wurde. Man schuf Octavio Platz, damit er das Zelt betreten konnte.
    Er kam, sah mich, stand still und lächelte. Hinter ihm blieb der Eingang offen. Streulicht von Fackeln fiel in das Innere.
    Wir schauten uns an.
    Vielleicht las er die Kälte und die Anklage in meinen Augen, aber er sagte nichts.
    Erst nach einer Weile begann er zu sprechen. »Nun, Bruder?« fragte er leise.
    Ich deutete mit dem abgespreizten Daumen über meine Schulter. »Auf dem Stein liegt ein Toter.«
    »Ich weiß.«
    »Dann bist du ein Mörder!«
    »Nein, es gibt keine Mörder bei uns. Er ist eingegangen in den Kreislauf des Kosmos.«
    »Erzähl mir nicht so einen Schwachsinn, Octavio. Dieser Mann ist tot. Ich kenne ihn, er ist…«
    »Der Bote des Zauberers.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Schau dir die Scherbe an, die in seinem Hals steckt. Als er zu uns kam und wir sie sahen, da wußten wir genau, wen wir vor uns hatten. Den Boten des großen Zauberers und Astronomen. Er ist gekommen, um zu demonstrieren, wie wir eins werden können.«
    »Dann hast du die Scherbe genommen und sie ihm in den Hals gesteckt, nicht wahr?«
    »Ja, ich mußte ihn testen.«
    »Und jetzt lebt er noch?«
    »Er befindet sich auf der Reise.«
    »Ja, so kann man einen Mord auch ausdrücken.«
    »Bruder«, erklärte mir Octavio salbungsvoll, »du mußt lernen, die Dinge über Bord zu werfen, die dein Leben bisher bestimmt haben. Mord, Tod, Vergeltung, Rache, das alles sind Begriffe, die wir in der Einigkeit des Kosmos nicht kennen. Er hat den Kontakt zu dem Zauberer gefunden, den wir noch suchen. Und er wird uns sagen, was er erfahren hat.«
    »Der Tote soll also reden?«
    »Du hast es erfaßt.«
    Ich widersprach ihm nicht, weil ich schon Dinge erlebt hatte, über die man kaum sprechen durfte, so ungewöhnlich waren sie. Dann wurden die Gesetze von Tod und Vergehen aus den Fugen gehoben. Er lächelte wieder so harmlos und beugte sich vor. »Darf ich dich bitten, Bruder, den Platz freizumachen?«
    »Gern.« Ich trat zur Seite, damit Octavio an mir vorbeigehen konnte. Vor dem Eingang drängten sich die übrigen Brüder. Sie warteten dort. Niemand wagte es, das Zelt zu betreten. Vor diesem lächelnden Bartträger hatten sie Respekt.
    Der war bis dicht an den Toten herangetreten. Er beugte sich nieder. Ich stellte mich so hin, daß ich ihn gut beobachten konnte. Seine Hände hielt er gespreizt und bewegte sie über dem Gesicht mit dem starren Leichenausdruck. Dabei flüsterte er Worte, die wohl in seiner Sekte eine große Bedeutung hatten, mich aber nicht ansprachen.
    »Mein Freund, Bote des Zauberers. Wir haben mit dem Erbe des Astronomen den Kontakt zwischen dir und der anderen Welt hergestellt. Du bist derjenige, der den Zauberer sieht, der seine

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