Der zehnte Richter
Als der Gerichtsdiener die Sitzung offiziell beendete, war die Medienwelt erschöpft, Charles Maxwell ein Genie und Ben vernichtet.
»Scheiße«, sagte er, während er sich mit Lisa durch die Menge schlängelte, die den Gerichtssaal verließ.
»Worüber wunderst du dich eigentlich? Du kennst das Ergebnis doch schon seit Monaten.«
»Bloß raus hier«, sagte Ben und drängte weiter. Sie zogen ihre Ausweiskarten durch ein kleines Lesegerät, worauf sich zwei kugelsichere Türen öffneten und die beiden Kollegen in den nicht öffentlichen Bürobereich im Erdgeschoß entließen. Ben und Lisa stiegen eine der weniger begangenen Treppen empor und kehrten in ihr Zimmer zurück. »Ich kann's immer noch nicht fassen«, sagte Ben, sobald sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. »Maxwell wird zum Industriemogul, bloß weil ein einfältiger Mitarbeiter den Mund nicht halten konnte.« Er zog sein Jackett aus und hängte es über seine Stuhllehne. »Vielleicht hat Eric recht, und ich sollte wirklich die Presse informieren.«
»Auf keinen Fall«, protestierte Lisa. Sie nahm einen braunen Aktendeckel von ihrem Tisch und ging in den hinteren Teil des Büros, wo sie den Reißwolf anschaltete und den gesamten Papierstapel durchlaufen ließ. Sie vernichtete ihre alten Fassungen eines Votums nie, bevor das Urteil verkündet worden war. »Erstens hast du keine Beweise, weshalb sie dich für verrückt halten werden. Und zweitens, wenn sie dir doch glauben sollten, hast du nur deine Karriere geopfert.«
»Aber Maxwells Machenschaften würden aufgedeckt.«
»Bist du verrückt geworden? Willst du denn aus purer Schadenfreude dein Leben wegwerfen?«
»Es wäre das einzig Richtige.« Ben sank aufs Sofa. »Ich kann Rick nicht identifizieren; womöglich sehen wir ihn nie wieder; es ist unmöglich, ihn aufzuspüren. Also ist es die einzige Möglichkeit, diesen Schlamassel zu beenden.«
Lisa trat zum Sofa und sah drohend auf Ben hinab. »Was ist bloß los mit dir, verdammt noch mal? Du benimmst dich, als ginge die Welt unter. Du hast einen Fehler gemacht. Du hast was verbockt. Man hat dich reingelegt. Aber du hast es nicht absichtlich getan. Jemand hat dich ausgetrickst -«
»Und genau das macht mich so sauer«, fuhr Ben sie an, während er sich aufsetzte.
»Das ist es also? Du bist wütend, weil dich endlich jemand ausgetrickst hat? Dieses ganze Selbstmitleid hat nur den einen Grund, daß dir jemand intellektuell überlegen war?«
»Du verstehst überhaupt nicht -«
»Ich verstehe sehr gut, Ben. Du bist wütend, weil er dich beim Intelligenztest geschlagen hat.« Lisa setzte sich neben ihn aufs Sofa. »Jetzt reiß dich mal zusammen. Es war nicht dein Fehler. Du warst weder blöd noch naiv. Du hast getan, was jeder intelligente Mensch getan hätte. Man hat dich nur reingelegt. Rick hat dich ausgetrickst, und das mußt du eben akzeptieren.«
»Darf ich nicht noch ein wenig schmollen?«
»Du bekommst genau noch dreißig Sekunden«, sagte Lisa und sah auf ihre Armbanduhr. Sie wartete. »Okay, das war's. Bist du fertig?«
»Wie ist die Urteilsverkündung gelaufen?« fragte Eric Ben am Abend, als die beiden vor dem Fernseher saßen.
»Ganz ordentlich. Wie hat man sich beim Washington Herald zu der ganzen Sache gestellt?«
»Sie sind ausgerastet«, brachte Eric zwischen zwei Löffeln Cornflakes hervor. »Warte, bis du die morgige Ausgabe siehst. Auf der ersten Seite ist ein großes Foto von Maxwell kurz nach der Bekanntgabe. Er grinst so hämisch, daß man kotzen möchte.«
» Toll. «
»Und in die Sonntagsausgabe kommt ein dickes Feature über ihn. Der Knabe hat eine bessere Presse als der Papst.«
»Toll«, wiederholte Ben, während er die Sender durchzappte. Er stoppte bei CNN, sah dann aber Maxwell auftauchen und zappte weiter.
»Der Kurs von CMI ist bis zum Börsenschluß um fast siebzehn Prozent gestiegen.«
»Toll. Hör mal, Eric, kannst du mir ein Messer aus der Küche holen? Ich will mir die Augen ausstechen.«
»Ödipus, was?« Eric schaufelte sich einen weiteren Löffel Cornflakes in den Mund. »Das würde dir bestimmt gut stehen.«
Ohne Vorwarnung marschierte Ober singend durch die Haustür. »Ratet mal, wer im Büro von Senator Stevens nicht mehr Telefondienst hat?« »Bist du befördert worden?« Eric sprang auf, um seinen Freund zu umarmen.
Hinter Ober trat Nathan ins Zimmer. »Ist er tatsächlich befördert worden?« fragte Ben.
»Ihr werdet es nicht glauben«, sagte Nathan. »Ober, erzähl ihnen die
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