Der zehnte Richter
los?« fragte der. »Haben Sie keinen Schlüssel?«
»Wir wohnen gar nicht hier«, erklärte Ben.
»Zu wem wollen Sie dann?« fragte der Wachmann und nahm den Hörer seines Telefons ab.
»Wir wollen zu gar niemand«, sagte Ben. »Wir wollen Sie um einen Gefallen bitten.«
Der Wachmann legte den Hörer wieder auf. »Also?«
»Wir suchen nach dem Bruder meiner Frau, der früher hier gewohnt hat. Er schuldet uns noch Geld, und wie Sie sich vorstellen können, hätten wir es gern zurück.« Ben zog die fünf Zwanzigdollar scheine aus seiner rechten Tasche und legte sie auf den Tisch. »Vielleicht können Sie uns helfen, seinen Mietvertrag oder seine neue Adresse aufzutreiben. Jede Information wäre eine große Hilfe für uns.«
Der Wachmann sah Ben und Lisa scharf an. »Es gibt keine Mietverträge.«
»Wie steht's mit der Nachsendeadresse?« fragte Ben. »Können Sie nicht die Kartei überprüfen?«
IIO
»Es gibt über niemanden Unterlagen«, erwiderte der Wachmann. »Auch keine Kartei. Gar nichts.«
»Könnten Sie nicht trotzdem mal nachschauen?« beharrte Ben. »Vielleicht findet sich was im Büro.« Er warf weitere hundert Dollar auf den Tisch. »Er hat in Apartment 317 gewohnt. Ich brauche bloß seinen Namen oder seine Adresse. Niemand wird je etwas davon erfahren.«
»Wenn er der Bruder Ihrer Frau ist, warum brauchen Sie dann seinen Namen?« fragte der Wachmann argwöhnisch.
»Hören Sie, sind Sie wirklich an einer Antwort interessiert?« mischte sich Lisa ein. »Es ist leicht verdientes Geld. Wollen Sie es oder wollen Sie es nicht?«
Der Wachmann starrte die beiden noch immer an. Schließlich nahm er das Geld. »Für dreihundert mach ich's.« Ben warf weitere hundert Dollar auf den Tisch. Der Wachmann steckte die Scheine ein, erhob sich und zog die oberste Schublade seines Schreibtischs auf. Er holte einen Revolver heraus und richtete ihn auf Ben und Lisa.
»Was haben wir denn getan?« Ben hob die Hände in die Luft.
»Ich weiß schon, wer Sie sind«, sagte der Wachmann. »Und nun machen Sie, daß Sie verschwinden.«
»Immer mit der Ruhe«, sagte Lisa.
Der Wachmann spannte den Hahn seines Revolvers. »Raus! Und zwar sofort!«
Die beiden drehten sich langsam um und gingen zur Tür. Als sie draußen waren, liefen sie los.
in
»Bring uns hier weg«, keuchte Ben, als er und Lisa in den Wagen stiegen.
»Was ist denn los?« Nathan ließ den Motor an. »Habt ihr den Mietvertrag?«
»Fahr los. Fahr einfach los«, sagte Ben nervös. »Ich will jetzt nicht darüber reden.«
Um halb eins waren die Freunde wieder zu Hause. »Was ist passiert?« fragte Eric, der mit der Fernbedienung auf dem Sofa saß.
»Nichts haben wir erreicht.« Nathan ließ sich auf die große Couch fallen. »Ben ist in diesem Apartmenthaus nicht gerade willkommen.«
»Und wir haben dreihundert Dollar verloren.« Ober zog sein Sweatshirt aus und warf es auf die Couch.
»Wo ist Lisa?« fragte Eric.
»Wir haben sie zu Hause abgesetzt«, sagte Ben. »Es gab nichts mehr zu besprechen.«
»Nach allem, was der Wachmann gesagt hat, existieren weder Mietverträge noch Unterlagen über die Bewohner des Hauses«, berichtete Nathan. »Mir scheint, Rick ist viel gerissener, als wir geglaubt haben.«
»Das war's dann also?« fragte Eric. »Ihr seid mit eurem Latein am Ende?«
»Überhaupt nicht.« Ben ging die Treppe hinauf. »Wir fangen gerade erst an.«
F ÜNFTES KAPITEL
Guten Tag, mein Name ist Rick Fagen. Ich habe ein Problem«, sagte Ben in seinem liebenswürdigsten Tonfall. »Vor kurzem habe ich mein Telefon abgemeldet, die letzte Rechnung aber noch nicht erhalten. Das liegt wahrscheinlich daran, daß Sie meine neue Adresse noch nicht haben.«
»Wie war Ihre alte Telefonnummer, Sir?« Die Telefonistin tippte Ricks alte Nummer ein: »Stimmt, Mr. Fagen. Wir haben noch keine Nachsendeadresse von Ihnen. Wenn Sie mir Ihre neue Adresse sagen, schicken wir die Rechnung gern noch einmal.«
»Ausgezeichnet«, sagte Ben. »Meine neue Adresse lautet: Postfach 1227, Washington, D.C. 20037.«
»Die Rechnung wird Ihnen innerhalb der nächsten Wochen zugesandt, Mr. Fagen. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Ja, ich hätte noch eine letzte Bitte«, antwortete Ben. »Ich habe gerade festgestellt, daß ich beim Umzug meine alten Telefonrechnungen verlegt habe. Ich brauche sie aber für meine Steuererklärung. Könnten Sie mir davon auch Kopien senden?«
»Natürlich«, sagte die Telefonistin. »Ich mache mir gleich eine Notiz, daß
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