Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zauberhut

Der Zauberhut

Titel: Der Zauberhut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
dir der Serif einen Job in seinem Harem an.« Einige Männer kicherten.
    »Es könnte eine einmalige Gelegenheit für dich sein«, fuhr der Anführer fort und genoß die höhnische Anerkennung seines Publikums. Die anderen Sklavenjäger lachten und klopften sich vergnügt auf die Oberschenkel.
    Rincewind trat einen Schritt zurück. »Vielen Dank für das Angebot«, sagte er. »Ich fürchte allerdings, für so etwas eigne ich mich nicht.«
    »Jetzt noch nicht«, erklärte der Anführer heiter. »Aber nach einer kleinen Operation bringst du alle notwendigen Voraussetzungen mit. Sie bestehen in erster Linie aus einem gewissen fehlenden Körperteil.«
    »Jetzt reicht’s«, sagte Conina gelangweilt. Sie musterte die beiden Männer, die rechts und links neben ihr standen, und dann bewegten sich ihre Hände. Der von der Schere getroffene Pirat war wahrscheinlich besser dran als sein Kollege – ein stählerner Kamm kann ziemlich deutliche Spuren in einem Gesicht hinterlassen. Anschließend bückte sich die junge Frau, nahm ein Schwert, das einer der beiden Sklavenjäger fallen gelassen hatte, und griff die anderen Klatschianer an.
    Der Anführer drehte sich erst um, als er das Stöhnen und Ächzen hörte, und sein Blick fiel auf die geöffnete Klappe der Truhe. Rincewind sprang sofort los, gab ihm einen kräftigen Stoß und beobachtete voller Genugtuung, wie er in den multidimensionalen Tiefen der Kiste verschwand.
Jemand schrie, doch der Schrei brach sofort ab.
    Irgend etwas klickte, und es klang so, als entriegele man das Schloß der Höllenpforte.
    Rincewind taumelte plötzlich und erbebte am ganzen Leib. »Eine einmalige Gelegenheit«, ächzte er und begriff mit für ihn typischer Verspätung. »Eine kleine Operation…« Er erbleichte.
    Und beobachtete Conina beim Kampf. Nur wenige Männer konnten der jungen Frau dabei zusehen, ohne ihr sofort zum Opfer zu fallen.
    Ihre Gegner grinsten zunächst, weil sie glaubten, leichtes Spiel mit dem Mädchen zu haben, aber sie wurden schnell ernst. Das Spektrum ihrer Mimik reichte von Verblüffung und Zweifel bis hin zu Besorgnis und namenlosem Grauen, als harter, entschlossener Stahl durch ungläubiges Fleisch schnitt.
    Den letzten Leibwächter des Anführers erledigte Conina mit einigen wohlgezielten Hieben, die Rincewind Tränen in die Augen trieben. Sie legte eine kurze Pause ein, sah sich um und seufzte, bevor sie über die Reling hinweghechtete und aufs Hauptdeck sprang. Truhe folgte ihr, und ein Sklavenjäger dämpfte ihren Aufprall. Sie leistete einen erheblichen Beitrag zur plötzlichen Panik der Klatschianer. Es war schon schlimm genug, mit fataler Entschlossenheit von einer hübschen jungen Frau angegriffen zu werden, die ein weißes, blumengeschmücktes Kleid trug, aber das männliche Ego litt noch weitaus mehr, als es sich mit einem bissigen Gepäckstück konfrontiert sah. Wie sich herausstellte, erwiesen sich solche Begegnungen auch für den Rest der Männlichkeit als außerordentlich schmerzlich.
    Rincewind spähte vorsichtig über die Reling.
»Angeber«, brummte er und meinte Truhe.
    Ein Wurfmesser schabte dicht neben seinem Kinn übers Holz und sauste am Ohr vorbei. Rincewind hob die Hand, als er ein plötzliches Stechen spürte – und starrte entsetzt darauf herab, bevor er das Bewußtsein verlor. Normalerweise fiel er nicht gleich in Ohnmacht, wenn er Blut sah, aber seiner emotionalen Belastungsfähigkeit waren Grenzen gesetzt, sobald es um das eigene ging.

    A uf dem weiten, kopfsteingepflasterten Hiergibt’salles-Platz vor den dunklen Toren der Universität herrschte rege Betriebsamkeit.
    Es hieß, in Ankh-Morpork sei alles verkäuflich – abgesehen von Bier, Frauen und ähnlichen Handelsgütern, die nur ausgeliehen wurden. Der Platz verdiente seinen Namen, denn das Angebot ließ wirklich keine Wünsche offen. Im Laufe der Jahre gingen die Buden und Verkaufsstände mit weiteren Hütten und Baracken schwanger, bis sich geschäftstüchtige Neuankömmlinge direkt an den uralten Mauern der Universität niederlassen mußten. Die Wände erwiesen sich sogar als recht nützlich, den man konnte Nägel und Bolzen hineinhämmern, um Kleidungsstücke und Amulette daran aufzuhängen.
    Niemand sah, wie die Tore aufschwangen. Stille strömte aus der Unsichtbaren Universität, glitt so über die laute Hektik des Platzes wie die einsetzende Flut über den von der Ebbe zurückgelassenen Schlamm. Stille wird keineswegs durch die Abwesenheit von Akustik definiert, sondern

Weitere Kostenlose Bücher