Der zehnte Richter
ist die einzige Möglichkeit, beruhigte er sich, und die beste Lösung. Ich muß einfach abwarten, was geschieht.
Als Ben an seinem Ziel ankam, zog er einen unverschlossenen Umschlag aus seiner Hosentasche, holte einen maschinengeschriebenen Brief heraus und las ihn zum vierten Mal durch. Lieber Rick! Da es nur noch drei Wochen bis zur Urteilsverk ündung sind, dürfte es an der Zeit sein, daß wir zusammenkommen. Wie in Deinem Wagen besprochen, habe ich das von Dir Gewünschte, und Du hast, was ich will. Bestimme bitte so rasch wie möglich Zeit und Ort eines Zusammentreffens.
Ben steckte den Brief in seinen Umschlag zurück und legte den in das leere Postfach. Er überlegte, ob Rick ihm glauben würde, daß er an dem Geld interessiert war. Ben verschloß das Fach und ging in den Eingangsbereich des Geschäfts. Vielleicht sollten wir den Laden hier observieren, dachte er. Schließlich muß Rick hierherkommen, um den Brief abzuholen -falls er nicht einen Dritten schickt. Gedankenverloren drückte er die Tür auf und stieß mit einem hereinkommenden Kunden zusammen.
»Entschuldigung«, sagte der, »es war mein Fehler.«
Ben fuhr zusammen, als er die Stimme erkannte. Als er aufsah, stand Rick vor ihm.
»Schau doch nicht so überrascht«, sagte Rick. »Du siehst dann wirklich wie ein Kleinkind aus.« Als er weiterging, drehte Ben sich um und folgte ihm.
»Du bist mir hierher gefolgt, oder?« fragte Ben.
Ohne auf die Frage einzugehen, zog Rick seinen eigenen Schlüssel aus der Tasche und öffnete das Postfach. Er holte Bens Brief heraus, riß ihn auf und las ihn durch. »Einverstanden«, sagte er dann. »Also, wo wollen wir uns treffen?«
»Ich hab' dich was gefragt. Bist du mir hierher gefolgt?«
»Warum bist du denn so aufgeregt?« Ein spöttisches Lächeln huschte über Ricks Gesicht.
»Weil du mich ankotzt. Und glaub bloß nicht, daß ich die Sache mit Thanksgiving vergessen habe. Ich weiß, daß du die Sache mit meinem Vater angezettelt hast. Wenn du dich noch ein einziges Mal an meine Familie heranmachst -«
»Könntest du bitte deine Drohungen lassen?« Rick wies Ben mit einem lässigen Handwedeln von sich. »Du bist ja schlimmer als die Typen in meinem Büro.« Ben sah über Ricks Schulter und bemerkte die anderen Kunden, die langsam den Raum füllten. Rick folgte seinem Blick und wandte sich um. »Jetzt würdest du gern losschreien, was? Da hast du mich endlich im hellen Tageslicht vor dir, und weit und breit ist keine Kamera zu sehen. Wenn du wirklich clever wärst, hättest du einen deiner Freunde beauftragt, dir hierher zu folgen.«
»Vielleicht hab' ich das ja getan.«
»Nicht im Traum hast du daran gedacht«, erwiderte Rick amüsiert. »Sieh den Dingen ins Gesicht - solange du nicht in der Lage bist, mich zu identifizieren, brauchst du mich. Und jetzt, was unsere Zusammenkunft betrifft: Ich würde sie gern am Flughafen arrangieren. Komm nächste Woche Samstag um fünf Uhr zum Washington National. Geh zu einem der weißen Informationstelefone, da erwartet dich eine Nachricht.«
»Ich will mich aber nicht im Flughafen treffen«, sagte Ben in der Hoffnung, Zeit zu gewinnen. »Da sind zu viele Menschen. Laß uns einen anderen Treffpunkt wählen.«
»Entweder du kommst zum Flughafen, oder es passiert gar nichts«, fuhr Rick ihn an. »Und wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich aufhören, Schwierigkeiten zu machen. Nach dem Test am Lügendetektor wirst du ohnehin einen neuen Job brauchen.« Rick schob den Brief in die Innentasche seines Kamelhaarmantels, drehte sich um und ging zur Tür. »Dann bis nächste Woche.«
Ben folgte ihm hinaus und sah hektisch auf dem Parkplatz umher, um wenigstens einen Blick auf Ricks Nummernschild werfen zu können. »Verdammt«, flüsterte er, als er Rick ein vorbeifahrendes Taxi heranwinken sah. Wild mit den Händen fuchtelnd, versuchte er, ein anderes Taxi anzuhalten. »Taxi!« brüllte er erfolglos. Ricks Wagen wurde allmählich kleiner, und Ben hatte Mühe, ihn im Blick zu behalten. Als das Taxi schließlich nach links abbog, wurde ihm klar, daß Rick endgültig entkommen war.
Als Ben abends die Straße zu seinem Haus entlangging, verfluchte er sich noch immer, weil er Ricks Verhalten nicht vorausgesehen hatte. Er überlegte, was jetzt noch möglich war, während ihm klar wurde, daß ihm nur noch eine Woche blieb, um einen Plan zu entwickeln. Vor der Haustür angekommen, versuchte er zu erraten, wo Rick ihn in dem belebten Flughafengebäude wohl am ehesten
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