Der Zauberlehrling
denen haben könnte. Selbst wenn Sie an dieser Stelle das Bewußtwerden der positiven Funktion nicht bewirken können, müssen Sie Ihr Vorhaben nicht ganz aufgeben. Sie können davon ausgehen, daß eine unbewußte Instanz in A das Verhalten organisiert und von Ihnen erfahren kann, wie sie ihr Verhalten „umorganisieren“ kann. Zu diesem Zweck brauchen Sie A lediglich die weiteren Schritte des Six-Step zu erläutern. Es gibt Erfahrungen, daß auch ein solches Vorgehen erfolgreich sein kann.
Das Problem, daß die positive Absicht, der sogenannte Sekundärgewinn, beim Six-Step bewußt werden muß, kann aber in Lernzusammenhängen umgangen werden: Wenn Sie den Six-Step zusammen mit einem Partner oder einer Partnerin ausprobieren, mit dem oder der Sie schon andere NLP-Lernstrategien erarbeitet haben, dann wählen Sie ganz einfach ein Problem, das Sie beispielsweise schon auf der Situationsebene bearbeitet und für das Sie somit bereits Lösungen gefunden haben. Seminarerfahrungen zeigen, daß Sekundärgewinne bewußt werden, wenn es bereits Lösungen irgendeiner Art gibt. Ich vermute, daß die von Thies Stahl entwickelte „Integration zweier dissoziierter Physiologien“ in eben derselben Weise wirkt und damit die Erfolgschancen eines Six-Step erhöht. Damit haben Sie nicht nur im Lernzusammenhang, sondern auch für die spätere Praxis zwei Möglichkeiten, die Schwierigkeiten mit dem Sekundärgewinn beim Six-Step zu umgehen.
Beim zweiten Six-Step-Schritt ist aber noch ein weiterer Zusammenhang zu beachten. Es kann geschehen, daß A Ihnen eine positive Absicht nennt, diese jedoch negativ bewertet. Daß Sie mit einer vom Bewußtsein negativ bewerteten Absicht eines Problemverhaltens nicht weiterarbeiten können, macht das folgende Beispiel aus der Beratungspraxis deutlich. Eine Frau, deren Ziel die Bearbeitung von Frigidität war, nannte auf die Frage nach der positiven Funktion spontan: „Mich an meinem Mann rächen!“ Diese Funktion war für sie nicht annehmbar und der Logik des Six-Step nach auch nicht zur Weiterarbeit geeignet. Denn die Fortsetzung des Vorgehens nach dem Six-Step würde ja bedeuten, nach anderen Wegen zu suchen, wie diese Frau sich sonst noch an ihrem Mann rächen könnte. Wenn Sie auf Ihre Frage nach dem Sekundärgewinn eine dem Bewußtsein des Betreffenden nicht akzeptable Funktion genannt bekommen, dann fragen Sie einfach weiter: „Was meinen Sie, gibt es dafür einen positiven Zweck, den Sie damit (mit der Rache) verfolgen?“ In meinem Beispiel kam auch etwas: Die Frau wollte ein Kind. Der Mann war nach Auskunft der Frau aus bestimmten behebbaren Gründen zeugungsunfähig und tat nichts, um seine Gesundheit wiederherzustellen. Die Frau wollte mit ihrer sexuellen Weigerung den Mann bewegen, etwas zu unternehmen. Die positive und akzeptable Sekundärfunktion ihrer Frigidität war also: Ich will erreichen, daß mein Mann etwas unternimmt, um seine Gesundheit wiederherzustellen.
Wenn Sie eine positive, vom Bewußtsein akzeptierte Funktion des Problemverhaltens haben, dann fragen Sie im dritten Schritt nach der Bereitschaft zu neuen Wegen, wenn diese Wege für die Erreichung dieser positiven Absicht ebenso sicher, brauchbar und wirksam sind wie das Problemverhalten. Erfahrungsgemäß werden Sie an dieser Stelle keine Widerstände antreffen.
In Schritt vier veranlassen Sie A, drei neue Wege zu suchen oder drei Möglichkeiten zu finden, mit denen die positive Absicht ebenso sicher, leicht und wirksam zu erreichen ist wie mit dem Problemverhalten. Wenn A nichts einfällt, haben Sie die Möglichkeit der Unterstützung, z.B. durch die Aufforderung: „Spinnen Sie mal!“ oder „Was Sie sich jetzt einfallen lassen, müssen Sie ja nicht unbedingt tun. Das entscheiden Sie später.“ Oder: „Was würde denn jemand tun, den Sie in dieser Hinsicht für sehr kreativ halten und den Sie sehr schätzen?“
Wenn A gar nichts einfällt, haben Sie natürlich die Möglichkeit, von Ihrer Seite aus neue Wege anzubieten. Sie werden allerdings die Erfahrung machen, daß Angebote zur Problemlösung nichts beitragen, wenn sie von A nicht aus eigenem Antrieb kongruent angenommen werden.
Der fünfte Schritt ist ein Ökologie-Check. Sie bitten A, darüber nachzudenken, ob es nicht vielleicht irgendwelche Einwände dagegen gibt, die neuen Wege auszuprobieren. Diesen Schritt sollten Sie wieder sehr sorgfältig erarbeiten. Denn unökologische Verhaltensweisen erzeugen entweder Probleme oder sie sabotieren den Erfolg
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