Der Zauberlehrling
die aus beruflichen Gründen auf andere Menschen Einfluß nehmen müssen, in leitenden, lehrenden und helfenden Positionen, ist die Fähigkeit des inhaltlichen Reframings eine wichtige Qualifikation.
Beim inhaltlichen Reframing geht es immer darum, ein Gefühl, ein Verhalten, einen Umstand oder ein Geschehen, das ein anderer beklagt, positiv umzudeuten, d.h. einen Wechsel im Erleben zu bewirken. Wie wichtig das in therapeutischen Situationen ist, liegt auf der Hand. Ein solcher Erlebenswechsel stellt häufig die grundlegende Voraussetzung für die therapeutische Arbeit dar, ohne den negativ erlebte Persönlichkeitsmerkmale gar nicht bearbeitet werden könnten, weil sie verdrängt oder abgespalten blieben. Aber auch der Erfolg pädagogischer Bemühungen bliebe ohne inhaltliche Reframings häufig aus, weil Lernprozesse ohne Reframings von Anfangsversagen, Fehlern und Mißerfolg blockiert werden. Dasselbe gilt für die Leitung, Unterstützung und Förderung von Mitarbeitern im Beruf. Sowohl normale sachbezogene wie auch kommunikative Verhaltensweisen, vor allem aber die Leistung steigernde und innovative Prozesse müssen ohne Reibungsverluste oder Blockaden ablaufen können. Für einen solchen Ablauf sind Reframingfähigkeiten der Beteiligten, vor allem aber der Führungskraft, eine notwendige Voraussetzung. Darüber hinaus bezeichnen Bandler und Grinder das inhaltliche Reframing als das A und O in Verkaufsgesprächen.
Das inhaltliche Reframing bezieht sich in den häufigsten Fällen auf Klagen von Menschen. Es gibt dabei zwei Arten des inhaltlichen Reframings, das Bedeutungsreframing und das Kontextreframing. Das Bedeutungsreframing bezieht sich dabei auf Klagen in der Form: „Immer wenn X passiert, reagiere ich mit Y!“, z.B. „Immer wenn ich putzen muß, ärgere ich mich!“ Das Kontextreframing bezieht sich auf Klagen der Form: „Ich bin zu Z!“, z.B. „Ich bin zu dick!“
Sätze der Form „Wenn X passiert, reagiere ich mit Y“ unterstellen einen kausalen Zusammenhang zwischen X und Y. Mit einem solchen Erleben und Denken nehmen Menschen sich die Möglichkeit, etwas zu tun, um das eigene Erleben zu verändern. Das Bedeutungreframing hebt den unterstellten kausalen Zusammenhang zwischen X und Y auf, indem es X in einem anderen Zusammenhang betrachtet. Damit wird für den Betreffenden eine andere Reaktion auf X möglich als Y. Zum Beispiel jemand sagt: „Ich fühle mich entsetzlich, weil mein Chef mich dauernd kritisiert.“ Diese Aussage kann mit der Feststellung: „Er scheint Ihre Arbeit wirklich zu beachten und mag Sie so sehr, daß er Ihnen helfen möchte, sich zu verbessern“ umgedeutet werden. Der Rahmen „Meine Arbeit wird ständig kritisiert“ wird ausgetauscht durch den Rahmen „Jemand beachtet mich und mag mich“.
Sätze der Form „Ich bin zu Z!“ enthalten eine Tilgung. Denn eigentlich müßten solche Sätze lauten: Ich bin zu Z im Vergleich zu Y. Dieses Y, also der genaue Maßstab setzende Kontext, wird nicht benannt, sondern so getan, als gelte „Ich bin zu Z“ immer und in jedem Zusammenhang. Diese ungerechtfertigte Verallgemeinerung wird durch das Kontextreframing aufgehoben. Kontextreframing besteht darin, den Inhalt der Klage in einen Zusammenhang zu bringen, in dem er etwas Akzeptables, Positives ist, oder sogar „spitze“, sozusagen das Größte überhaupt. Zum Beispiel wenn jemand sagt: „Ich bin zu vorlaut!“, kann mit der Bemerkung: „Kluge Köpfe haben eine schnelle Zunge!“ umgedeutet werden. Im Zusammenhang von Intelligenz wird der Betreffende den Inhalt seiner Klage anders erleben.
Der Umgang mit dem inhaltlichen Reframing kann manchmal Schwierigkeiten machen, denn manche Reframings haben, wie bereits erwähnt, einen witzigen Charakter. Deshalb liegt der sprachliche Prozeß des Umdeutens auch vielen Witzen zugrunde. Dieser Charakter ist jedoch in Beratungssituationen selten angebracht und kann sogar den Rapport kosten, wenn der Gesprächspartner sich nicht ernst genommen fühlt.
Darüber hinaus muß ein Reframing, um erfolgreich zu sein, vom Berater ernst gemeint und ernst vorgetragen werden. Um eine Veränderung zu erreichen ist es nämlich wichtig, das Reframing auch nonverbal stimmig zu vermitteln. Ob ein Reframe ankommt, erkennt man immer am Feedback. Wenn das Umdeutungsangebot mit dem unbewußten System des Gesprächspartners übereinstimmt, wechselt seine Physiologie zur Versöhnungsphysiologie.
Es ist nicht immer sinnvoll, Reframes von außen
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