Der zehnte Richter
sich den Hals, um letzte Haarreste zu entfernen. »Das mit dem King of Hair stammt natürlich von mir.«
»Schon klar«, sagte Nathan, bereits verärgert über Obers Gerede. »Komm zum Punkt.«
»Ich betrete also die Residenz von Murray Simone, dem King of Hair, und verkünde, daß ich es oben lang und an den Seiten kurz haben will, und wie sehr ich es hasse, wenn man mir oben alles runterschert. Er aber studiert das Terrain, sieht in den Spiegel und erklärt mir: Ich werde Ihnen einen kurzen Haarschnitt verpassen, und zwar stilvoll! « Ober schüttete sich fast aus vor Lachen. »Ist das nicht irrsinnig komisch? Ein kurzer Haarschnitt, aber stilvoll! « Er strich sich übers Haar. »Also, was meint ihr? Hat Murray Simone, der King of Hair, mir Stil verpaßt? Ich finde schon.« Ober betrachtete sein Spiegelbild im Glas eines Bilderrahmens. »Jetzt hab' ich Stil «
»Ober, vielleicht ist für so was jetzt nicht der richtige Zeitpunkt«, sagte Nathan mit einem Blick auf Eric.
»Kopf hoch«, sagte Ober zu Eric. »Dein Leben währt sowieso nur noch ein paar Stunden, da könntest du es auch genießen.«
»Kannst du einfach mal die Schnauze halten?« fragte Eric mit erhobener Stimme.
»Laß es bloß nicht an mir aus!« Ober hatte sich in der Mitte des Wohnzimmers postiert. »Schließlich war es nicht meine Wenigkeit, der seinen Freund ans Messer geliefert hat.«
»Du Arschloch«, brüllte Eric. »Von mir aus kannst du -«
»Ober, halt jetzt mal die Schnauze«, unterbrach ihn Nathan. »Und jetzt beruhigt ihr euch beide.«
»Aber denkt an meine Worte«, sagte Ober. »Murray Simone, der King of Hair. Und sagt ihm, daß ich euch geschickt habe.« Als er das Geräusch eines Schlüssels in der Haustür hörte, ließ er sich ebenfalls auf die blaue Couch fallen und verkündete mit einem düsteren Blick auf Eric: »Erste Runde. Ding, dong.«
Ben stürmte herein und sah Ober, Nathan und Eric auf der Couch sitzen. »Also? Was hast du mir zu sagen?« Ben verschränkte die Arme. »Ben, ich weiß schon, daß du wütend bist«, sagte Eric. »Laß mich die Sache einfach mal erklären.«
»Nur zu. Darauf hab' ich ja gewartet.«
»Solange du so tobst, kann ich gar nichts erklären. Sonst bist du wütend auf mich, egal was ich auch sage.«
»Eric, selbst wenn ich in guter Stimmung wäre, würde ich anschließend toben.«
»Ich hab' dir ja gesagt, daß seine Meinung feststeht«, sagte Eric zu Nathan.
»Ben, gib ihm doch wenigstens eine Chance«, flehte Nathan.
»Du kriegst ja deine Chance.« Ben starrte weiterhin finster auf Eric hinunter. »Leg einfach los. Ich hab' den ganzen Tag darauf gewartet.« Als Eric schwieg, fügte er hinzu: »Los, sag's mir schon. Ich bin durchaus aufnahmebereit.«
»Na schön«, sagte Eric. »Ich will dir bloß sagen, daß ich nie auch nur daran gedacht habe, was auszuplaudern, als du mir die Sache mit Rick und Maxwell erzählt hast. Schließlich sind wir seit der dritten Klasse befreundet. Ich würde dich nie anzeigen oder irgendwas tun, was unserer Freundschaft schadet. Und ich würde mit Sicherheit nichts schreiben, was dich nach meiner Einschätzung in Probleme bringen könnte. Aber du mußt verstehen, in welcher Lage ich war. Ich bin jetzt fast fünf Monate beim Herald und hab' nichts anderes getan als die Kongreßakten ausgewertet. Die Redaktionsleitung wollte mich zur Rubrik Modernes Leben abschieben, und als die Sache mit CMI aufgetaucht ist, konnte ich einfach nicht daran vorbei. Ich bin der letzte in der Hackordnung, weshalb ich irgend etwas liefern mußte. Also hab' ich ihnen das geliefert.«
»Und das ist alles?« fragte Ben, als Eric schwieg. »Das sind deine Gründe? Daß du eventuell beim Modernen Leben gelandet wärst?« Bens Stimme wurde lauter. »Da erzählst du mir, daß es eine Erklärung für dein Verhalten gibt, und das ist das einzige, was dir einfällt? Eric, du bist schlicht und einfach ein Arschloch!«
»Mein Job war in Gefahr.«
»Und da hast du meinen Job aufs Spiel gesetzt, um deinen zu retten?« brüllte Ben. »Glaubst du tatsächlich, daß das die Lösung ist?«
»Du kapierst es einfach nicht. Ich hab' deinen Job doch gar nicht aufs Spiel gesetzt.«
»Tatsächlich?« meinte Ben ungläubig. »Ist dir nicht klar, was du-«
»Du weißt doch selbst, daß man dich nie kriegen wird«, sagte Eric. »Man wird Rick nie auf die Schliche kommen, und wir werden nichts verraten. Das Ganze kann dir also gar nicht schaden.«
»Na, dann ist heute ja wirklich ein Glückstag
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