Der zehnte Richter
los, dann nahm er den Hörer wieder ab und suchte in seinen Taschen nach weiteren Münzen. Als er das Geld gerade einwerfen wollte, hielt er inne. »Verdammt!« schrie er und schmetterte den Hörer auf die Gabel. Er rieb sich die Stirn und hörte seinen Gesprächen mit Rick und Andrew noch einmal hinterher. Nichts schien einen Sinn zu ergeben.
Zehn Minuten später trat Ben aus der Telefonzelle heraus und ging zurück zum Gerichtsgebäude. Als Lisa die Bürotür zuschlagen hörte, fuhr sie herum. Ben warf seinen Mantel in den Garderobenschrank und baute sich direkt vor ihrem Tisch auf.
»Was ist denn?« fragte sie. »Was hab' ich jetzt wieder getan?«
»Hör mal, ich werde dir jetzt was erzählen, aber das tu ich bloß, weil ich deine Hilfe brauche«, erklärte Ben. »Vor einer Woche hat Rick Kontakt mit mir aufgenommen -«
»Das wußte ich«, unterbrach ihn Lisa. »Ich wußte -«
»Lisa, gib mir bitte eine Chance, das Ganze zu erklären«, flehte Ben. »Bei diesem Gespräch hat er mich nach der Grinnell-Entscheidung gefragt. Im Gegenzug wollte er mir drei Millionen Dollar geben. Natürlich hätte ich ihm das Urteil nie verraten, aber ich hoffte, ihn endlich identifizieren zu können, wenn wir uns zur Übergabe treffen. Das war für den kommenden Samstag geplant, und zwar im Flughafen - also wahrscheinlich in einem der Konferenzräume.«
»Und jetzt brauchst du meine Hilfe, um einen Plan zu entwickeln?«
»Ich hatte schon einen. Ich hab' mich erkundigt, welche der Räume für Samstag reserviert sind. Als ich eine Liste zusammen hatte, hab' ich damit angefangen, sämtliche Namen zu überprüfen, die ich nicht kannte. Deshalb hab' ich vorhin auch diese alte Zeitung gelesen. Ich dachte, wenn ich vorher wüßte, in welchem Raum Rick und ich uns treffen würden, könnte ich dort im voraus vielleicht ein Mikrophon installieren oder irgend so etwas. Jedenfalls war ich mir zum ersten Mal sicher, Rick wirklich festnageln zu können, als er mich wieder mit einem Anruf überrascht hat.«
»Das war also Rick, vorhin?«
»Richtig. Und er hat gesagt, ich könnte die Sache vergessen, weil unser Treffen nämlich ausfällt. Dann hat er noch gesagt, er brauchte meine Hilfe nicht mehr, und das war's auch schon. Offenbar hat er das Grinnell-Urteil von jemand anderem bekommen.«
»Wenn du denkst, daß er's von mir hat, bist du auf dem Holzweg.«
»Ehrlich gesagt, ich war tatsächlich der Meinung, daß du es sein mußt«, sagte Ben. »Ich war überzeugt, du wärst die einzige, die außer mir noch Zugang zu diesem Urteil hat.«
»Ben, ich schwöre -« »Laß mich zu Ende reden. Nachdem Rick aufgelegt hatte, bin ich in eine Telefonzelle gegangen, um Nathan anzurufen. Gemeldet hat sich aber einer seiner Kollegen, der mich gefragt hat, wie das Aktentaschenmikrophon funktioniert hat.«
»Welches Aktentaschenmikrophon?«
»Genau«, sagte Ben.
»Und nur weil Nathan dir irgend so ein Gerät nicht gegeben hat, hältst du ihn jetzt für denjenigen, der Rick über alles informiert?«
»Was soll ich denn sonst glauben? Es war ja nicht irgendein Gerät - wenn ich so ein Mikro gehabt hätte, wäre Rick damals in seinem Wagen nicht so einfach davongekommen. Dann hätte ich alles beweisen können: Ricks Angebot, sein Geständnis des ersten Betrugs mit der CMI - einfach alles, was ich brauche, um meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Trotzdem hat Nathan es irgendwie geschafft, das Wunderding aus seinem kleinen Zauberkasten herauszuhalten. Bist du da nicht auch der Meinung, daß das verdächtig ist?«
»Ich weiß nicht.«
»Ich hab' versucht, auf eine vernünftige Erklärung zu kommen, aber kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum Nathan kein Sterbenswörtchen über die Tasche gesagt hat.«
»Aber wenn Nathan mit Rick zusammenarbeiten würde, hätte Rick ja von dem Mikrophon gewußt, weshalb es keine echte Bedrohung für ihn gewesen wäre.« »Daran hab' ich auch gedacht.« Ben ging zum Aktenschrank. »Aber ich kriege die Idee nicht aus dem Kopf, daß Rick es nicht geschafft hätte, mir die Tasche vor dem Einsteigen abzunehmen. Wenn er mir nicht erlaubt hätte, sie zu behalten, wäre ich einfach nicht eingestiegen. Ich hätte gesagt, daß ich sie nicht einfach in der Einfahrt liegen lassen kann, weil sie wichtige Gerichtsdokumente enthält. Und zu dem Zeitpunkt mußte Rick mich einfach in sein Auto lotsen.«
»Keine schlechte Theorie«, gab Lisa zu.
»Jetzt muß ich also herausbekommen, ob es wirklich Nathan ist.« Ben
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