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Der Zeichner der Finsternis

Der Zeichner der Finsternis

Titel: Der Zeichner der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
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Mordfall gehört . Ich schwieg.
    »Fällt es dir leichter, darüber zu sprechen, dass andere Leute Angst vor dir haben und dich ausgrenzen?«
    »Okay. Ich hatte einen Alptraum und bin schlafgewandelt. Ende.«
    »Aber warum hat es dich ausgerechnet zu der Scheune hingezogen? Und warum hast du Hakenkreuze an die Wand gesprüht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hat das vielleicht etwas mit Hellsing zu tun?« Als ich sie verständnislos ansah, setzte sie hinzu: »In Hellsing kommen doch auch Nationalsozialisten vor. Und du liest Manga. Vielleicht kommen die Hakenkreuze daher.«
    Das hielt ich nun doch für abwegig. »Glaub nicht.«
    »Gegenvorschlag?«
    »Hab keinen.« Ich schwieg wieder, dann platzte ich heraus: »Haben Sie gewusst, dass in der Scheune ein Mord stattgefunden hat?«
    Sie zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Nein, das wusste ich noch nicht. Erzählst du’s mir?«
    Ich berichtete, was ich von Onkel Hank erfahren hatte, dann meinte ich: »Eigentlich wollte ich den Mordfall mal im Internet recherchieren, aber ich bin noch nicht dazu gekommen.«
    »Aha. Und was hat das nun deiner Meinung nach zu bedeuten?«
    »Das weiß ich doch nicht. Sie sind hier die Psychiaterin!«
    Sie lachte. »Gut gekontert. Ich dachte, du hättest vielleicht schon irgendwann früher von dem Mord gehört, und jetzt ist die Geschichte wieder hochgekommen.«
    Ich schüttelte den Kopf, bevor sie ausgesprochen hatte. »Wie Mrs Krauss gesagt hat: In einer Kleinstadt wie Winter gibt es Dinge, über die man nicht spricht. Der Mordfall in der Scheune zählt anscheinend dazu, denn ich hatte vorher noch nie etwas davon gehört.«
    »Du musst die Geschichte trotzdem gekannt haben, Christian.«
    »Woher denn? Onkel Hank redet normalerweise nicht über so was. Er wusste selbst nicht viel über den Mord, weil das Ganze schon so lange her ist. Dass es sich 1945 abgespielt hat, erklärt noch lange nicht die Hakenkreuze. Nazis? Hier bei uns in Winter?« Ich schüttelte den Kopf. »Nie im Leben.«
    + + +
    Danach war die Stunde um – beziehungsweise die fünfzig Minuten. Als ich mich verabschiedete, fragte ich: »Woher kennen Sie eigentlich meinen Onkel?«
    »Hat er dir nicht von seinem aktuellen Fall berichtet? Von der eingemauerten Babyleiche?«
    »Ist das etwa Ihr Haus?«
    »Du hast’s erfasst.« Sie hielt mir die Tür auf. »Bis Freitag.«
    + + +
    »Warum hast du mir das nicht erzählt?«
    Wir saßen beim Abendessen. Onkel Hank kaute erst fertig und schluckte herunter, dann antwortete er: »Weil ich mich nicht einmischen wollte.«
    »Wie bitte? Du untersuchst einen Mordfall im Haus meiner Psychiaterin!«
    »Ja und? Ändert das irgendwas? Na also.« Er aß seelenruhig weiter.
    Ich stocherte ärgerlich auf meinem Teller herum. Ich hatte immer noch keinen Appetit. »Wie findest du sie denn?«
    »Dr. Rainier?« Er überlegte. »Sie ist eine ungewöhnliche Frau. Die meisten Leute, egal ob Männer oder Frauen, wären nach so einem Fund Hals über Kopf wieder aus der Villa ausgezogen. Sie nicht. Sie betrachtet das Ganze eher … analytisch. Doch, eine ungewöhnliche Frau.«
    »Du wiederholst dich.« Wurde er etwa rot? »Wie oft fährst du da hin?«
    Onkel Hank war plötzlich schwer damit beschäftigt, seinen Eintopf nachzusalzen. »So oft, wie es sein muss.«
    »Aha. Und wie oft ist das?«
    »Kommt drauf an. Immer, wenn es dienstlich erforderlich ist.« Er sah mich mit einem Blick an, der sich alle weitere Fragen verbat. »Dein Essen wird kalt.«
    Ich aß schweigend weiter. Aber ich dachte: Mir kannst du viel erzählen!

XIII
    Die nächsten vierzehn Tage blieb alles einigermaßen ruhig, was an sich schon wieder verdächtig war. Im Nachhinein würde ich sagen, der Anfang vom Ende bahnte sich bereits an.
    Meine Mitschüler tuschelten nicht mehr jedes Mal, wenn sie mich sahen, sondern begnügten sich damit, mich wie einen Aussätzigen zu behandeln. Einmal passte mich Dekker nach der Schule ab. Aber dann fuhr Justin im Streifenwagen vorbei, woraufhin Dekker auf einmal ganz kumpelhaft tat und bloß meinte, ich könnte demnächst sein Motorrad lackieren und damit sei die Sache erledigt. Soso.
    Jeden Dienstag und Freitag ging ich zu Dr. Rainier. Sie war in Ordnung. Wir tasteten uns immer noch aneinander heran. Ich erzählte ihr aber längst nicht alles. Zum Glück können Psychiater keine Gedanken lesen.
    Montags und donnerstags arbeitete ich im Altenheim, manchmal auch sonntags. Ich bekam bald Routine, auch wenn mich Peggy nur selten im Haus Seeblick einsetzte. Die

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